The Vibes / The World Is Yours – CD-Review

Fast, so schien es zumindest, wäre es gar nicht mehr soweit gekommen. Nach weit mehr als zehn Jahren in der Szene und vier Alben auf dem Kerbholz verstreuten sich die Wege der Musiker von der Schweizer Band The Vibes in unterschiedliche Richtungen. Soloprojekte standen an und der Hocker hinter dem Schlagzeug entwickelte sich plötzlich in eine alles andere als eine sichere Position. Tatsächlich machten Gerüchte über das Ende der Band die Runde, die sich dann aber doch als nichts weiter als heiße Luft entpuppten. Gitarrist Mojo und der Bassist Mat rauften sich nämlich wieder zusammen und fanden mit dem Drummer Hede einen sehr geeigneten neuen Partner. Nach ersten Proben, die ein gutes Feeling zurückließen, ging das Trio schließlich ins Studio, um die zehn neuen Tracks des aktuellen Albums "The World Is Yours" einzuspielen.

Stürmisch sind sie unterwegs, zweifelsfrei von der Abteilung Attacke und ganz offensichtlich auch nicht gewillt, auch nur einen Millimeter von der eingeschlagenen Richtung abzurücken. Gerockt wird geradeaus nach vorne, der neue Mann hinter der Schießbude macht jede Menge Alarm, kräftige Gitarrenpower zieht die Songs nach vorne, während der mächtige Bass das Ganze irgendwie zusammenhält. Da ist jede Menge Rock’n’Roll im Spiel, aber auch ein gutes Stück Hard Rock lässt sich nicht verleugnen, während der Opener "Love The Dark" wie ein Orkan aus den Boxen geprescht kommt. Die beiden Frontmänner teilen sich den Gesang und eine Nummer wie "Random Symphony" sticht bereits beim ersten Durchlauf dadurch heraus, dass hier mal zwei Gänge runtergeschaltet wird. Was – an diesem Punkt der Platte angekommen – aber durchaus gut tut und die Gesangslinie überzeugt ebenfalls.

Ebenfalls richtig cool kommt die bei diesem Stück eingesetzte Orgel, die auch dem Sound nochmal eine zusätzliche Dimension verpasst. Und dann gibt es – wie beispielsweise bei "Outta Time" – auch die punkige Seite der Band. Anschnallen ist angebracht, um die Geschwindigkeit zu Hause auf dem Stuhl/Hocker/Sessel einigermaßen mitgehen zu können. Mit warnenden Sirenen kündigt "The Boogeyman" sein unheilvolles Kommen an. Nicht zu Unrecht, denn auch Motörhead gaben in den Achtzigern bereits den guten Rat »Don’t boogie with the boogeyman«! Cooles Stück mit teilweise verzerrtem Gesang und Kopfschüttel-Garantie. Und dass die Eidgenossen auch der Straßensprache mächtig sind, zeigen sie mit dem nicht unbedingt Sympathien für eine gewisse Lady versprühenden "Super Cunt".

Wie es in der Ankündigung heißt, soll es sich bei "The World Is Yours" um das bisher authentischste Album der Schweizer handeln, was immer das auch bedeuten mag. Auf jeden Fall wird auf dieser Scheibe fast durchgehend gnadenlos durchgerockt, was einerseits ganz sicher seine Freunde finden wird, andererseits manchmal aber auch Gefahr läuft, etwas zu eindimensional zu wirken. Dennoch sollten Freunde des schnellen, ungezügelten Rocks mit punkigen Einflüssen mal ein Ohr riskieren. Als Anspieltipps werfe ich mal "Love The Dark", "Behind The Blue Sky", "Random Symphony" sowie den Titeltrack in die Runde, aber es gibt auch keinen Ausfall zu verzeichnen. The Vibes zeigen auf ihrer neuen Scheibe so einige Stärken, aber auch ein paar Schwächen. Daher heißt das Zauberwort in diesem Fall 'Anchecken'!

Line-up The Vibes:

Mojo (guitars, percussion, vocals)
Mat (bass, organ, blues harp, vocals)
Hede (drums)

Tracklist "The World Is Yours":

1. Love The Dark
2. Sinner’s City
3. The Boogeyman
4. Into The Light
5. Behind The Blue Sky
6. Super Cunt
7. Nowhere To Hide
8. Random Symphony
9. Outta Time
10. The World Is Yours

Gesamtspielzeit 35:46, Erscheinungsjahr: 2019