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The Black Crowes / The Southern Harmony And Musical Companion – 2CD-Review

The Black Crowes - "The Southern Harmony And Musical Companion (Deluxe Edition)" - 2CD-Review

Anfang der neunziger Jahre war für den Rezensenten vieles neu. Eine neue Stadt, neu gewonnene Freunde und dadurch auch neu kennengelernte Bands sowie Sounds machten für ihn die Runde. So brannten sich etwa The Pogues in seine Seele, dazu lernte er die Violent Femmes sowie The Black Crowes kennen, um nur mal wenige Beispiele aufzuführen. Grunge steuerte auf seinen Höhepunkt (und baldigen Niedgergang) zu, Metallica (das schwarze Album) eroberten den Mainstream, Guns 'N Roses nutzten reichlich ihre Illusionen ab und Motörhead hatten mit Basis in Los Angeles zu einem neuen Karriere-Schwung gefunden. Tja, und da waren eben diese gute Handvoll Typen namens Black Crowes, die sowohl von ihrer Musik, als auch ihrem Aussehen direkt aus der ersten Hälfte der Siebziger in die neunziger Jahre rüber gebeamt worden zu sein schienen und genialen klassischen Rock amerikanischer Prägung zelebrierten. Das erste, übrigens sehr gute, Album "Shake Your Money Maker" hatte in den USA mehrfach Platin eingefahren und da kann man als Band aufgrund der vielen neuen 'Freunde' und Schulterklopfern (selbstveständlich alle mit höllisch 'guten' Ratschlägen) schon mal ins Schleudern kommen, wie es denn nun musikalisch und karrieretechnisch am besten weitergehen soll.

Nicht The Black Crowes! Angeführt von den Brüdern Chris und Rich Robinson machte der mittlerweile um den Tastenmann Ed Hawrysch (manchmal auch Harsch geschrieben) erweiterte Haufen nämlich genau dort weiter, wo er mit der letzten Scheibe aufgehört hatte. Und wie! Bereits mit den beiden Openern "Sting Me" und "Remedy" ließen die Amerikaner erst gar keine Zweifel aufkommen, dass auf diesem zweiten Werk kein Auge trocken bleiben wird. Aber auch, wenn man dieses Album immer als fetzige Rock-Scheibe in Erinnerung hat, wird nach den ersten beiden schnellen Tracks doch deutlich – und zwar gleich für drei Songs am Stück – runtergeschaltet. Aber was die Crowes auch bei bluesigeren Stücken wie "Thorn In My Pride", "Bad Luck Blue Eyes, Goodbye" oder dem sich am Ende dramatisch steigernden "Sometimes Salvation" an Qualität zu bieten hatten, spricht für sich selbst. Chris Robinson singt sich hier fast die Seele aus dem Leib und wen das beim Anhören nicht packt, der hat auch noch ganz andere Probleme.

An der Lead-Gitarre hatte Marc Ford übrigens seinen Vorgänger Jeff Cease abgelöst, was sich durch das ganze Album als ein wahrer Segen erweist. Alleine die Soloarbeit zu Beginn und auch durchgehend bei "Bad Luck Blue Eyes, Goodbye" und auch vor sowie nach dieser Nummer ist großartig und löst beim Rezensenten immer noch Gänsehaut aus. Seite 2 der Vinyl-Version startet dann in Form von "Hotel Illness" wieder mit einem flotten Rocker, der keine Gefangenen macht. Anschließend bereiten die starken "Black Moon Creeping" sowie "No Speak, No Slave" auf das große Finale vor. Dazu erst nochmal ein kurzer Zeitsprung ins Jahr 2005 – der mittlerweile in den USA lebende Rezensent hatte die Crowes gar nicht mehr wirklich auf dem Schirm, folgte aber spaßeshalber und ohne große Erwartungen einer Einladung in einen kleinen Club in Pittston, Pennsylvania, wo die Band eine Warm-up Show unter ihrem ursprünglichen Namen Mr. Crowes Garden (und noch mit einem Aushilfs-Drummer, bei dem nun wirklich nicht alles rund lief) für die anstehende Reunion-Tour spielte. Nachdem die Musiker – scheinbar leicht 'angetütelt' – auf die Bühne kamen und bei mir erst mal ein Schmunzeln hervorgerufen hatten, spielten sie den Rezensenten dann allerdings direkt mit dem ersten Stück "My Morning Song" (und auch dem folgenden "Sting Me") jedoch so dermaßen an die Wand, dass dieser den Rest der Show nur noch mit großen Augen und runter geklapptem Kinn genoss. Eine Konzert-Erfahrung, die das auf den üblichen Internet-Plattformen dazu komplett festgehaltene Video der Show allerhöchstens ansatzweise widerspiegeln kann. Der absolute Hammer, der den gerade genannten Eröffnungs-Track wohl für immer zu meinem Lieblingsstück werden ließ.

Die ebenfalls sehr starke Studioversion des Songs befindet sich selbstverständlich auch auf der hier reviewten Platte und bildet den grandiosen Höhepunkt eines Albums für die Insel bzw. die Ewigkeit. Naja, okay, nicht ganz, denn als letzter Song ist noch das akustische und als klassische 'Auslauf-Nummer' gedachte "Time Will Tell" vertreten. Während dessen Laufzeit ist man in der Regel jedoch noch damit beschäftigt, die Wucht und Intensität von "My Morning Song" zu verarbeiten. Trotzdem gut!

Dieser Klassiker ist kurz vor Weihnachten 2023 nochmal als 4LP-Box, 3CD-Set, 2CD sowie Einfach-Vinyl erschienen. Auf der mir für dieses Review vorliegenden 2CD-Version befinden sich die Bonus Tracks auf dem zweiten Silberling. Zum einen gibt es fünf Live-Stücke aus der damaligen Zeit, die wir – mit zusätzlichen Tracks desselben Konzerts – bereits einmal hier reviewt haben. Auch das restliche Bonus-Material war bisher schon erhältlich. Zum einen gibt es eine deutlich langsamere Version von "Sting Me" (interessant, aber nicht so gut wie sein rockendes Pendant), zum anderen die bereits als Single-B-Seiten veröffentlichten "Darling Of The Underground Press" sowie (Bob Dylans) "Rainy Day Woman #12 & 35" und schließlich ein sehr gut geglücktes Cover der Memphis Soul-Nummer "99 Pounds".

Meinen letzten Worte: Ein MUSS für jede halbwegs ernst zu nehmende Rock-Plattensammlung!


Line-up The Black Crowes:

Chris Robinson (lead vocals, harmonica, percussion)
Rich Robinson (ryhthm & lead guitars)
Marc Ford (lead & rhythm guitars)
Ed Hawrysch (piano, B3 Wurlitzer)
Johnny Colt (bass)
Steve Gorman (drums & percussion)

With:
Chris Trujillo (congas)
Barbara Mitchell (background vocals)
Taj Harmon (background vocals)

Tracklist "The Southern Harmony…":

CD 1:

  1. Sting Me
  2. Remedy
  3. Thorn In My Pride
  4. Bad Luck Blue Eyes, Goodbye
  5. Sometimes Salvation
  6. Hotel Illness
  7. Black Moon Creeping
  8. No Speak, No Slave
  9. My Morning Song
  10. Time Will Tell

CD 2:

  1. 99 Pounds
  2. Darling Of The Underground Press
  3. Rainy Day Woman #12&35
  4. Sting Me (slow version)
  5. Thorn In My Pride (live)
  6. My Morning Song (live)
  7. Black Moon Creeping (live)
  8. Sometimes Salvation (live)
  9. Remedy (live)

Gesamtspielzeit: 50:38 (CD 1), 63:05 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2023 (1992)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
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Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

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