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The Yeddings / Way Of My Past – CD-Review

Ein Trio sorgt für Aufsehen.
Auf der Facebook-Website der Formation The Yeddings wird Berlin als Heimatstadt angegeben.
Der Band-Vorsteher Philipp Selalmazidis »[…] stammt aus Freiburg und studierte von 1999 bis 2002 Kamera an der Filmakademie Ludwigsburg. […] Von 2012 bis 2016 arbeitete er als Veranstalter in Berlin. Er gründete die Musiktanzreihe "Taktstelle", die Bands und Tänzer unterschiedlicher Genres, Länder und Philosophien zusammenbrachte. Nach 18 Veranstaltungen in Berliner Clubs, Tanzstudios und Theaterhäusern widmete er sich 2017 wieder seiner Passion der Musik. […]«
Was wird auf der Band-Website und im Informationsblatt zu "Way Of My Past" nicht alles aufgelistet. So ist zum Beispiel die Rede von »[…] Drohungen aus der Hölle, raffiniert versteckte Hinweise auf eine andere, bessere Welt. […]«
Oder: »[…] Rätselhaft berauschend und voll tiefer psychedelischer Energie. […]« Weiterhin heißt es zu den Texten und der Musik, dass »[…] The Yeddings die Grenzen von Funk, Punk und schrägem Rock […]« verformten.

Mit diesen Worten könnte die Rezension schon hier ein Ende haben.
Allerdings sollte noch Raum für die bewegenden Eindrücke des Rezensenten bleiben.
The Yeddings' "Way Of My Past" sorgt für Aufregung. The Yeddings sind definitiv kompromisslos. Bei diesem Trio, das von diversen Musikern unterstützt wird, gibt es keine Musik-Vorhersage. Gekuschelt wird bei The Yeddings woanders.
Zehn Songs fordern den Hörer. Ein Coverbild beinhaltet normalerweise einen gewissen Hinweis auf den Inhalt einer Scheibe. Bei The Yeddings ist quasi nichts normal. Als Genre werden in der Information Rock und Funk angeben. Da machen sich zeitgleich Erstaunen und Neugierde breit.

Die CD liegt im Player und nachdem man das Teil in Rotation versetzt hat, glaubt man seinen Ohren nicht.
Der furiose Funk in "Stab Me" wirkt wie ein Fön auf höchster Stufe. Gnadenlos funkt der Tieftöner. Die Gitarre rifft mit einer nicht zu greifenden Härte, der Rhythmus des Schlagzeugs treibt bedingungslos nach vorne und dann mischen sich zeitweise auch noch Bläser ein. Aus, vorbei. Zwei Minuten Funk, der einen überrollt. Ein bemerkenswerter Opener, der aufwühlt.
Nach den turbulenten Erlebnissen im ersten Track lesen sich die Spielzeiten der Songs wie Zwangsjacken. Es ist allerdings enorm, was innerhalb der Nummern passiert.

"Thommy Said" ist diesbezüglich nur unwesentlich länger.
Der Hörer spitzt die Ohren, weil Asha Khan Tabla-Sounds beisteuert. Welch eine Zutat, welch eine Erweiterung des Klang-Horizonts. The Yeddings wandern sozusagen auf einer Rasierklinge. Genialität ist eine, Wahnsinn die andere Seite.
"Light On" ist da schon eher Funk für die Massen. Auch hier wird der Tabla-Trommel-Sound perfekt integriert und das Andreas Dormann-/Jan Gropper-Gebläse ist fast schon sensationell. Überhaupt brodelt es – bis auf eine kurze Einlage – in der gesamten Nummer. Hammer!
Zum generellen Treiben singt Philipp Selalmazidis obendrein – hier und da im Sprechmodus – auch noch ganz stark.
"Run Run Run" ist eine »[…] Hommage an den amerikanischen Glamour, wie man ihn nur in Los Angeles kennt […]«
Wer von den beiden Horn-Leute hier die gedämpfte Trompete zum Einsatz bringt, ist nicht angegeben, weckt aber Erinnerungen an Miles Davis. Tabla? Bitte sehr! Richtig schön hypnotisch.

Hypnotisch ist auch das Stichwort für "Mentor".
Bei diesem Stück sollten Kopfhörer zum Einsatz kommen. Stereo ist hier quasi ein Stiefkind. Die Sounds schwirren so schön im Kopf und der Wechsel des Szenarios kurz vor Ende hin zum Perkussiven ist das Salz in der Suppe. Super!
So eine Psychedelic läuft einem nicht alle Tage über den Weg. "Someone’s Eye" fasziniert durch relaxte Dramatik. Die beiden Begriffe passen nicht zueinander? Bei The Yeddings schon.
"Raga Chaptal": »[…] Spirituelles Instrumental mit Harmonium – die Yeddings verschwinden im Orbit, dreh den Bass auf! […]«
Nein, nicht nur den Bass, sondern auch die Lautstärke, die sich während dieser Schreibe von Song zu Song erhöhte.

Mit ihrem "Way Of My Past" sind The Yeddings in einem Spartenbereich unterwegs.
Diese Rezension macht Werbung für Musik, die Grenzen unscheinbar erscheinen lässt.
The Yeddings sind bizarr, ungewöhnlich und musikalische Verführer.
Volltreffer!


Line-up The Yeddings:

Philipp Selalmazidis (vocals, guitars)
Michael Sauer (bass)
Asha Khan (drums, tabla, extra singing)

Guest Musicians:
Achim Färber (drums)
Andreas Dormann (horns)
Jan Gropper (horns)
Georg Haberstock (harmonium)
Ronel Doual (extra singing)
Imed Hamada (extra percussion)
Ole Wulfers (saw)

Tracklist "Way Of My Past":

  1. Stab Me (2:03)
  2. Thommy Said (2:26)
  3. Twilight (2:42)
  4. Light On (2:48)
  5. Say It Again (3:09)
  6. Run Run Run (2:24)
  7. Mentor (5:13)
  8. Back To Life (3:05)
  9. Someone’s Eyes (2:12)
  10. Raga Chaptal (4:28)

Gesamtspielzeit: 30:34, Erscheinungsjahr: 2019

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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