
Seit der Bandgründung (2014) in Nashville, Tennessee sind der Frontmann Benny Carl, der Schlagzeuger Dixie Carl sowie der Gitarrist Ricky Dover Jr. bei The Tip am Start. Ein Jahr später kam dann noch der aktuelle Bassist Robert Bote an Bord und ab diesem Zeitpunkt waren die Segel endgültig gesetzt. Nach der EP "Killing It Wasted" erschien 2015 das gleichnamige Debütalbum. The Tip konzentrierte sich bei Tourneen (u. a. als Support von Buckcherry, The Darkness oder Sebastian Bach) zunächst in erster Linie auf ihr Heimatland, wo bereits im August 2016 das zweite vollständige Album, das mir nun vorliegende "Sailor’s Grave", auf die Öffentlichkeit losgelassen wurde. Nun möchten sich die vier Musiker auch Europa zur Brust nehmen und haben dafür ihrer Ansicht nach neun gute Gründe vorgelegt.
Dabei fahren die vier Amerikaner das volle Sleaze Rock-Brett auf. Jede Menge Tattoos, lange Haare, Rockerposen und auf Fotos immer schön die Zunge raus oder wahlweise mal an der Unterwäsche des Bandkumpels knabbern. Dabei teilen sie uns in einem ihrer Texte unmissverständlich mit »What you see is what you get. No, we ain’t fakin' it!« Nachdem sich der vermeintliche Türöffner "Struttin'" noch ziemlich sperrig durch meine Boxen drängte, entwickelt sich die Scheibe im weiteren Verlauf allerdings tatsächlich zu einer richtig guten Rockplatte. Feine Gitarrenriffs bestimmen die Songs, die zumeist recht simpel und geradeaus nach vorne gehalten sind. Der Bass und die Drums machen von hinten mordsmäßigen Druck und Benny Carls Stimmbänder sind so richtig schön dreckig-kaputt, passen zu diesem Stil gerade deshalb wie eine Eins. Einer der Überflieger des Albums ist "Whiskey And Coke", die wahrscheinlich schnellste Nummer auf "Sailor’s Grave". Hier wird das Gaspedal ganz kräftig bis nach ganz unten durchgetreten, wobei die Gitarre trotzdem ein paar feine Melodien hinzaubert und auch der Refrain ziemlich gut im Ohr hängen bleibt.
Ein weiteres richtig gutes Argument für die Klasse der Band ist der "Corner Bag Blues", der stilecht im Blues-/Boogie-Stil gebracht wird. Eine gute Abwechslung zu den bis dahin doch durchgehend sehr rockigen Stücken. Aber auch "Get The Fuck Out" kann durch den spürbar hohen Adrenalinpegel der Musiker punkten, da wird live auf der Bühne vermutlich so richtig Feuer unter dem Dach sein. Der das Album abschließende Titelsong beginnt getragen und ruhig, bleibt auch in diesem Tempo haften und verfügt bei der Gesangsmelodie tatsächlich über eine Seemanns-/Piraten-Charakteristik. So überraschend, wie gut. Gegen Ende wird es durch eine eingesetzte Violine sogar noch richtig dramatisch. Cool.
Okay, es hat zwar ein paar Durchläufe gedauert, aber – Ehre, wem Ehre gebürt – letzten Endes hat mich The Tip dann doch überzeugt. Der raue, ungestüme und authentische Sleaze Rock der Amerikaner kommt nicht nur zuhause richtig gut, sondern dürfte auch ein Gewinner auf jeder Party sein. So über die Maßen genial, wie die Ankündigung zum Album versprach, sind die Refrains zwar nicht ausgefallen, aber gerade das verleiht der Scheibe nochmal zusätzlichen Charme und komplementiert den raueren Umgangston des Quartetts.
Line-up The Tip:
Benny Carl (guitars, vocals)
Robert Bote (bass)
Ricky Dover Jr. (guitars)
Dixie Carl (drums)
With:
Tim Boucher (piano, organ)
Lillie Mae Rische (violin, background vocals)
Phillip Shouse (talk box)
Rudy (accordion)
Chris Lohr (additional bass)
Jennifer Friend (background vocals)
Tracklist "Sailor’s Grave":
- Struttin'
- Rock’n’Roll Heaven
- Ain’t Fakin' It
- Can You Smell The Money
- Corner Bag Blues
- Bad Karma
- Get The Fuck Out
- Whiskey And Coke
- Sailor’s Grave
Gesamtspielzeit: 36:02, Erscheinungsjahr: 2017
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