Die Zeit rennt, wie man im Alltag immer mal wieder vor Augen geführt bekommt. Ich weiß es noch wie gestern, als ich Marcus Deml mit seiner ehemaligen Band Errorhead auf dem Finkenbach Festival gesehen habe und tatsächlich sind es nun auch schon wieder über anderthalb Jahre her, dass der Gitarrist das gleichnamige Debütalbum seiner aktuellen Formation The Blue Poets abgeliefert hat. Und das war nicht nur bärenstark, sondern konnte durch die Bank auch sehr gute Kritiken einfahren. Nach der Veröffentlichung folgte logischerweise eine Tour, von der mehrere Gigs auf Band festgehalten und nun für die vorliegende Scheibe "Live Power" verwendet wurden. Das hier zu reviewende Dutzend Songs stammt aus dem letzten Jahr 2017 und den Konzerten in Hamburg, Duisburg sowie Bruchsal.
Da es die Tour nach der Debüt-Scheibe war verwundert es auch nicht, dass diese mit acht Tracks sehr prominent vertreten ist, ergänzt durch ein paar Covers und neuen Stücken. Von den Letztgenannten macht übrigens "Won’t You Suffer" direkt den Anfang. Gordon Grey heizt das Publikum direkt mächtig an und Deml lässt seine Gitarre zum ersten Mal abheben, bevor es in eine sehr rhythmische Einleitung geht. Aber all dies ist erst der Vorgeschmack auf einen hammergeilen Refrain, der zum Mitsingen geradezu einlädt. Sehr starker Beginn! Bereits hier und auch im Verlauf der gesamten Spielzeit kommt Gordon Greys Gesang unheimlich stark und authentisch rüber, womit er bei mir mindestens doppelt so stark punkten kann, wie auf der Studioplatte. Phil Steen am Bass und Felix Dehmel an den Drums grooven und shuffeln auch mal wie die Weltmeister, was den sehr bluesrockigen Stücken natürlich wie auf den Leib geschneidert ist.
Dass Marcus Deml einer der brillantesten Gitarristen Deutschlands und wahrscheinlich sogar europaweit ist, brauche ich an dieser Stelle nicht mehr weiter zu erwähnen und wer den Mann bisher noch nicht gehört hat, der sollte dies schleunigst nachholen. Dessen Sechssaiter kocht, brodelt und strotzt nur so vor Power und Feeling, dass es eine wahre Pracht ist. Dabei spielt es dann auch gar keine Rolle, ob gerade ein (Blues-) Rocker wie "Won’t You Suffer" oder "The Truth", ein Blues oder eine langsame, sehr einfühlsame Nummer wie etwa "For A God" gespielt wird. Das ist schon allererste Sahne und in dieser Besetzung braucht sich das Quartett auch vor keiner anderen Combo dieses Genres zu verstecken. Oder um es klarer zu sagen: Bei einem gemeinsamen Gig muss jede weitere Band geradezu höllisch aufpassen, von den Blue Poets nicht an die Wand gespielt zu werden.
"Song For Gary" ist erwartungsgemäß dem leider schon verstorbenen Gary Moore gewidmet und zitiert auch kürzere Stellen dessen Songs aus seiner bluesigen Phase um 1990. Ein wunderschönes Cover ist den Poets hinsichtlich Curtis Mayfields "People Get Ready" gelungen, das die Band zwar auf ihre eigene Art interpretiert, dabei aber sehr viel Sinn für Details sowie Feingefühl zeigt. Ein weiteres Cover ist "Oh Pretty Woman" und ansonsten überzeugen die bereits in der Studioversion sehr starken Titel "Sad, Sad, Sad", "Could Have Lived", "Goodbye" und natürlich auch "Alien Angel". Dass hier das Cream-Cover "Sunshine Of Your Love" fehlt, fällt bei der Qualität des vorhandenen Materials überhaupt nicht mehr ins Gewicht, da es sich bei "Live Power" um eine durchgehend hammerstarke Scheibe handelt.
The Blue Poets stehen auf "Live Power" voll im Saft und von diesem Vierer darf (wenn er denn hoffentlich zusammen bleibt) noch sehr viel erwartet werden. Klasse!
Line-up The Blue Poets:
Gordon Grey (vocals)
Marcus Deml (guitars)
Phil Steen (bass)
Felix Dehmel (drums)
Tracklist "Live Power":
- Won’t You Suffer
- Sad, Sad, Sad
- The Truth
- For A God
- Song For Gary
- Oh Pretty Woman
- Alien Angle
- Could Have Lived
- Too High
- With Your Eyes
- People Get Ready
- Goodbye
Gesamtspielzeit: 63:14, Erscheinungsjahr: 2018
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