The Kinks / The Kinks Are The Village Green Preservation Society – 2CD-Review

Die Londoner Band The Kinks aus dem Stadtteil Muswell Hill startete im Jahr 1964 durch und hatte bereits 14 Top20- (davon stramme zwölf Top10-) Singles vorzuweisen, bevor sich der damals schon außergewöhnlich starke Hauptsongwriter Ray Davies an die Zusammenstellung eines von ihm geplanten Doppel-Albums mit dem Namen "The Kinks Are The Village Green Preservation Society" machte. Die verwendeten Tracks bzw. Aufnahmen dieser 1968 erschienenen Konzept-Scheibe gehen teilweise allerdings bereits bis Ende 1966 zurück. Davies und seine Mitmusiker (Bruder Dave Davies an der Lead-Gitarre, Pete Quaife am Bass sowie Mick Avory an den Drums) waren sehr ambitioniert und da sich die Produktion etwas hinzog, wurde 1967 zunächst die Platte "Something Else By The Kinks" veröffentlicht, die so ganz nebenbei vor absoluten Hammer-Songs wie etwa "Death Of A Clown" oder "Waterloo Sunset" (um nur mal die bekanntesten zu nennen) nur so strotzte.

Aber nicht nur deshalb gehört die Band heute neben den Rolling Stones, den Beatles, The Who und den Small Faces zu den 'Großen Fünf' der englischen Rock-Musik der sechziger Jahre. Denn was die Combo auf den 15 Tracks der hier zu besprechenden Platte (das Label Pye Records hatte sich schließlich nach längeren Auseinandersetzungen durchgesetzt und statt der Doppel-LP nur eine einzelne veröffentlicht) ablieferte, war musikalisch ganz großes Kino. Angefangen von dem beschwingten und sehr eingängigen Titeltrack, über das nachdenkliche "Do You Remember Walter?", das herrlich zwischen Melancholie und Aggression pendelnde "Johnny Thunder" (spätestens jetzt wissen wir wohl alle auch, woher ein ehemaliger New York Dolls– und The Heartbreakers-Gitarrist seinen Künstlernamen entliehen hatte) oder das mit östlichen Einflüssen spielende "Monica" – die außergewöhnlich gute Qualität des Materials zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Werk, während man bei mehrmaligem Hören immer weitere Fein- und Besonderheiten ausmachen kann.

Als Geheimwaffe hatte das Quartett im Studio zumindest für einige Stücke übrigens wieder den genialen Pianisten Nicky Hopkins im Einsatz, ohne diesen (Schande!) jemals auf dem Booklet zu erwähnen. Musikalisch bieten die Titel einen Mix aus dem klassischen Ray Davies-/Kinks-Pop/Rock und einer feinen Dosis Psychedelic, was eine bärenstarke Mischung darstellt. Die Band selbst hatte zum damaligen Zeitpunkt laut eigener Aussage zwar absolut überhaupt nichts mit Psychedelic am Hut, so ganz entziehen konnte sie sich diesem Stil aus heutiger Sicht allerdings doch nicht ganz (wie man beispielsweise bei "Big Sky" oder "Phenomenal Cat" nachvollziehen kann). Eine Nummer, die mich sogar heute in etwas… ähem… gehobenerem Alter nach wie vor aufgrund ihrer Komposition und unwiderstehlichen Gesangslinie jedes Mal dazu treibt, mir die Kleider vom Leib zu reißen, auf den Wohnzimmer-Tisch zu springen und zu tanzen oder (an schlechten Tagen) ein imginäres Mikrofon zu aktivieren und kaum an mich haltend den Ray zu machen, ist "Animal Farm". Mit einer der besten Titel nicht nur dieser Scheibe, sondern einer ganzen Ära.

Aber natürlich war das lange noch nicht alles, denn beispielsweise "Starstruck", "Phenomenal Cat" oder "Wicked Annabella" (der einzige Song der Scheibe mit Dave Davies an den Lead Vocals) leuchten auch im Jahr 2018 noch ganz hell. Zu seinem 50. Geburtstag ist "The Kinks Are The Village Green Preservation Society" in mehreren Formaten (u. a. die Deluxe Box mit fünf CDs, einer Doppel-LP, einer weiteren LP, drei Singles und Memorabilien, einem 52-seitigen Buch mit ausführlichen Liner Notes, Interviews, Fotos und speziellen Informationen) erschienen. Mir lag für diese Rezension die Doppel-CD-Version vor, der neben dem vollen Album in jeweils fantastisch klingendem Mono sowie Stereo noch insgesamt 19 Bonus Tracks hinzugefügt wurden. Diese führen von der sehr starken (eigentlich auch für das Album vorgesehene) Single "Days" über weitere für das Doppel-Album geplante, vom Label dann aber zugunsten einer einzelnen LP geopferten Tracks wie etwa "Mr. Songbird" oder "Berkley Mews".

Warum "…Village Green…" nach seinem Erscheinen der (in Ray Davies Worten) »…erolgreichste Flop aller Zeiten…« wurde, ist heutzutage aufgrund seiner großartigen musikalischen Qualität kaum noch nachvollziehbar. Einzig verständlich vielleicht wegen – und hier schließe ich mich der allgemeinen Meinung an – dem Konzept des beharrlichen Hochhaltens der alten englischen Kultur und Lebensweise, während der Rest der Musikwelt von Revolution (u. a. The Beatles), dem Teufel (u. a. die Stones), Drogen und einer neuen Lebensweise sang. Glücklicherweise übersteht Qualität meistens aber dann doch nicht nur Jahre, sondern sogar Jahrzehnte und dieses sechste Studioalbum von den Kinks gilt heute verdientermaßen als Meilenstein sowie Klassiker der englischen Rockmusik. Und das vollkommen zu Recht!

Line-up The Kinks:

Ray Davies (guitars, keyboards, harmonica, saxophone, trumpet, trombone, accordion, oboe, flute, lead vocals)
Dave Davies (lead guitars, background vocals, lead vocals – #13)
Pete Quaife (bass, background vocals)
Mick Avory (drums & percussion)

With:

Nicky Hopkins (piano)
Rasa Davies (background vocals)

Tracklist "The Kinks Are The Village…":

Geamtspielzeit: 65:46 (CD 1), 66:57 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2018 (1968)