Die Wogen der Begeisterung schlugen hoch, als The Damned am 3. November 2022 im ausverkauften Apollo-Theater in Manchester eines ihrer wenigen Konzerte in Gründungsbesetzung bestritt. Die Wiedervereinigung in Gründungsbesetzung galt in diesem Fall als Reunion, obwohl es sich doch nur um eine vergleichsweise kleine personelle Veränderung handelte.
Offiziell war die 1976 gegründete Band nie aufgelöst worden, lediglich die Besetzungen wechselten. Beim Reunionkonzert schlug der Funke der Begeisterung von der Band auf das Publikum über – und umgekehrt. Da war er wieder, der ursprüngliche Punk, wie er kraftvoller, ja typischer nicht klingen konnte. In der Show erklangen vornehmlich Lieder der ersten beiden Alben. Vom 1977er-Debüt "Damned Damned Damned" sind alle zwölf Stücke vertreten und vom zweiten, noch im gleichen Jahr veröffentlichten "Music For Pleasure", waren es "Problem Child", "Stretcher Case", "You Take My Money", "Alone" und "You Know".
Das war es, was den besonderen Charakter dieses Konzertes ausmachen sollte, dem einige wenige in Großbritannien folgen sollten, darunter jenes zwei Tage später in Birmingham, das als Bonus-CD dem Manchester-Gastspiel beigelegt ist. Im dritten Teil gibt es die Show aus Manchester, gefilmt und auf einer DVD dokumentiert.
Hört man sich das Konzert auf der jetzt vorliegenden CD an, so klingen The Damned an manchen Stellen so, als hätten sie den Britpop aus der Taufe gehoben. Was alles andere als ein Wunder ist. Einerseits stellten sich die Briten durch Trennungen und Line-up-Wechsel stilistisch unüberhörbar breit auf und tendierten im Laufe ihrer langen Karriere mehr und mehr in Richtung Rockmusik. Andererseits ist es kein Geheimnis, dass der Britpop Anfang der 1990er Jahre aus verschiedenen Stilrichtungen entstanden ist, darunter Punk. Der Definition zufolge entstand Britpop durch eine Rückbesinnung auf die Traditionen britischer, gitarrenlastiger Rock- und Popmusik. Es ist ein Merkmal der Band The Damned, dass sie immer breit aufgestellt war. Im Kern gehörte deren Musik immer dem Punk, damit darf man sie am ehesten identifizieren. Live sind sie ohnehin eine Klasse für sich, wie die DVD belegt. Die Produktion lässt auch klanglich keine Wünsche offen. Gibt es doch immer wieder Videos der britischen Band zu entdecken, so darf man sich hier getrost zurücklehnen, ohne Qualitätseinbußen befürchten zu müssen. Wie auch die beiden CDs, gestaltet das Material die Dokumentation sehr authentisch.
Die Fans wollten The Damned in der Urbesetzung und sie wollten in erster Linie den erdigen Punk hören, den die Musiker nicht nur gekonnt spielen, sondern den sie lebten und noch immer leben. Dieses Erlebnis bekamen sie während der wenigen Konzerte, die ursprünglich schon 2020 geplant waren, ehe ihnen die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung machte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart ist Sänger Dave Vanian dabei. Zweimal kurz pausierte der Gitarrist und Bassist Captain Sensible. Beide bilden den Kern der Truppe. Seit 2017 spielt Paul Gray wieder den Bass in der Band, der von 1980 bis 1983 und 1989 bis 1996 schon einmal zur Band gehörte. Keyboarder Monty Oxymoron ist seit 1996 Mitglied bei The Damned. Mit Drummer Christopher 'Rat Scabies' Millar kam es 2022 zur Reunion-Tour in Gründungsbesetzung, dazu Brian James an der Gitarre und Captain Sensible am Bass. Vanian, James, Captain Sensible und Rat Scabies bildeten folglich die Gründungsbesetzung, die 2022 wieder zusammen traf und den Fans ein besonderes Vergnügen bescherte. Verstärkt wurden sie durch Keyboarder Monty Oxymoron.
The Damned zählten nach ihrer Gründung im Jahr 1976 in London zu einer der erfolgreichsten Bands der britischen Punkrock-Szene der 1970er Jahre. Ihre Debütsingle "New Rose" gilt als die erste Punksingle, die im Vereinigten Königreich veröffentlicht wurde. Umgekehrt orientierten sie sich mit ihrem energiegeladenen Punk an The Stooges, MC5, Ramones und den Sex Pistols. Trotz ihrer Nähe zum Punkt experimentierten sie gerne mit anderen Musikstilen und arbeiteten wiederholt mit Elementen des Gothic Rock, des Psychedelic und des New Wave. Besetzungswechsel und eine Zeit von 45 Jahren seit der Gründung konnten der Band nichts anhaben. Nach elf Studioaalben klingen sie immer noch unverwechselbar, voller Kraft und Spielfreude. Insofern ist es eine Freude, das Werk anzuhören: Es ist ein lebendiges Kapitel britischer Musik mit zeitlosen Klängen.
Es gibt eine Band, die auffallend häufig den Weg von The Damned streifte: Motörhead. Die Band von Lemmy trat mehmals im Vorprogamm der Punkmusiker auf, umgekehrt holten Motörhead The Damned mehrmals bei Konzerten zu sich auf die Bühne. Unvergesslich bleibt die gemeinsame Interpretation des Liedes "Neat Neat Neat" unter dem Titel "Lemmy Playing With The Damned: Neat Neat Neat 2009″. Der Bassist ganz in seinem Element, als habe er in seinem Leben nichts anderes gespielt.
Line-up The Damned:
Dave Vanian (vocals)
Brian James (guitar)
Captain Sensible (bass)
Monty Oxymoron (Keyboards)
Christopher 'Rat Scabies' Millar (drums)
Tracklist "AD 2022 – Live In Manchester":
CD 1:
Live at O2 Apollo Manchester 03/11/2022
- I Feel Alright
- You Take My Money
- Help
- Born To Kill
- Stretcher Case
- Feel The Pain
- I Fall
- Fan Club
- Alone
- Fish
- 1 Of The 2
- Problem Child
- Neat Neat Neat
- Stab Your Back
- Sick Of Being Sick
- See Her Tonite
- You Know
- New Rose
- Pills
- The Last Time
- So Messed Up
CD 2:
(Bonus) Live At O2 Academy Birmingham 05/11/2022
- I Feel Alright
- You Take My Money
- Help
- Born To Kill
- Stretcher Case
- Feel The Pain
- I Fall
- Fan Club
- Alone
- Fish
- 1 Of The 2
- Problem Child
- Neat Neat Neat
- Stab Your Back
- Sick Of Being Sick
- See Her Tonite
- You Know
- So Messed Up
- New Rose
- Pills
- The Last Time
Gesamtspielzeit: 72:51 (CD 1), 70:52 (CD 2), 73:05 (DVD), Erscheinungsjahr: 2024
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