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The Perc Meets The Incredible Lovegodz / Electric Kindergarten Vol. 8, Live in Bamberg ’95– CD-Review

The Perc Meets The Incredible Lovegodz / Electric Kindergarten Vol. 8, Live in Bamberg ‘95– CD-Review

Das Leben schreibt die schönsten Geschichten. Und sie sind immer authentisch. So auch die Geschichte zu dieser Liveaufnahme aus dem Bamberger Fischerhof vom 02. Oktober 1995. Da The Perc Meets The Hidden Gentleman 1994 pausierte, dem Perc aber neues Songmaterial durch den Kopf ging, stellte er die Neuschöpfungen dem Strange Ways Records-Boss Lothar Gärtner († 2006) (mit dem er übrigens 2000 das Label Sireena gründete) vor. Lothar meinte nur »schreib weiter … «, was Tom auch tat und so entstand das erste Studialbum vom Perc, "Worldlooker".

Tom wollte natürlich auf Tour, da das Album gut angenommen wurde und mit Harry Payuta und Jochen Schoberth standen die ersten beiden Musiker für die Live-Band fest, hatten sie doch auch bereits beim Album mitgemacht. Dazu stießen dann noch der Bayreuther Keyboarder Alex Popp sowie Drummer Walt Bender von der Ax Genrich Band. Popp: da denke ich an die oberfränkische Southern Rockband Flatman und deren Basser Matthias Popp. Ob Matthias und Alex etwas miteinander zu tun haben? Aber das wäre dann wieder eine andere Geschichte.

Tom gab seiner Band den Namen The Incredible Lovegodz und ging mit ihr ein paar Wochen auf Tour. Und nun kommt wieder so eine Geschichte, vom Leben geschrieben: Tom fand die DAT-Kassette in seinem Archiv, wusste aber nicht mehr, wer sie damals aufgenommen hat. Er selbst jedenfalls nicht, aber er tat gut daran, das Material nun im Rahmen der "Electric Kindergarten"-Reihe verfügbar zu machen. Allerdings limitiert auf 500 Exemplare.

Die vier Musiker waren wohl extrem gut drauf, an diesem Herbstabend im Jahr 1995. Harry Payuta eröffnete die Show mit einem Didgeridoo-Intro bis eine schöne akustische Gitarrenpassage "I Love The Lighthouse" einläutet. Auch da brabbelt das australische Blasinstrument die ethnische Komponente in den Song. Gemächlich und psychedelisch jammen sich die vier Musiker ein und steigern sich langsam in den gewohnten Kosmos Perc’scher Musik. Payuta, Schoberth und die beiden 'Neuen' wirken wie eine alte Familie und jeder weiß, wo er hin muss.

Mit "This Moon Of Both Sides" tauchen wir endgültig in den typischen Perc-Sound ein, diesen psychedelisch, krautigen Jam mit Toms sonorem Gesang, der süchtig machenden Gitarre und einem Rhythmusgerüst, das alle Körperteile in Bewegung bringt. Hinzu kommt das berühmte Händchen für Melodie und absolut passende Tonfolgen. Immer wieder gibt es diese aufhorchen lassenden Momente, wenn zum Beispiel der Bass im "Ghostsong" zur Akustischen seine Linien zieht, oder wenn bei "Mermaid In The Rain" die Elektrische plötzlich ins Geschehen driftet.

Das alles spielt sich in einem musikalischen Rahmen ab, der – auch weil live – im Prinzip eher als ein einziges Stück und nicht getrennt zu sehen ist. "Plumcake Jesus Fantasy" ist eine feine rhythmische Nummer mit tribalen Momenten. Tempomäßig fast identisch folgt das  aufmüpfige "Hall Of Fame" mit Harrys stimmlicher Beigabe. Auch "Smalltown" bietet wieder diese schöne Kombination aus akustischer Rhythmusgitarre und fast solohaftem Bassspiel. Das Stück hat irgendwie auch einen unterschwelligen Southern-Touch. Ich komme nicht drauf, an was mich das erinnert. Auf jeden Fall ist dieser Track ein schönes Vorgeplänkel zum kommenden Monster … "Lavender Cantos".

Zu diesem fast 16-minütigem Stück großartiger Musik schrieb ich meine Meinung bereits beim Review zu Praha, dem 'Sammlerstück' vom Perc und dem Hidden Gentleman plus dem Lavender Orchestra. Dort war der "Part IV" allerdings nicht Bestandteil des "Cantos" sondern Teil von "This Moon Of Both Sides". Auch auf vorliegendem Live-Mitschnitt wird das in vier Parts aufgeteilte Stück regelrecht zelebriert. Mit Breaks an den richtigen Stellen, genug Abwechslung im Songwriting, spannendem Aufbau, instrumentalen Gewaltritten auf der einen, feinen Keyboard- und Gitarrenpassagen auf der anderen Seite sowie dem fast hypnotisierend wirkenden Gesang Toms, lässt uns "Lavender Cantos" 16 Minuten lang begeistert mitwippen.

Was für ein Glück, dass da irgendwer diese Show mitgeschnitten hat, denn dadurch bekommen wir die Gelegenheit dieses Live-Dokument so authentisch wie möglich mitzuerleben. Bei geplanten Aufnahmen, da bin ich mir sicher, wird garantiert an der einen oder anderen Stelle so gespielt oder agiert, dass die Aufnahme passt. Hier passt sie auch, aber die Musiker wussten nichts davon uns spielten einfach ihren Gig.

Und der war klasse. Bitte immer mal wieder im Archiv stöbern …


Line-up The Perc Meets The Incredible Lovegodz:

Tom 'The Perc' Redecker (vocals, acoustic guitar)

The Lovegodz:
Harry Payuta (bass, didgeridoo, backing vocals)
Jochen Schoberth (electric & acoustic guitar)
Walt Bender (drums)
Alex Popp (keyboards)

Tracklist "Electric Kindergarten Vol. 8, Live in Bamberg ’95":

  1. Welcome [The Electric Family] (3:34)
  2. I Love The Lighthouse (7:19)
  3. This Moon Of Both Sides (4:50)
  4. The Ghostsong (4:19)
  5. Where The Elk Stands (6:56)
  6. Mermaid In The Rain (6:18)
  7. Plumcake Jesus Fantasy (3:12)
  8. Hall Of Fame (2:50)
  9. Smalltown (4:28)
    The Lavender Cantos, Parts I-IV (15:45)
    Part I Vermillon Sands
    Part II Himinam Ana Airthal
    Part III Three Seven Flags On The Peak
    Part IV The Retgurn Of The Snowbird

Gesamtspielzeit: 59:34, Erscheinungsjahr: 2021 (1995)

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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