Klar war mir der Name The Fuzztones in den letzten dreißig Jahren schon mal über den Weg gelaufen… das wars dann allerdings auch. Bis vor kurzem, da flatterte nämlich die Autobiografie von Rudi Protrudi, dem unumstrittenen Bandchef auf meinen Schreibtisch. Nachdem ich zunächst etwas skeptisch an die Sache ranging, kann ich nun aber nur nochmal bestätigen, was ich eigentlich sowieso schon wusste: Man muss die Musik einer Band nicht unbedingt vorher kennen, um einen Höllenspaß beim Lesen ihrer Geschichte zu haben. Und genau das stellte sich bei "The Fuzztone – Raisin' A Ruckus" bereits sehr früh heraus. Selbst die sonst oft etwas dröge zu lesenden Kindheitserinnerungen geraten hier zu einem spannenden Ritt durch die Kindheit, bevor sich in Protrudis Teenager-Zeit das Rock’n’Roll-Karussell so richtig zu drehen begann.
Ohne hier zu viel vorweg zu nehmen, wurde Rudi Protrudi (dessen bürgerlicher Name Glen Dalpis ist) in eher bescheidene Verhältnisse geboren und hatte lange Jahre unter seinem sehr strengen Vater zu leiden, bis sich seine Mutter schließlich von diesem trennte. Die Ketten waren gesprengt, es begann offensichtlich ein neues Leben und – ganz entscheidend für Rudis weitere Zukunft – seine Entdeckung des Rock’n’Roll und Blues. Eine Gitarre musste her, da gab es gar keine Diskussion. Nachdem auch dieser Schritt erfolgreich gemanagt wurde, folgten erste Bands und auch sporadische Auftritte. Nicht ganz untypisch für dieses Alter wechselten die Besetzungen häufig, viele Bekanntschaften wurden geschlossen und auch die ersten Erfolge bezüglich des anderen Geschlechts stellten sich ein. Nach einer Zeit mit miesen Jobs und dem Leben in einem Trailer Park folgte der Umzug nach Harrisburg, Pennsylvania. Das Leben, bestimmt von Gelegenheitsjobs, seiner Band und vielen kurzfristigen Frauenbekanntschaften ging erstmal so weiter, bis er dann mit Deb O’Nair nicht nur eine (vorerst) feste Beziehung, sondern auch ein ganz wichtiges Bandmitglied fand, mit dem er so einige Hürden im Haifischbecken Musik-Business überwinden konnte.
Der erste große Coup: Die Band Tina Peel (die sich ausgesprochen natürlich genau so wie 'Teen Appeal' anhört) mit der die ersten Erfolge in Harrisburg einfahren konnte und die Combo sogar bis raus nach Washington D.C. brachte. Nur der ganz große Durchbruch wollte – trotz des späteren Umzugs nach New York City und dem auch dort erregten Interesse auf den Bühnen – nicht wirklich gelingen. Etwa 1980 entstand dann die Band The Fuzztones, die ganz bewusst einen Kurswechsel mit sich brachte. Immer schon ein Fan der Garage Bands der sechziger Jahre, arbeitete die Gruppe nach und nach ein Konzept, einen spezifischen Sound und ein Image aus. Nach einigen Umbesetzungen (nur Rudi Protrudi und Deb O’Nair waren anfangs die Konstanten) war schließlich auch das optimale Line-up gefunden. Es ging zwar in sehr kleinen Schritten, aber dennoch immer weiter aufwärts. Mitte der Achtziger wurde The Fuzztones eine Europa-Tour (zumeist) im Vorprogramm der englischen Punk-Legende The Damned angeboten, die natürlich auf keinen Fall ausgeschlagen werden konnte. Dieses erste von zwei Büchern endet schließlich mit dem Ende der Original-Fuzztones, Rudi Portrudis Umzug nach Los Angeles und dem unerwartet kommenden Angebot für eine weitere Europa-Tour. Zu einem Zeitpunkt, als der Protagonist eigentlich (außer einem Drummer) noch gar keine eingespielten neuen Fuzztones an seiner Seite hatte…
Aber wie gesagt, ich will hier noch gar nicht zu viel verraten. Dieses englischsprachige Buch ist wunderbar flüssig geschrieben, überaus kurzweilig, höchst interessant und gespickt mit Anekdoten. Nebenbei auch mit solchen über die persönlichen Begegnungen des Protrudis mit Leuten wie Leonard Cohen, Jerry Lee 'The Killer' Lewis oder der amerikanischen Punk Rock-Legende The Dead Boys, bei denen er sage und schreibe einen Tag und ein Konzert lang Mitglied war. Die 190 Seiten im Din-A4-Format machen einmal mehr deutlich, wie verdammt schwierig es ist, sich als aufstrebende Band den Weg nach oben zu erkämpfen.
Wie gesagt liegt das Buch in englischer Sprache vor, was aber niemanden der dieser einigermaßen mächtig ist, vor große Probleme stellen sollte. Davon abgesehen: "The Fuzztone – Raisin' A Ruckus, Book One Of Two" ist ein ganz hervorragendes Beispiel dafür, wie geil eine Musiker-Biografie zu lesen ist, selbst wenn man die Musik der Band bzw. des Protagonisten gar nicht kennt. Somit ein klarer Tipp für die Leseratten unter euch!
Und als richtig toller Bonus hat das deutsche Label Sireena Records dem Buch auch noch eine CD (mit prallen 26 Songs und knapp 72 Minuten Spielzeit) beigefügt, die einen Gig aus dem April 1985 sowie ein paar Songs enthält, die es bisher noch nie auf ein Album der Fuzztones geschafft hatten. Live, echt, unbearbeitet und voll aus dem Leben!
Kapitel "Raisin' A Ruckus – Book One Of Two":
- Raisin' A Ruckus
- I Was A Teenage Fuzztone
- Ghost Clinic
- It’s A White Trash Thing
- The Heathen Set
- The Band That Glowed In The Dark
- Creatures That Time Forgot
Erscheinungsjahr: 2016
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