Von Linz im schönen Österreich brachen die Mitglieder und Gefolgschaft der Band The Morricones nach Berlin auf, um dort ihr Debütalbum "Tales Of The Wasteland" einzuspielen. Anschließend dauerte es zwar noch ein bisschen, aber schließlich wurde Ende letzten Jahres mit ATS Records auch ein Label gefunden, dazu eines aus der Heimat. Und seit Anfang April dieses Jahres steht die Scheibe nun auch offiziell bei uns in den Regalen der (eigentlich gar nicht mehr bzw. nur noch selten zu findenden) Plattenläden. Eher überraschend stellt sich dann heraus, dass das Quartett einen richtig coolen Americana-/Roots-Sound auffährt und dabei sehr authentisch klingt. Der absolute Knüller dieser Platte ist das eröffnende "Dead Man Walk On". Die beginnende Gitarre führt den Hörer umgehend in die heiße Wüste Arizonas bzw. in einen Wildwest-Streifen zu einem einsamen Cowboy, der offensichtlich seelisch am Ende ist und eine bestimmte Entscheidung (nämlich seine Geliebte zu verlassen) zutiefst bereut. Bezüglich der Dramatik und in erster Linie gesanglich genial umgesetzt. Frontmann Wolf Jakobi lässt mit rauer Stimme keinen Zweifel an der inneren Zerrissenheit und tiefen Niedergeschlagenheit des Protagonisten. Gewürzt mit sehr starken Melodien schaukelt sich die Nummer (im Verlauf durch Hinzunahme von Streichern und Bläsern) in immer höhere Intensität, bis nach knapp sechseinhalb Minuten leider Schluss ist. Ganz großes Kino (zu dem es übrigens auch ein offizielles Video gibt)!
Die komplette Scheibe mutet wie eine Rückblende auf verschiedene Situationen im Leben des (modernen) einsamen Cowboys an, die mal etwas losgelöster ("Sunny Cooper"), oft aber eher melancholisch ausfallen. Irgendwann hat man das Gefühl, sich hier einen kompletten Soundtrack – zu einem Film, der nebenher in der eigenen Fantasie läuft – anzuhören. Auch "Davy Crockett" überzeugt durch klasse Songwriting und sehr starke Umsetzung der erzählten Geschichte. Auch hier sind wieder die Streicher bzw. eine Western-Fiddle mit an Bord, die den Song atmosphärisch noch verstärken. Immer wieder gehen die Melodien dermaßen gut ins Ohr, dass man zumindest die Refrains bereits sehr schnell im Langzeit-Gedächtnis abgespeichert hat. "Cheyenne Lady" fällt im Anschluss zwar etwas ab, was aber schon Jammern auf ziemlich hohem Niveau ist. Ab und an erkennt man kleine Hinweise, woher (Johnny Cash und sogar Tom Waits) die Inspirationen der Protagonisten zu kommen scheinen, was der Originalität der Österreicher aber nichts nimmt.
Kompliment übrigens auch an Wolf Jakobi, bei dessen Gesang man nur sehr selten seine europäische Herkunft feststellen kann, was natürlich sehr stark zur Authentizität beiträgt. In "Carter" sorgt im Hintergrund eine Trompete für eine fantastische dichte Atmosphäre, die mich nicht nur ein Mal auf die Repeat-Taste drücken ließ. Auch sehr cool sind das spartanisch gehaltene "Yucatan", das nochmals alle Trademarks dieses Stils ausspielende "Charles Bronson" (mit stilechtem Italo-Western-Pfeifen) und vor allem das (mit namentlich nicht genannter Partnerin) gemeinsam gesungene "Lullaby". Die Akustik-Gitarre ebnet hier den Weg zu dem lamentierenden Mann, der die Einsamkeit kaum noch ertragen kann. Die weibliche Stimme kommt dann fast schon tröstend hinzu, verstärkt auf der anderen Seite aber auch die Intensität der Seelenqualen, durch die der Protagonist geht. In einer gerechteren Welt, sprich wenn die hier gebotene Musik noch im Radio gespielt werden würde, hätte "Lobo" wohl mit die besten Chancen auf vielfache Einsätze. Sehr griffig und kompakt gehalten gefällt obendrein erneut der Refrain durch seine Eingängigkeit.
The Morricones haben mit "Tales Of The Wasteland" ein sehr starkes Debütalbum mit einem überragenden Song namens "Dead Man Walk On" vorgelegt, das sehr viel Vorfreude auf die kommenden Taten der Linzer macht. Freunde des Desert Rock, Americana und Roots Rock sollten diese Scheibe unbedingt anchecken!
Line-up The Morricones:
Wolf Jakobi (acoustic guitars, rattlesnake, lead vocals)
Chris Wiener (acoustic & electric guitars, background vocals)
Axel W. Mayr (electric bass, double bass)
Franz Gelhart (drums, bell, timpani, newspaper – #7)
Tracklist "Tales Of The Wasteland":
- Dead Man Walk On
- Sunny Cooper
- Davy Crockett
- Cheyenne Lady
- Lobo
- Carter
- Yucatan
- Chasing The Sun
- Lullaby
- Charles Bronson
Spielzeit: 50:16, Erscheinungsjahr: 2017
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