Warum uns dieses Album erst ein Jahr nach Veröffentlichung erreicht hat, bleibt wohl ein Geheimnis. Aber wie heißt es so schön? »Besser spät, als nie«.
Das gleichnamige Album der Band The Devil’s Staircase ist ihr Debüt und erblickte im Mai 2020 das Licht der Welt. Älter sind da die Begriffe, die in Verbindung mit der musikalischen Marschrichtung der sechs Musiker ins Feld geworfen werden. Manche werden sich mit Schaudern, aber auch Respekt, an längst Verdrängtes wie fraktale Geometrie, Mandelbrot, affine Abbildungen, Apfelmännchen und Konsorten erinnern.
Math Rock also? Nein. The Devil’s Staircase haben ihre Schublade mit Fractal Prog beschriftet. Schon die Beschreibung des Covers lässt erahnen, dass die Musiker eine gewisse Affinität zum Thema haben: »The art shows a spiral staircase, and the reddish element is the Devil’s Staircase function. The Devil’s Staircase is connected to the Cantor set … «. Wer da tiefer einsteigen möchte, kann dies auf ihre Blogspot-Seite tun. Wir anderen widmen uns da lieber der Musik.
Und die hat es in sich. Dass die Tracks aus Worten wie Concatenation, Thue, Morse, Symmetry und Reverse bestehen müssen, ist irgendwie klar. Und "Concatenation", der Opener, steigt auch gleich in die Thematik ein. Ein tieffrequentes Brabbeln wälzt sich, einem sterbenden Hubschrauber gleich, aus den Lautsprechern und wird alsbald von Elektronik sanft aufgefangen. Zarte Gitarrenzupfer gesellen sich hinzu, bis urplötzlich ein jazzfusionsartiges Inferno kurz losbrodelt, sich dann aber schnell einer ruhigen Saxofonpassage unterordnet, um diese schließlich doch zu überrollen. Dann ist die Band im Flow und musiziert treibend Richtung Horizont. Melodiöse Bögen konkurrieren dabei mit leicht schrägem Jazz-Gebläse, während marschtommelgleich der Rhythmus einfällt.
"Rule 34" bietet fernöstliches Flair, gepaart mit einem Anflug alter Fleetwood Mac-Bluestunes, hat eine toll aufspielende Gitarre zu bieten und trotzdem ist man zu jeder Zeit in diesem wilden Kosmos aus Jazz, Rock und experimentellem Nebel. "Room 101", wir erinnern uns – George Orwell, Folterkeller. Und so leitet dann auch ein in narrativer Weise vorgetragenes »… everyone knows, the thing that is in room 101 is the worst thing in the world« den Track ein, der von akzentuiert gespieltem Bass und allerlei Tasten erst einmal gezügelt dahinfließt, bis ein um sich schlagendes Saxofon, von süßem Mellotron begleitet, die Welt auf den Kopf stellt.
In vorbildlicher Weise werden von Devil’s Staircase äußerst harmonische Melodien mit harten Instrument- und Elektronik-Attacken vermengt und auf diese Art und Weise Spannung, als auch entspanntes Zuhören garantiert. Die Symbiose ist perfekt und anscheinend genau geplant. So auch im fünfteiligen "Morse ..–.." und "Cantor’s Dust". Verfremdete Stimmen – vielleicht gar elektronisch erzeugt, da keinerlei Angaben über Vokalisten beim Line-up zu finden sind – geben eine weitere Dimension frei. Scheinbar mühelos mischen die Musiker altbekannte und bewährte Prog-Zutaten mit strukturierter und austarierter Bass- und Percussionarbeit sowie einer gesunden Portion Jazz.
Stellenweise können einem durchaus King Crimson in den Sinn kommen. Auch eine Spur Änglagård ist auszumachen, zumal mit Mattias Olsson ein ehemaliges Mitglied dieser Band an Board ist. Aaron Geller kommt übrigens von Might Could. Ansonsten sind auch fast alle Musiker mit Luz de Rida verbandelt. Und um das Ganze abzurunden und wieder zu Fraktalen zu kommen – Luis Nasser und Tim McCaskey sind Physikprofessoren. Und außerdem mit einer weiteren Band zugange: Sonus Umbra.
Hätten wir damals im Unterricht Fraktale von Musikern vorgestellt bekommen, wer weiß …
Line-up The Devil’s Staircase:
Aaron Geller (electric guitar)
Ramsés Luna (saxophone, midi wind, electronics)
Tim McCaskey (acoustic guitar)
Luis Nasser (bass guitar, holophonics)
Mattias Olsson (drums, percussion, mellotron)
Tracklist "The Devil’s Staircase":
- Gravitation (11:11)
Part 1 – The Music Of (All) The Spheres
Part 2 . Kepler’s Jam - Rule 34 (4:03)
- Room 101 (4:03)
- Morse ..–.. (11:15)
Part 1 – Concatenation
Part 2 – Taking Thue Morse Steps
Part 3 – Broken Symmetry
Part 4 – Raise Your Glas
Part 5 – In Reverse - Cantor’s Dust (10:21)
Gesamtspielzeit: 40:57, Erscheinungsjahr: 2020
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