Waren The Black Crowes jemals eine innovative Band? Sicherlich nicht, denn obwohl das einstige Quintett (später und bis heute Sextett) bereits seit seinem Debüt "Shake Your Money Maker" aus dem Jahr 1990 frisch und mit viel Adrenalin am Werk ist, so waren die Songs der Combo rund um die Brüder Chris und Rich Robinson immer schon sehr stark vom Rock der Siebziger und im speziellen von Bands wie den Rolling Stones oder den Faces gesprägt. Und hat diese fehlende Innovation jemals irgendjemand interessiert? Da schicke ich gleich mal ein zehnfaches 'Sicherlich nicht!' hinterher. Denn Alben wie das bereits erwähnte Erstwerk, der Nachfolger The Southern Harmony And Musical Companion oder "By Your Side" waren sowohl von den Songs, als auch der Umsetzung so stark, dass man sich ihnen schlicht und ergreifend nicht entziehen konnte. Und dass die ursprünglich aus Atlanta, Georgia stammende Combo diese Qualität auch auf der Bühne auszuspielen im Stande war und ist, davon durfte sich der Rezensent nicht nur etwa zehn mal persönlich überzeugen, sondern wurde dieser Fakt auch bereits durch einige Live-Alben und -DVDs belegt.
Stramme fünfzehn Jahre hat es gedauert, bis die Robinsons und ihre Mitmusiker wieder gemeinsam den Weg ins Studio fanden. Wobei, was die einstigen Mitmusiker betrifft, lediglich noch der Bassist Sven Pipien von der alten Sippe mit dabei ist. Auch der zur 2019er Reunion angeheuerte zweite Gitarrist Isiah Mitchell hat sich bereits wieder verabschiedet. Für ihn greift mittlerweile der 1980 in Argentinien geborene Nico Bereciartua (der im Inlay der CD Bereciaua geschrieben wird, Ex-Magpie Salute) in die Saiten. Wobei nicht ganz klar ist, ob der gute Nico im Studio für die vorliegenden Aufnahmen bereits aktiv war, oder die Gitarrenspuren (außer ein paar Ergänzungen durch Produzent Jay Joyce) nicht doch komplett von Rich Robinson stammen. Aber wie dem auch sei, die Black Crowes sind nach der aus sechs Coversongs bestehenden Überbrückungs-EP 1972 endlich mit einem neuen Studioalbum zurück!
Auf "Happiness Bastards" haben sich die Robinsons wieder auf ihre Wurzeln besonnen und es wird kräftig gerockt. Waren die beiden Alben aus der zweiten Bandphase, Warpaint und speziell Before The Frost … Until The Freeze eher Streifzüge durch ein ganzes Potpourri von Stilen, so stehen hier vor allem wieder geradlinige Rock-Songs im Vordergrund. Belegt wird dies bereits durch den Opener "Bedside Manners", der Stones-mäßig geradeaus auf die Zwölf geht und mit sehr starken Gesangslinien gefällt. Ein weiterer Hammer ist die erste Single-Auskopplung "Wanting And Waiting" mit ihren fetten Riffs, einer klasse Orgel und gesanglich unterstützt von den neuen Background-Ladies Vicki Hampton sowie Joanna Cotton. So richtig aufs Gaspedal getreten – wie etwa bei "Thick’n’Thin" vom Debütalbum – wird dann bei "Flesh Wound".
Um kurz auf den Gesang zurück zu kommen, war Chris Robinson für diese neuen Aufnahmen hauptsächlich von den Kollegen Mick Jagger, Robert Plant, aber auch Bob Dylan (bei "Bleed It Dry") inspiriert. Was er mit seiner souligen Stimme jedoch jeweils nicht nur mehr als wett macht, sondern die Stücke dann doch immer wieder ins astreines Black Crowes-Material verwandelt. Wenn die Band – wie bei den Nummern "Wilted Rose" sowie dem abschließenden "Kindred Friend" mal einen Gang runterschaltet, kommen willkommene Country-Einflüsse an Tageslicht. Für "Wilted Rose" wurde die Sängerin und Schauspielerin Lainey Wilson ins Studio eingeladen, die Robinsons sehr emotionalen Gesang mit ihrer Stimme hervorragend komplementiert. Ansonsten wird mit "Dirty Cold Sun" und "Rats And Clowns" weiter gerockt, während das zunächst von der Akustikgitarre geprägte und anschließend von der Elektrischen übernommene "Cross Your Fingers" musikalisch doch sehr an Zeppelin erinnernde und das groovende "Follow The Moon" ebenfalls kaum abfallen.
Den Black Crowes ist mit "Happiness Bastards" ein sehr starkes Comeback gelungen, das außer den manchmal zu deutlichen Querverweisen zu ihren Inspirationen über so gut wie keine Schwachpunkte verfügt. Auf welchem Platz sich die Scheibe letztendlich im persönlichen Ranking des Rezensenten wiederfindet, kann alleine die Zeit zeigen. Wobei bereits jetzt schon klar ist, dass sie die Nase zumindest gegenüber Lions (2001) sowie "Warpaint" (2008) deutlich vorne hat. Alleine deshalb darf man sich bereits auf die drei Ende Mai/Anfang Juni 2024 in Frankfurt, Stuttgart und Berlin anstehenden Deutschland-Konzerte freuen. Und bis dahin intensiv die neue Platte anhören, denn die wird selbst nach mehr als einem Dutzend Durchläufen immer besser.
Line-up The Black Crowes:
Chris Robinson (harp, lead vocals)
Rich Robinson (lead & rhythm guitars, background vocals)
Sven Pipien (bass, background vocals)
Nico Bereciaua (lead & rhythm guitars)
Erik Deutsch (keyboards)
Brian Griffin (drums)
With:
Vicki Hampton (background vocals)
Joanna Cotton (background vocals)
Robert Kearns (background vocals)
Jay Joyce (additional guitar & keyboards)
Lainey Wilson (vocals – #5)
Tracklist "Happiness Bastards":
- Bedside Manners
- Rats And Clowns
- Cross Your Fingers
- Wanting And Waiting
- Wilted Rose
- Dirty Cold Sun
- Bleed It Dry
- Flesh Wound
- Follow The Moon
- Kindred Friend
Gesamtspielzeit: 38:26, Erscheinungsjahr: 2024
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