Das ist fast wie Weihnachten, man freut sich darauf, erneut ein Konzert der Red Hot Chilli Pipers aus Schottland zu erleben. Und es war auch gut, allerdings irgendwie nicht so gut wie die bisher besuchten Konzerte. Etwas war anders, und so musste ich darüber erst einmal nachdenken, später mehr dazu.
Dann zunächst einige Fakten zur Show: In diesem Jahr feierte die Band ihr fünfzehntes Bandjubiläum und konnte letztlich ihre wahrscheinliche Einzelstellung als Vertreter des Bag Rocks unter Beweis stellen. Auf dem Fundament von Gitarre, Bass und Schlagzeug, unterstützt von Keyboards und Perkussion, waren es drei Dudelsackspieler, die diese besondere schottische Klangfarbe einbrachten. Leider hat man offensichtlich versäumt, intensiver auf dieses Jubiläum einzugehen, es wurde lediglich beiläufig erwähnt.
Ja, es schon sehr eindrucksvoll, wenn sich diese Elemente von Folk und Rock zu einem individuellen Gesamtsound vereinen, der den Saal erbeben lässt und Gänsehaut verursachen kann. Mit solchen kraftvollen Auftritten hätten die Schotten in alten Zeiten sicher noch mehr englische Feinde vertreiben können. Und so flog der mächtige Klang der Dudelsäcke imposant durch den Saal des Pumpwerks. Noch immer sind es die interessanten Bearbeitungen bekannter Rock- und Pop-Klassiker, die so manchen ins Staunen versetzen, dass man so etwas überhaupt mit Dudelsäcken hinbekommen kann, gerade aufgrund ihres eingeschränkten Tonumfangs. Zu Beginn ein spätes Stück von ZZ Top, "Gimme All Your Lovin'", später ein angedeutetes "Smoke On The Water", "Chasing Cars" (Coldplay) in romantischem Gewand, "We Will Rock You", "Eye Of The Tiger" usw..
Erneut musste ich feststellen, dass der Sound noch ein wenig härter geworden ist und die Rockelemente zugenommen haben. Und das ist sogleich die Überleitung zu dem, was mir an dem Abend im Vergleich zum letzten und zu den vorherigen Konzerten (2011 und 2010) fehlte. Es war schade, dass schottische Traditionals immer mehr an Boden verloren haben. So gab es dieses Mal kein "Amazing Grace", kein "Dark Island", kein "Hills Of Argyll". Lediglich "Highland Cathedral" – und das wurde auch noch von zwei Deutschen komponiert – sowie ganz zum Schluss des Konzerts im Zugabeteil die individuelle Version von "Auld Lang Syne", das sich im Tempo ständig steigerte, waren die Ausnahmen.
Sehr bedauert habe ich das Fehlen des Pipers Kevin MacDonald, war er doch jener Musiker, der irgendwie die Fäden in der Hand zu halten schien, sei es seine Moderation, sei es sein Wirken in einer Art Chefrolle, die anscheinend auch Auswirkung auf die ansonsten wesentlich besser funktionierende Choreografie hatte, und überhaupt seine ganz spezielle Art, auch das Publikum mitzureißen und einzubinden. Dieses reduzierte sich dieses mal lediglich darauf, gelegentlich die Hände in die Luft zu heben oder zusammen mit der Band in die Luft zu hüpfen. Die im Übrigen durch den Piper Willie Armstrong ausgeübte Moderation war leider nicht ganz so engagiert und litt darunter, dass sein absolut harter schottischer Akzent wohl nur von Wenigen verstanden wurde.
Ferner war die Abmischung des Sounds größtenteils nicht gelungen, verschmolzen die Pipes mit Gitarre und Keyboards leider oft zu einem Klangbrei, der die Instrumente nicht mehr klar orten ließ. Die bislang bekannten "Competitions" fehlten in der Art und Weise, wie sie sonst geboten wurden.Lediglich ganz kurz lieferten sich Pipes und Gitarre ein kleines Duell, sodass als Höhepunkt dieser Art schließlich der Schlagabtausch zwischen dem Schlagzeuger Black und dem Snare-Drummer Cassidy übrig blieb, das jedoch auf sehr imposante und imponierende Weise. Cassidy ging ohnehin der Ruf voraus, letztlich der Sieger sein zu müssen, ist er doch amtierender '2016 World Drumming Champion' und achtmaliger 'World Solo Champion'.
Es schienen einige Gründe dafür vorzuliegen, dass die erwartete Spielfreude der Band ein wenig kürzer trat und sich dieses insgesamt nicht nur auf die Stimmung von Band und Publikum, sondern auch untereinander auszuwirken schien. So blieb letztlich der Eindruck einer im Kern mit Gitarre, Bass und Schlagzeug besetzten, gut funktionierenden Grundformation auf kraftvoller Rockbasis, mit Ausschmückungen durch das Keyboard, Anreicherung durch perkussive Elemente und darüber hinaus das Piper-Dreiergespann, welches letztlich den typischen Sound der Band ausmacht.
Für Neueinsteiger dieser Band wird das alles nicht relevant gewesen sein, dürften Jene dennoch einen beschwingten und erfrischenden Abend erlebt haben. Im Übrigen mein Dank an Reent Fröhlich vom Pumpwerk-Team für die problemlose Akkreditierung.
Line-up The Red Hot Chilli Pipers:
Willie Armstrong (bagpipes)
Gordon 'Dougie' McCance (bagpipes)
Harry Richards (bagpipes)
Michael Berrick (guitar)
Alan McGeoch (electric bass)
Chris Pugh (keyboards)
Steven James Black (drums, percussion)
Grant Cassidy (snare drum, percussion)
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