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The Dues / Ghosts Of The Past – CD-Review

The Dues / Ghosts Of the Past

Eines möchte ich voraus schicken: The Dues aus Winterthur in der Schweiz sind eine klassische Live-Band, ihre Musik schreit förmlich danach, auf der Bühne und vor einer tobenden Menge gespielt zu werden – was selbstverständlich nicht vom Erwerb dieser famos abgehenden Scheibe abhalten soll! Die Songs auf "Ghosts Of The Past" sind eh eingespielt wie eine Live-Aufnahme, roh, wild und mit jeder Menge Improvisation.

Aktuelle Bezugspunkte zu anderen Formationen unserer Tage bereiten mir jede Menge Vorfreude, werden doch auf ihrer Webseite mit Radio Moscow und Earthless zwei meiner Favoriten zitiert. Allerdings zeigt sich schon beim ersten Reinhören ein Unterschied zu den genannten, deren Konzept es aus meiner Sicht eher ist, unentwegt ihren jeweiligen Frontmann (Parker Griggs bei Radio Moscow bzw. Isaiah Mitchell bei Earthless) in Stellung zu bringen. Bei The Dues wird der Begriff des Power-Trios irgendwie mehr als Teamwork gelebt, denn der mächtig grollende und treibende Bass von Stefan und das virtuose Getrommel von Dominik führen hier ein deutlich ausgeprägteres Eigenleben, wie es einst bei Cream zur Vollendung getrieben wurde. Nichts desto trotz darf Pablo an der Gitarre immer wieder genüsslich die Daumenschrauben anziehen, in "Sails Of Misery" macht er davon erstmals intensiveren Gebrauch. Das geht gut ab und wird einer eingestimmten Audience bei ihren Konzerten mächtig die Leviten lesen. Attacke!

Wie immer dem auch sei, der Spaßfaktor beim Anhören "Der Geister der Vergangenheit" ist von der ersten Sekunde an gegeben, nicht nur, weil auch bei mir viele solche erweckt werden, die mir bereits in meiner Jugendzeit den Weg gewiesen haben. Diese Musik groovt wie ein gut geölter Motor, geht gradlinig ihren Weg ohne allzu viel Gefrickel. Die Songs kommen schnell auf den Punkt, mal mit harten Riffs und aggressiven Hooks, ab und an auch ein wenig funky. Der Titelsong gleich zu Beginn weckt bei mir ein wenig Erinnerungen an die ganz frühen UFO, noch bevor sie zu ihrem Spacerock abhoben, während in "Under The Sea" vermeintliche Sabbath-Riffs gemäßigt dröhnen. Insgesamt aber orientieren sich The Dues nicht an einer speziellen Richtung, sondern folgen einem sehr freien Konzept mit viel Platz für jammige Ausflüge. Ganz besonders in "Elements Of Doubt" und "Somewhere" nutzen vier und sechs Saiten die kurzweiligen Solo-Bemühungen für durchaus unterschiedliche Pfade, finden dann aber immer wieder zu einer kompakten Songstruktur zusammen. Hier mag man sich an die oft experimentierfreudigen Steamhammer erinnern, wobei gerade in "Somewhere" auch ein wenig von Robin Trower anklingt, etwa aus der Zeit, als er das großartige Album "Bridges Of Sighs" einspielte.

Der Gesang wartet nicht unbedingt mit ausuferndem Variantenreichtum auf, passt aber ausgezeichnet in die bodenständige, leicht düstere Phrasierung in der Musik, die allerdings in "La Realidad" fast ein wenig von Carlos Santanas genialer Rhythmik erfährt und damit auch eine gute Portion Lockerheit vermittelt. Hier darf die Gitarre auch einmal ein wenig ausufernder elaborieren, was in der letzten und bei weitem längsten Nummer des Albums noch getoppt wird. Slight-Einsatz und Wah Wah schenken schöne Flashbacks zur guten alten Zeit, hier driften wir fast ein wenig psychedelisch in ein stimmiges Finale.

Heavy Blues Rock dürfte die treffende Etikettierung für die vorliegende Musik darstellen und Menschen, die einst bei Led Zeppelin zuhause waren, dürfen sich auf eine frische neue Stimme aus der Schweiz freuen. Na klar, das Rezept ist retro, bei einem Titel wie "Ghosts Of The Past" auch nicht wirklich verwunderlich. Das Album hat aber einen geilen Flow und treibt uns ohne persönliche Eitelkeiten in einer sehr kompakten und oftmals krachenden Grundausrichtung durchs Dorf. Eine Volldampf-Maschine ohne faule Kompromisse, aber immer auch mit schönen Breaks und Tempo-Variationen, die die Spannung aufrecht halten. Czar Of Crickets haben uns in den letzten Jahren immer wieder mit geilen Projekten versorgt und mit auf die Reise genommen. Das darf ruhig so weitergehen.


Line-up The Dues:

Pablo Jucker (guitar, vocals)
Stefan Huber (bass)
Dominik Jucker (drums)

Tracklist "Ghosts Of The Past":

  1. Ghosts Of The Past
  2. Something For Your Mind
  3. Sails Of Misery
  4. Under The Sea
  5. Love
  6. Elements Of Doubt
  7. Somewhere
  8. La Realidad
  9. Ley Lines

Gesamtspielzeit: 39:18, Erscheinungsjahr: 2019

Über den Autor

Michael Breuer

Hauptgenres: Gov´t Mule bzw. Jam Rock, Stoner und Psychedelic, manchmal Prog, gerne Blues oder Fusion

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