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The Spacious Mind / The Drifter – CD-Review

The Spacious Mind / The Drifter – CD-Review

Das geht ja gut los … Ein schmales Promoblatt mit wenigen Infos, ein Booklet ohne Angabe der Musiker, keine Bandseite und dann spuckt auch das Netz kaum etwas aus. Dabei macht bereits das Cover-Artwork mächtig neugierig. Es ist dem Science-Fiction-Film "Stalker" des sowjetischen Regisseurs Andrei Tarkowski entnommen und referiert wortlos auf Band- und Albumname.

Das lässt schon mal spannende Musik erahnen, zumal das Label Trail Records heißt. Viele Infos, wie gesagt, gibt es nicht, allerdings finden sich zumindest Namen der Musiker und ich gehe davon aus, dass wir es auch mit diesen Personen auf "The Drifter" zu tun haben: David Åkerlund (drums), David Johansson (drums and percussion), Henrik Oja (guitar, bass), Jens Unosson (keyboard, vocals), Niklas Viklund (guitar) sowie Thomas Brännström, auch an der Gitarre. Ob es weitere Musiker gibt oder gab, kann ich nicht sagen. Die Liner Notes von Wilmot Clawson sprechen zum einen davon, dass das Material auf "The Drifter" von zwei verschiedenen Line-ups, sowie aus zwei musikalischen Epochen stammt. Zum anderen sind seine Ausführungen genauso geheimnisvoll um den Brei geschrieben, dass die Fragezeichen eher mehr, statt weniger werden.

Laut schwedischer Wiki-Seite hat The Spacious Mind Dutzende von Alben in der Hinterhand und wurde 1991 von Jens Unosson gegründet. So jedenfalls das Ergebnis nach automatisierter Übersetzung. Und von einigen dieser Scheiben stammen vorliegende Aufnahmen. Abgedeckt ist der Zeitraum von 1997 bis 2005. Die Zusammenstellung beinhaltet laut Waschzettel rare Aufnahmen (so sind die beiden Live-Tracks "The Drifter" und "Spirit Roots" lediglich auf einer 50 Exemplare kleinen CDR-Ausgabe zu finden), als auch bis dato unveröffentlichtes Material. Unveröffentlicht ist wohl so zu verstehen, dass man die CDRs nicht zählt, die neu gemasterten Versionen, von denen einige aus Platzgründen etwas verkürzt sind, ebenfalls als ’noch nicht veröffentlicht' zählt.

Viele Geheimnisse also, und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, ist das Album auf 300 Exemplare limitiert. Da heißt es zuschlagen, denn die Platte ist eine Perle im Dunstkreis aus Space-, Kraut-und Psychedelic Rock. Wenn das Label Trail Records Parallelen zu Hawkwind, Pink Floyd und frühen 70er Krautbands zieht, so ist das absolut zutreffend. Dabei haben die Schweden aber zu jeder Zeit die eigene Note am Puls der Musik. Darüber hinaus schweben über den Kompositionen tranceartige Rauchschwaden.

Das Titelstück gibt es gleich zweimal: als Studio- und als Live-Version. Seltsamerweise ist der Track live fast sechs Minuten kürzer und es fehlt ihm Substanzielles: der Gesang. Gerade dieser gibt dem treibenden Space-Trance das besondere Etwas. Wenn eben dieser einsetzt erfährt die Nummer einen Wechsel vom hypnotischen Drive hin zu alten krautigen Tunes. Spontan kommen mir Novalis und Jane in den Sinn, wenngleich die Vocals bei Spacious Mind noch einen Ticken ’sanfter' daherkommen. Daher ist die Studioversion unbedingt vorzuziehen.

Mit fast 14 Minuten ist "Euphoria, Euphoria" etwa eine Minute kürzer als die Studioversion von "The Drifter" und auch rockiger. Bis auch hier per Break das Tempo herausgenommen wird und wabernde Keys spacig durch die Lüfte eiern. Gesprochene Wortfetzen durchschneiden kurz die Szenerie und die Nummer fließt weiter sphärisch durch Raum und Zeit. In den relaxten Grundrhythmus mischen sich irre Gitarrensoli und auch der Viersaiter gibt Dampf und dann ist aus dem wabernden Spacer ein stark rockendes Psychedelicstück geworden. Effekte starten "The Player In The Band", Vocals wispern sich ein. Und so langsam entwickelt sich die scheinbar strukturlose Gemengelage aus Effekten und Stimme hin zu einem sehr melodischen Song, ohne aber je die psychedelische Schiene auch nur ansatzweise zu verlassen.

Auch "Floatin' Down The River Whistlin' On A Tune" spielt im psychedelischen Orbit und zwar genau dort, wo weiland die alten Pink Floyd unterwegs waren. Noch mehr in diese Richtung geht "Spirit Roots", das außerdem mit saustarkem Wah Wah-Spiel buhlt. Der Track baut eine ähnliche Spannung auf, wie man sie von "Careful With That Axe, Eugene" aus "Ummagumma" kennt, geht aber im Gegensatz dazu nicht hin zum 'großen Finale' sondern ändert die Richtung ins Dystopische und zwar in die Ecke der leider aufgelösten Red Hill mit ihrem genialen FUNeral.

Man merkt dieser Zusammenstellung von The Spacious Mind-Nummern an, dass sie aus verschiedenen Epochen kommen und trotzdem erkennt man stets die Handschrift der Band. Die ist verschnörkelt, aber gut lesbar. The Spacious Mind ist eine Band, die es lohnt weiter erforscht, bzw. entdeckt zu werden.


Tracklist "The Drifter":

  1. The Drifter (14:49)
  2. Euphoria, Euphoria (13:54)
  3. The Player In The Band (8:31)
  4. Floatin' Down The River Whistlin' On A Tune (7:01)
  5. The Drifter [Live] (9:18)
  6. Spirit Roots [Live] (9:12)

Gesamtspielzeit: 61:10, Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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