Anfang des Jahres wurde vorliegendes Album in der Rezension zu The Riddle avisiert, da die Band bereits daran arbeitete. Nun ist es also soweit, den neuen Output des Projektes um Mastermind Martin Springett unter die Lupe zu nehmen. Da man eine Lupe in der Regel dazu benutzt, besser zu sehen, sind wir gleich bei Visuellem.
Martin Springett ist bekanntermaßen nicht nur Musiker, er schreibt und zeichnet und seine bildende Kunst ist auch stets Teil seiner musikalischen Werke. Das ist zum einen im Booklet zu sehen, in welchem stets passende Grafiken abgedruckt sind. Des Weiteren liegen seinen CDs illustrierte Karten bei und auf seiner Webseite kann man sich zu "Boy On A Bike" ein 27-seitiges Booklet herunterladen, in dem der Künstler jede Menge Bilder veröffentlicht hat.
Diese Bilder begleiten den Musikhörer, der an der Fahrt des Jungen mit dem Fahrrad teilnimmt. Diese Fahrt führt durch nichts Geringeres als durch das Leben selbst. Viele Stationen und Wege werden bereist und jeweils musikalisch dokumentiert. Stilistisch bewegen sich Martin Springett und sein kongenialer Partner Norm Macpherson in den weiten Landschaften des Progs. Neben den Musikern, die auch beim Vorgängeralbum "The Riddle" im Line-up waren, sind auf der neuen Platte auch sechs ’special guests' dabei, die mit ihren Instrumenten den Kosmos des Gardening Club erweiteren.
So darf der elektrische Bass von Peter Dowse das Album mit einer starken funkigen Sequenz eröffnen, bevor sich die proggige Landschaft vor einem auftut und Martins angenehme Stimme einsetzt. Stimmlich liegt er irgendwo zwischen Paul McCartney, Mike Batt, Al Stewart und Gerry Rafferty. 'Irgendwo zwischen' heißt, dass Martin mittlerweile für mich stimmlich als Martin erkennbar geworden ist. Das gilt übrigens auch für den kompletten Gardening Club, da sich dieses Line-up auf eine ganz eigene Art musikalisch bewegt.
Da ist auf der einen Seite natürlich die Mutter Prog Rock. Allerdings nicht in den sonst üblichen bombastischen oder akademischen Varianten, sondern – und die Prog Rock-Mutter hat ja viele Kinder – eher eine Spielweise die in Richtung Canterbury schielt. Mit Sean Drabbit und Wayne Kozak sind ja auch zwei Jazzer im Boot und die beiden steuern aus ihrem Metier auch diese Note bei. Eingebettet in Martins Songwriting (einzige Ausnahme ist "Wolfgate", das aus James Macphersons Feder stammt) liegt dieser leichte Jazz angenehm unaufgeregt vielen Stücken bei. Als Beispiel sei einmal "For A Moment" genannt, das vom Kontrast aus Waynes Saxofonspiel und akustischer Gitarre sowie Denises sirenenhaftem Gesang lebt.
Daneben finden sich aber auch viele kleinere Ausflüge in klassische Gefilde, was hauptsächlich an Piano, Geige und akustischem Saitenspiel liegt. Aber alles bleibt immer im Rahmen und unter dem weiten Mantel Prog. "Boy On A Bike" ist eine dieser Perlen, die mit jedem Durchgang wachsen.
Scheint die Musik am Anfang wie ein ruhender See, in dem sich einige Wellen zart kräuseln, so erkennt man alsbald immer neue Strömungen, Wirbel und Bewegungen auf und unter der Wasseroberfläche. Diese Art des Komponierens und Musizierens – ich sagte es bereits – lässt die Handschrift des Gardening Clubs erkennbar werden. Ich hoffe, dass dieses Line-up weiterhin Bestand hat und freue mich bereits jetzt auf neues Material. Wahrlich eine musikalische Perle.
Line-up The Gardening Club:
Sean Drabbit (fretless bass)
Wayne Kozak (saxophone)
James Macpherson (drums & keyboards)
Norm Macpherson (slide guitar, electric guitar, keys, bassoon)
Martin Springett (vocals, acoustic guitar)
With:
Sari Alesh (violin)
Peter Dowse (bass guitar – #1,4,13,14)
Morry Stearns (electric piano)
Leon Torres (percussion)
Dave Wilkie (mandolin mandola, mandocello)
Denise Withnell (vocals)
Tracklist "Boy On A Bike":
- Riding The Thernal
- Ravensgate
- Elemental
- Circling
- Night Ride
- Boy On A Bike
- Elegy (For Phyllis)
- For A Moment
- The Clock
- Wolfgate
- The Brush Marks Of Heaven
- Cloudgate
- Cycling Tour
- Stitching
- Gardengate
Gesamtspielzeit: 43:44, Erscheinungsjahr: 2019
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