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The Shrine / Freak Valley 2016 – LP-Review

The Shrine / Freak Valley 2016

Wer seinen Energiespeicher mal wieder aufladen mag, sollte vielleicht auf diesen Live-Mitschnitt des Konzerts beim Freak Valley Festival 2016 von The Shrine zurückgreifen. Es wird ein hoch explosives Unternehmen und für alle diejenigen ein Spaß, die Musik zwischen Heavy Rock, Metal, Punk und Garage gerne mögen. Ich rate aber, den Gürtel ein wenig enger zu schnallen, da kommt ein Hurricane der Stufe 5 aus dem beschaulichen Kalifornien über uns. Da wird die Karibik blass, kommen die Dinger doch sonst meist von dort her, oder?

The Shrine sind seit zwölf Jahren aktiv und sollen sich einst auf einer Party aufgrund einer Thin Lizzy-Platte entschlossen haben, eine Band zu gründen. Sagt eine prominenten Internetseite. Cool, es könnte schlechtere Anlässe geben. Die musikalischen Extraktionen gehen aber eher auf andere Wurzeln zurück. Black Sabbath lassen als erste grüßen, wenn mein ehemaliger Kollege Fröhmer kaum seine Ansage beendet hat und ihm die schwarzen Riffs gleich mal um die Ohren fliegen.
Insgesamt bezieht sich die Band ausdrücklich auf britischen New Wave Metal der frühen Achtziger und auch auf heimische Punkvertreter. Auf deutsch gesagt, für lockere Spielereien haben die drei Jungs aus dem Sonnenstaat keinen Bock, hier gibt’s auf die Fresse – und zwar permanent.

Genau so ist dann auch der Set aufgebaut, es wird krawallig an jenem 27. Mai im Jahre 2016. Dass der Begriff 'Powertrio' hier besonders angesagt erscheint, erwähne ich nur am Rande, diese Musik macht keine Gefangenen. Wenn man den ersten Kracher verdaut hat, wartet mit "Tripping Corpse" eine komprimierte Nummer, die ein wenig Erinnerungen weckt an The Stooges oder MC5. The Machine haben letztere seinerzeit mal gecovert und da flogen die Kühe. Wenn uns das geile Intro zu "Death To Invaders" (oh, wie politisch unkorrekt!) um die Ohren knallt, hat man eher Sorge, dass die Bühne gleich davon fliegt. Die ist aber im Tal der Freaks ausgesprochen groß und gut ausgerüstet, das weiß ich noch aus eigener Erfahrungen. Der Song rockt wie eine gepimpte Dampfwalze, Heavy Rock at it’s best. Und mit "Worship" legen sie tempomäßig noch einen drauf.

Josh Landau an Gitarre und Gesang, Court Murphy an den dicken Saiten und Jeff Murray am Schlag, kreieren von der ersten Sekunde an ein einzigartiges Feuerwerk, wie ein explodierendes Elektrizitätswerk. Wüste Riffs und wilde Licks, vorangetrieben von einer entfesselten Rhythmusfraktion halten permanent die Spannung hoch. In "The Vulture" mag man fast glauben, "Purple Haze" wird von "War Pigs" beschossen. Und dass man sich den martialischen Titeln verschrieben hat, zeigt auch "Destroyers", die destruktive Energie wird überzeugend auf die Bretter gebombt.

Heiliger Strohsack, erst mal ein Bier, bevor die B-Seite auf Touren geht.

Zwischenzeitlich beschäftigt mich das Logo auf der Rückseite des Covers und ich erinnere mich gelesen zu haben, dass The Shrine sich irgendwie ein Stück weit auch immer auf die Skaterszene bezogen haben sollen – ein paar Boards prangen dort auf dem Cover. Sorry, dazu kann ich nichts sagen, diese Szene entzieht sich mir gänzlich. Aber hey, wenn es da zugeht wie hier? Welcome!

Das reflektive "Dusted And Busted" eröffnet mit mittlerem Tempo den zweiten Teil des Albums und hat am ehesten Potential auch für sensiblere Gemüter. Ein ganz klein bisschen erinnern mich die Harmonien an einen Song von The Brew, das geile kurze Gitarrensolo verstärkt diesen Eindruck nur noch. Die Jungs um Jason Barwick sind ja stilistisch genauso wenig starr wie die von The Shrine, wenn auch deutlich im Blues Rock beheimatet. Den finden wir hier nicht. Statt dessen fliegt uns ein wenig mehr Heavy Rock um die Ohren, die Audience der Freaks will schließlich unterhalten werden.

Doch dann kriegt uns die Band mit "The Duke" bei den Eiern. Der verschleppt getragene Rhythmus endet in einem Effekt beladenen Solo vom anderen Stern, die Musik dehnt und streckt uns wie ein astrales Gummiband – und floppt uns plötzlich ins Nichts. Denn genau so endet diese Wahnsinns-Nummer. Geil! Mein Lieblingssong auf dem Album.

Dass man zum Ende hin noch einmal abräumt, ist keine Erfindung von The Shrine. "Nothing Forever" ist eine äußerst punkige Metalnummer am Ende des Sets, die sich später Herrn Iommi zu erinnern scheint. Bei doomigem Background darf Josh noch einmal das Pferd von der Leine lassen. Das Tier geht durch, wie man so sagt, und die Licks nehmen hier nach einem doomigen Break mitunter fast schon ein wenig psychedelische Formen an – jetzt groovt der Headbanger mit den Psychedelikern um die Wette. Die Mischung ist absolut hirnzersetzend.

Live haben The Shrine eine Menge Erfahrung sammeln können, denn sie tourten mit den sehr geschätzten Earthless, Kadavar oder Fu Manchu. Feine Adressen, wenn es um heftige Rockmusik geht. Instrumental hauen uns die drei Jungs aus Kalifornien ein mächtiges Brett um die Ohren, gesanglich muss man die Dinge nehmen, wie sie sind. Die geile Gitarre von Josh sticht sicher heraus und das Tempo und die Intensität, die die Band allgemein und ganz besonders hier bei ihrem Konzert in Netphen auf die Bühne gebracht haben, reißen jeden mit, der sich den härten Tönen verschrieben hat. Mister Kilmister wird es gefallen, dort oben, wo immer er den Laden gerade aufmischt.


Line-up The Shrine:

Josh Landau (guitar, vocals)
Court Murphy (bass)
Jeff Murray (drums)

Tracklist "Freak Valley Festival 2016":

Side 1:

  1. Space Stepping
  2. Tripping Corpse
  3. Death To Invaders
  4. Worship
  5. The Vulture
  6. Destroyers

Side 2:

  1. Dusted And Busted
  2. Primitive Blast
  3. Savage Skulls And Nomads
  4. The Duke
  5. Nothing Forever

Gesamtspielzeit: 46:46, Erscheinungsjahr: 2019

Über den Autor

Michael Breuer

Hauptgenres: Gov´t Mule bzw. Jam Rock, Stoner und Psychedelic, manchmal Prog, gerne Blues oder Fusion

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