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The Yardbirds / Live In Sweden 1967 – CD-Review

The Yardbirds - "Live In Sweden 1967" - CD - Review

The Yardbirds gehörten zur Speerspitze und den ganz frühen Bands der englischen Rhythm’n’Blues-Szene. Je nachdem, welchen Augenzeugen-Bericht man gerade liest (oder glaubt), waren in den frühen sechziger Jahren entweder die Rolling Stones, The Pretty Things, The Who oder eben The Yardbirds die wildeste und beste Live-Band jener Epoche. Fakt ist, dass die Gruppe um den Sänger und Frontmann Keith Relf ganz vorne mit dabei waren. Dabei hatte die Combo immer unter der Fluktuation ihrer Gitarristen zu leiden. Topper Topham, der Original-Mann an den sechs Saiten wurde schon früh von niemand geringerem als Eric Clapton ersetzt. Als Slowhand die Richtung der Band zu poppig wurde und ausstieg, nahm ein gewisser Jeff Beck seinen Platz ein. Und als der Bassist Paul Samwell-Smith 1966 ausstieg, kam Jimmy Page am Viersaiter dazu, nur um kurze Zeit später mit dem – neben Beck – zweiten Gitarristen Chris Dreja das Instrument zu tauschen. Noch im selben Jahr stieg der immer schon etwas eigenwillige Jeff Beck mitten in einer US-Tour aus und die Band agierte fortan als Quartett.

Skandinavien war immer schon ein gutes Pflaster und großer Markt für die 'Gartenvögel' und das mir nun vorliegende "Live In Sweden…" stammt von einem am 7. April 1967 in Stockholm aufgenommenen Konzert, das nicht zum ersten Mal auf den Markt gebracht wurde. Ganz eindeutig ist es nicht, aber man kann den Promozettel durchaus so verstehen, dass die hier enthaltenen – vom schwedischen Radio mitgeschnittenen – acht Tracks den kompletten Auftritt an diesem Abend darstellen. Mit knapp 27 Minuten Spielzeit ein bisschen dürftig, aber gut: andere Zeiten, andere Längen der Konzerte. Trotzdem macht dieses Live-Dokument sehr viel Spaß. Eröffnet wird es von dem mächtigen "Shapes Of Things" (das Jeff Beck übrigens auch noch einmal als Opener für sein erstes Soloalbum in Angriff nahm), gefolgt von dem nach wie vor sehr coolen "Heart Full Of Soul" und später dem starken, leider sehr kurzen "Over Under Sideways Down". Jimmy Page präsentiert sich insgesamt sehr songdienlich und – nicht negativ gemeint – zurückhaltend. Somit bleibt neben dem Gesang von Keith Relf auch jede Menge Platz für dessen Mundharmonika, die er mit Inbrunst zum Besten gibt.

Mit der Zurückhaltung ist es bei Jimmy Page allerdings bei der letzten Nummer, dem Blues-Klassiker "I’m A Man", vorbei, bei der der Engländer dann doch wesentlich mehr in den Vordergrund tritt. Interessant ist die Version von Bob Dylans "Most Likely You Go Your Way (And I’ll Go Mine), der den Briten wie auf den Leib geschrieben rüberkommt. Die größte Überraschung war für den Rezensenten jedoch das Stück "My Baby", eine dieser zeitlosen Ragovoy/Schuman-Kompositionen. Alles, was die selige Janis Joplin (drei Jahre später auf ihrem letzten Album Pearl) mal zum Besten gab, ist natürlich nahezu unmöglich zu toppen. Trotzdem legen auch die Yardbirds eine sehr coole, wenn auch nicht ganz so eindringliche Version wie die Amerikanerin, aufs Parkett. Klasse, lediglich noch übertroffen von dem abschließenden und bereits angesprochenen "I’m A Man".

Okay, "Live In Sweden 1967" von The Yardbirds muss sich zwar wegen der kurzen Spielzeit und dem immer noch nicht ganz optimalen (aber wohl bestmöglichen) Sound ein paar Punkte Abzug in der B-Note gefallen lassen, stellt aber einerseits ein supercooles Zeitdokument dar und macht – am wichtigsten überhaupt – dennoch jede Menge Spaß. Die Band existierte anschließend noch etwa 15 Monate, bevor sowohl Relf, als auch der Schlagzeuger Jim McCarty ausstiegen, um (über einen kleinen Umweg) Renaissance zu gründen, während Page und Dreja nach neuen Musikern Ausschau hielten. Letzten Endes warf auch Chris Dreja die Brocken hin und der gute Jimmy rekrutierte Robert Plant, John Bonham sowie John Paul Jones, um mit dem Bandnamen The New Yardbirds weiter zu machen. Ihren Namen änderte die Band dann aber schon sehr bald in Led Zeppelin und … der Rest ist Geschichte.


Line-up The Yardbirds:

Keith Relf (guitar, harmonica, lead vocals)
Jimmy Page (lead guitar)
Chris Dreja (bass, background vocals)
Jim McCarty (drums)

Tracklist "Live In Sweden 1967":

  1. Shapes Of Things
  2. Heart Full Of Soul
  3. Mr. You’re A Better Man Than Me
  4. Most Likely You Go Your Way (And I’ll Go Mine)
  5. Over Under Sideways Down
  6. Little Games
  7. My Baby
  8. I’m A Man

Gesamtspielzeit: 26:38, Erscheinungsjahr: 2023 (1967)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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