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The Radio / Live In Haldern 1985 & 1986 – CD-Review

The Radio / Live In Haldern 1985 & 1986 – CD-Review

Die Aufnahmen vom 3. Haldern Pop Festival 1986 gibt es, weil die Band auf dem gleichen Festival 1985 dermaßen überzeuge, dass man sie 1986 als Headliner ins Billing holte. Eigentlich kein Wunder, denn wer auf Events mit u. a. Mother’s Finest, Joe Cocker oder Eric Burdon  aufgetreten ist, muss schon eine gewisse Reputation haben.

The Radio sind in erster Linie Jennifer und Win Kowa. Seit 1981 besteht die Band mit dem Ehepaar Kowa als feste Komponente. Davor kennen wir Jennifer von Octopus, der Band, die sie 1973 mitgegründet hat. Und mit Octopus hatte ich Ende der Siebziger das Glück, sie im kleinen Kreis live zu erleben. Damals konnte man die Band unter Prog oder auch Krautrock verorten. Sieben Jahre später verließen Jenny sowie ihr späterer Mann Winfried (Win) Octopus, da die musikalische Richtung hin zum Deutschrock nicht mehr die ihre war.

Win Kowas musikalische Vergangenheit lag vor Octopus bei Zoom, Straight Shooter und Streetmark. Nachdem das Kapitel Octopus erledigt war, gründeten die Beiden, wie bereits erwähnt, The Radio. Meines Wissens gab es vor dieser aktuellen Veröffentlichung lediglich eine Single sowie eine Mini-LP sodass Sireena mit der Veröffentlichung von "Live In Haldern 1985 & 1986" genau das Richtige getan hat: nämlich ein weiteres Kapitel deutscher Rockmusik aufzuschlagen.

Es ist erstaunlich, wie voluminös dieses Trio zu Werke geht. Da ist natürlich erst einmal Jennifer zu nennen, der Kritiker nicht zu Unrecht eine gewaltige Stimme attestieren und sie zu den besten weiblichen Rockröhren Deutschlands zählen. Hinzu kommen Drum- und Bassspiel, die fernab ’normaler' Begleitung für Dampf sorgen. Mir persönlich wäre straighter Gitarrensound lieber, als der Einsatz eines Gitarrensynthesizers, wie von Win Kowa bevorzugt, aber man gewöhnt sich schnell daran, auch weil es dem brodelnden Gesamteindruck sowie der enormen Verve mit der das Trio agiert in keinster Weise schadet.

Gerade bei dem etwas enstpannteren "New York", um mal ein Beispiel zu nennen, sorgt der Hybrid-Klang für das richtige Feeling. Toll auch, das höchst akzentuierte Bassspiel. Ein wunderbares Stück Rock.
Die Liveaufnahmen ziegen deutlich, wie gekonnt die Frontfrau das Publikum einbindet, beziehungsweise mit ihm interagiert. Gottlob waren damals die richtigen Leute auf den Shows, sodass wir die Mitschnitte heute genießen können. 1985 war es der 1. Vorsitzende von German Rock e.V., Kurt Mitzkatis, der das Konzert aufgenommen hat und ein Jahr später sorgte Wolfgang 'Schabbach' Neumann dafür, dass die Konserve gefüllt wurde.

Zwei der 1986er Livesongs ("Hold Me" und "Red Light Sister") hat Sireena als Bonus in der Studioversion mit auf das Album gepackt. Das dritte Bonusstück, "Summertime" ist nicht als Liveversion vorhanden. Gerade bei "Hold Me" ist schön zu hören, dass die Band live nicht hinter der Studiversion hängt. Live bedient Jennifer den Bass und Romano Cunsolo  behämmert die Felle. Und sie stehen den beiden Künstlern der Studioversion in nichts nach und das sind immerhin Hellmut Hattler (Kraan) sowie Fritz Randow (Eloy, Epitaph, Victory, Sinner, Saxon).

Wenn ich neben "New York", dem radiotauglichen "Hold Me", einen dritten Track auf die vorderen Plätze einer Playlist stellen dürfte, so wäre das unbestritten "Icebox", eine Nummer die nur eine Richtung kennt: nach vorne. Hinzu kommt eine Melodie und Hooks, die einem vorkommen, als hätte man sie schon immer gekannt. Saustark! Wie übrigens auch "Harmony", ein Stück, das an die alten Octopus erinnert.

Mit dieser Veröffentlichung ist es Sireena wieder einmal gelungen, eine Lücke im Regal deutsche Rockbands zu schließen.


Line-up The Radio:

• Live:
Jennifer Kowa (vocals, bass, kezboards)
Win Kowa (guitarsynthesizer, keyboards, Moog Taurus Pedal)
Wolfgang 'Mu' (Simmons drums 1985)
Romano Cunsolo (Dynacord ADD, Simmons drums 1986)

• Studio:
Jennifer Kowa (vocals)
Win Kowa (guitarsynthesizer, keyboards)
Hellmut Hattler (bass, fretless bass)
Fritz Randow (drums)

Tracklist "Live In Haldern 1985 & 1986":

  1. Opening (Live 1986) [2:05]
  2. Dance (Live 1986) [3:45]
  3. Hold Me (Live 1986) [5:09]
  4. Red Light Sister (Live 1986) [2:25]
  5. Icebox (Live 1986) [5:10]
  6. Harmony (Live 1986) [4:03]
  7. The World Is Overcrowded (Live 1986) [3:54]
  8. Winners & Loosers (Live 1985) [4:44]
  9. Money (Live 1985) [3:41]
  10. Friendship (Live 1985) [3:02]
  11. New York (Live 1985) [5:57]
  12. Hold Me (Studio 1985) [4:18] *
  13. Red Light Sister (Studio 1985) [3:09] *
  14. Summertime (Studio 1986) [3:15] *

(* Bonustracks)

Gesamtspielzeit: 54:37, Erscheinungsjahr: 2022

 

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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