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The Warlocks / Vevey – CD-Review

The Warlocks - "Vevey" - CD-Review

Ein Geheimtipp ist die in Los Angeles angesiedelte Neo Psych-Band The Warlocks wahrlich seit langem nicht mehr. Zumindest nicht in ihrer Heimat, wo die Combo sehr viel auf dem Live-Sektor aktiv ist und auch schon eine ganze Ladung an Studioalben abgeliefert hat (die natürlich auch hier erhältlich sind). An einer Live-Scheibe war Band-Leader Bobby Hecksher dagegen nie interessiert. Mitgeschnitten wurden laut seiner Aussage zwar hunderte von Shows, die ihm aber allesamt aus dem einen oder anderen Grund nicht gefielen. Und so ließ auf der letzten Europa-Tour (2016) der Band im schweizerischen Vevey der Soundmann – wohlwissend hinsichtlich Heckshers Bedenken bzw. Lampenfieber – einfach mal so das Band mitlaufen, ohne dass zunächst irgendjemand, geschweige denn die Band, davon wusste. Der Trick funktionierte, denn sämtliche Musiker waren von den Aufnahmen begeistert.

Seit einiger Zeit ist mit "Vevey" nun also das erste Live-Album von The Warlocks erhältlich, fährt mit knapp 72 Minuten Spielzeit ein strammes Brett auf und bietet Psychedelic Jam Rock der qualitativ hochwertigen Sorte. Mit unter anderem gleich drei Gitarren sowie Keyboards wird hier ein schwer-psychedelischer Sound geboten, der neben längeren Jams aber immer auch jede Menge Gesang zu bieten hat. Die Gitarren scheinen mir durch Effektgeräte wie Flanger und Delay zu laufen und der Wah Wah-Sound ist ebenfalls kein Fremder, während die Keyboards stark zu dem spacigen und abgefahrenen Gesamtbild beitragen. Bobby Heckshers Gesang ist zwar nicht herausragend, passt aber perfekt zu dieser Mucke, während er ab und an etwas neben der Spur bzw. dem richtigen Ton zu liegen scheint. Wie die Faust aufs Auge!

Herrlich auch der Humor der Amerikaner, die der Nummer "Shake The Dope Out" doch glatt umgehend einen Titel mit dem Namen "The Dope Feels Good" folgen lassen. Da scheint jemand so ziemlich genau zu wissen, was er möchte… Aber Spaß beiseite, denn auch die beiden gerade genannten Tracks sind herrlich abgefahrene Psychedelic-Rocker. Sicherlich ist diese Live-Platte nicht unbedingt Musik für jeden Tag bzw. jede Situation, aber wenn die Gegebenheiten stimmen, dann bekommt der Hörer hier das volle Programm geboten. Der Name The Warlocks scheint auch nicht von ungefähr zu kommen, denn immerhin nannte sich keine geringere Combo als Grateful Dead genau so, bevor sie sich dann zum Namenswechsel entschied. Aber Jams hin, Psychedelic her – The Warlocks klingen anders, sie klingen härter und irgendwie im Hier und Jetzt angekommen. Psychedelic Rock für die 2010er sozusagen.

Um ehrlich zu sein, hat es doch den einen oder anderen Durchlauf gedauert, bis ich mich in den Warlocks-Kosmos eingefunden hatte. Nach und nach beginnen dann aber – zunächst fälschlicherweise als Katzengold gedeutete – Stücke wie "It’s Just Like Surgery", "Hurricane Heart Attack", "The Midnight Sun" oder "The Dope Feels Good" zu scheinen, wie die Sonne auf Oahu. Auf Anhieb noch nicht erkennbare Melodielinien, 'versteckte' Grooves und eine in wunderschöne Gesangslinien verpackte, tief empfundene Melancholie bahnen sich plötzlich den Weg in das Bewusstsein des interessierten Hörers. Es dauert zwar ein bisschen, aber war und ist es nicht bei allen großartigen Alben so, dass einem meist erst nach und nach die Erkenntnis ins Bewusstsein rieselt(e)?

Nun mag "Vevey" von The Warlocks vielleicht nicht gerade ein Album sein, das in die Dekade eingehen wird, ein richtig guter Tipp für alle Psychedelic Rock-Fans ist es aber allemal. Bitte nicht nach dem ersten Eindruck irgendwo abstellen und verstauben lassen, sondern sich vielmehr das RockTimes-Motto 'Nimm dir Zeit für gute Musik!' zu Herzen nehmen!


Line-up The Warlocks:

Bobby Hecksher (guitars, vocals)
JC Rees (guitars)
Earl V. Miller (guitars)
Corey Lee Granet (keyboards)
Chris DiPino (bass)
Jason 'Plucky' Anchondo (drums)

Tracklist "Vevey":

  1. Red Camera
  2. Isolation
  3. The Midnight Sun
  4. Dead Generation
  5. Chameleon
  6. Come Save Us
  7. Only You
  8. Shake The Dope Out
  9. The Dope Feels Good
  10. It’s Just Like Surgery
  11. Baby Blue
  12. Lonesome Bulldog
  13. Hurricane Heart Attack
  14. Caveman Rock
  15. Angry Demons
  16. Zombie Like Love

Gesamtspielzeit: 71:44, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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