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The Damned / A Night Of A Thousand Vampires – Do-CD/Blu-Ray-Review

The Damned / A Night Of A Thousand Vampires

Mit dem spektakulären Albumtitel "A Night of A Thousand Vampires" warten die britischen Punkrocker von The Damned auf. Tatsächlich verwandelten sie am 28. Oktober 2019 das altehrwürdige Londoner Palladium-Theater für einen Abend in eine Vampir-Gruft. Nicht nur die Musiker waren als Vampire verkleidet  – gleichzeitig spielte das Publikum auf diese Weise in kollektiver Eintracht mit. Drei Jahre später, auf den Tag genau, erscheint der Mitschnitt als Live-Album.

Es handelt sich zwar um einen gewöhnlichen Konzertmitschnitt mit Liedern aus 40 Jahren Bandgeschichte unter Beigabe einiger Cover wie "People Are Strange" und "Eloise", doch die Wirkung ist eine viel größere. Das Musikerlebnis in Wort und Bild erinnert mich durchaus an eine Rockoper, die wir aus der Vergangenheit von The Who mit Tommy (1969) sowie "Hair" (1967) und "Jesus Christ Superstar" (1971) kannten. "The Rocky Horror Picture Show" aus dem Jahr 1975 in deren legendären Kinofassung mit dem unvergessenen Meat Loaf rechne ich unbedingt in diese Aufzählung hinein. Warum ich dies erwähne? Rockopern, bei denen es sich mit Albumlänge um ein Konzeptalbum handelt, sind vergleichsweise selten. Die Dramaturgie verlangt dem Hörer in aller Regel ab, dass er sich das Stück im Ganzen erschließt.

Das ist die Herausforderung an The Damned und ihr Album "A Night of A Thousand Vampires". Obwohl es der erwähnte Konzertmitschnitt ist, hat das Werk durchaus Parallelen zu einem Konzeptalbum. Die Band, die 46 Jahre nach ihrer Gründung noch immer fleißig tourt, hat hier gewiss einen Meilenstein hingelegt. Die Bandbreite der Lieder, das 1910 eröffnete Londoner Theater als Spielstätte und die Art der Live-Präsentation bescheinigen der Produktion sehr wohl das Prädikat zeitgeschichtliches Dokument.

Die im Kern als Punkband gegründete Unternehmung wurde im Laufe der langen Karriere bereits mit vielen Stilrichtungen in Verbindung gebracht. Bei "A Night Of A Thousand Vampires" konzentriert sich die Musik vielmehr auf Rock und weniger auf Punk. Es sind also keine außergewöhnlichen Einflüsse, die hier vom Hörer verarbeitet werden müssen. Als auffallend positiv darf man den Einsatz des Klaviers von Tastenmann Monty Oxymoron an mehreren Stellen bewerten. Genau hier schließt sich der Kreis zu einer Rockoper. Warum nicht einmal etwas Neues abseits jenseits ausgetretener Pfade ausprobieren? So hält der Spannungsbogen bis zuletzt. Immer abwartend, was noch als Überraschungen kommen könnte. So entstehen Spaß und Abwechslung. Funkige Klänge gibt es bei "Standing On The Edge Of Tomorrow". Unmittelbar daran schließt sich der Ohrwurm "Grimly Fiendishan" an, der mit Popklängen vorlegt, während "Under The Floor Again", "I Just Can’t Be Happy Today" und "13th Floor Vendetta" mit Brit Pop-Einflüssen für gute Laune sorgen.

Geradlinige, von Gitarren geprägte Musik und die Stimme des als Dracula verkleideten David Vanian sind der kleinste gemeinsame Nenner aller Nummern. Dabei klingen Instrumente und Stimme untereinander sehr ausgewogen. Unterhaltung auf höchstem Niveau bietet außerdem die zweite CD. Ein Erlebnis ist das 15-minütige Monumentalwerk "Curtain Call", das nahe an Progressive Rock heran kommt. Es überrascht zudem mit einem Violinensolo. Es ist Höhepunkt und – langer – Anspieltipp gleichermaßen. Erstaunlich, welche Klangfülle "Tightrope Walk" mit einer Spieldauer von nur 4:16 Minuten entwickelt. Hierbei zeigt sich, welche Soundtüftler doch hinter The Damned stecken. Erfrischend britisch im Klang ist das vergleichsweise kurze "The Dog", ehe sich daran eine zehnminütige Komposition mit dem Titel "Neat Neat Neat – Bela Lugosi’s Dead" inklusive einer satten Rock’n’Roll-Einlage anschließt.

In der aufwändig inszenierten Show ragt auch der Einsatz der Gastmusiker mit klassischen Instrumenten heraus. Stellvertretend seien hier Emily Vanian und Yury Revich, ein österreichischer Geiger russischer Herkunft, genannt. Die Tochter von Sänger David Vanian ist musikalisch ebenfalls im Gothic Rock und im Punk Rock zu Hause und hat schon mehrere Male bei Auftritten von The Damned mitgewirkt.

Als erste britische Punkband, die nach ihrer Gründung 1976 offiziell eine Single ("New Rose") und ein Album ("Damned Damned Damned) veröffentlicht hat, machten sich The Damned in der Punkszene schnell einen Namen. Mit zehn Studioalben, mehreren Singles in den Charts und ihren Liveshows haben sie sich eine ständig wachsende Fangemeinde erspielt. Mit ihren düsteren Texten und Dave Vanians sattem Baritongesang katapultierten sie sich gleichzeitig an die Spitze des Gothic Rock. Heute entzieht sich die Band jeglicher musikalischer Kategorisierung. Deshalb muss man sich nicht wundern, wenn auf "A Night of A Thousand Vampires" der Punkeinfluss so gut wie nicht zu hören ist. Wer vielleicht noch unentschlossen ist, weil er The Damned nicht kennt, kann das Album garantiert ohne Nebenwirkungen genießen. Die Empfehlung geht an alle Freunde gut gemachter Rockmusik.
Die Edition gibt es als 2CD+Blu-ray-Package und in einer limitierten, farbigen 2LP-Vinyl-Ausgabe. Leider ist mein Blu-ray-Player defekt, sodass ich auf diesen Silberling nicht eingehen kann.


Line-up The Damned:

David Vanian (vocals)
Captain Sensible (guitars)
Paul Gray (bass)
Monty Oxymoron (keyboards)
Andrew Pinching (drums)

with:

Chris Coull (trompet)
Emily Vanian (violin)
Yury Revich (violin)
Gillian Mott (violin)
Mallory Hamm (violin)
Alison D’Souza (viola)
Sally Wragg (viola)
Jay Jenkinson (cello)
Marianne Hardisty (cello)
Clare Wilson (double bass)

Tracklist "A Night Of A Thousand Vampires":

CD 1:

  1. Beaty Of The Beast
  2. Wait For The Blackout
  3. Plan 9 Channel 7
  4. Standing On The Edge Of Tomorrow
  5. Grimly Fiendish
  6. Dr Jekyll And Mr Hyde
  7. Absinthe
  8. Under The Floor Again
  9. I Just Can’t Be Happy Today
  10. 13th Floor Vendetta

CD 2:

  1. Eloise
  2. People Are Strange
  3. Curtain Call
  4. Tightrope Walk
  5. The Dog
  6. Neat Neat Neat / Bela Lugosi’s Dead
  7. Black Is The Night

Blu-ray:

  1. Beaty Of The Beast
  2. Wait For The Blackout
  3. Plan 9 Channel 7
  4. Standing On The Edge Of Tomorrow
  5. Grimly Fiendish
  6. Dr Jekyll And Mr Hyde
  7. Absinthe
  8. Under The Floor Again
  9. I Just Can’t Be Happy Today
  10. 13th Floor Vendetta
  11. Eloise
  12. Curtain Call
  13. Tightrope Walk
  14. The Dog
  15. Neat Neat Neat – Bela Lugosi’s Dead
  16. People Are Strange
  17. Black Is The Night

Gesamtspielzeit: 93:22 (CD 1: 48:34, CD 2: 44:48, Blu-ray: 96:00), Erscheinungsjahr: 2022

Tecnische Daten Blu-ray:

  • Altersfreigabe: FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
  • Sprachen: Englisch DTS-HD MA 5.1, Englisch PCM 2.0
  • Region: A, B, C
  • Disc Kapazität: BD-25 GB
  • Bildformat(e): 1920x1080p (1.78:1) @24 Hz
  • Video-Codec: MPEG-4/AVC

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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