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Them Vibes / Electric Fever – CD-Review

Them Vibes - Electric Fever - CD-Review

»Dann mal ganz schnell her mit dem zweiten kompletten Album, Jungs!« hatte ich im Oktober 2015 zum Abschluss meines Reviews zu der Them Vibes-EP mit dem Namen TV geschrieben. Ein bisschen gedauert hat es jetzt aber doch noch, denn das Quintett ist nicht nur in seiner Heimat fast pausenlos auf Tour, sondern kam Anfang 2016 sogar für einen ganzen Monat nach Deutschland, Frankreich, Belgien, die Slowakei und Spanien. Wieder zurück in Nashville, Tennessee wurde anschließend keine Zeit verschwendet und sich im Studio mit dem Produzenten und Multiinstrumentalisten Bobby Holland (sowie ein paar weiteren Gästen) verbarrikadiert, um die nächste Langrille einzutüten. Im Mai diesen Jahres war es dann soweit und "Electric Fever" erhältlich. Und um mich nochmal aus meinem EP-Review zu zitieren: »Them Vibes lieben ihre eigenen Favoriten aus der Vergangenheit und zollen ihnen Tribut, ohne dabei selbst das Gesicht zu verlieren. Und die machen das so gut, dass die vorliegende Scheibe schlichtweg eine wahre Freude ist!«

Das Schöne daran ist, dass "Electric Fever" nicht nur stilistisch, sondern auch auf gleichbleibend hohem Level genau so weiter gemacht hat. Es gab einen Wechsel, da der Bassist Judd Fuller seinen Vorgänger Tim Braisted ersetzt hat, ansonsten sind alle Mann plus Frau noch mit an Bord. Gut so, denn Kontinuität im Line-up muss nicht immer negativ sein, sondern kann sich durchaus auch positiv auf eine vielbeschäftigte Combo auswirken. Da steckt jede Menge Rolling Stones drin, ein gutes Stück Roots Rock im Stil der Black Crowes und auch ein ordentlicher Teil Psychedelic der späten Sechziger sowie frühen Siebziger ist hier vertreten. Die Inspirationen der Band sind also nach wie vor jederzeit rauszuhören, was den Fünfer aber nicht davon abhält, dennoch ganz wie er selbst zu klingen. "Shoot The Messenger" eröffnet die Scheibe als cooler Rocker mit einem feinen Riff, groovigem 'Maschinenraum' und einem starken Refrain. Jaja, die Stones… beim Titelsong muss man bei dem anfänglich Falsetto-mäßigen Gesang unweigerlich an Mick Jagger (zu Zeiten von "Emotional Rescue" oder "Worried About You") denken. Der Titel überzeugt trotzdem, wenn er mir persönlich auch eine kleine Spur zu poppig geraten ist. In den USA wurde die Single dagegen bereits massenweise gedownloaded und im Radio gespielt.

Die Amerikaner haben allerdings noch viel mehr auf dem Kasten, denn mitunter geht es auch funky und sogar soulig zur Sache. Eine erfrischende Brise Psychedelic gibt es bei "Who Do You Love" auf die Ohren. Durch den locker aus der Hüfte gespielten Groove und dem sehr eingängigen Gesang einer meiner absoluten Favoriten auf "Electric Fever". Ganz hervorragend zu dieser Nummer passt auch "Sha La Loo Ya", das zwar keinen großen Psychedelic-Anteil, dafür aber einmal mehr einen ganz fetten Sechziger-Touch hat. "Out Of The Blue" ist das einzige Stück, bei dem der Gitarrist Alex Haddad die Lead Vocals übernommen hat und auch auf dieser Position macht er eine sehr gute Figur. An der Sechssaitigen sowieso und hier muss selbstverständlich genauso der Lead-Gitarrist Kyle Lewis erwähnt werden. Diese beiden ergänzen sich vortrefflich und bleiben stets songdienlich. Larry 'Brother Love' Florman ist ein sehr guter, ausdrucksstarker Sänger und die höllisch groovende Drums bedienende Lady des Quintetts heißt Sarah Tomek.

Sehr bluesig, mit einem fast schon heavy walzenden Riff drückt sich "Hangin'" durch die Boxen, während mit "Stay" eine sehr geglückte, soulige Ballade präsentiert wird. Mit "Comin' Down On You" sowie "New Religion" wird natürlich weiter herzhaft gerockt, immer wieder aufgelockert durch abgefahrene, gute Grooves im 70er Aerosmith-Stil ("Love Will Never Fade Away") oder auch dem sehr starken Abschlusssong "Waiting On The Gold". Unbedingt noch erwähnenswert und eines der Highlights dieser Platte ist "Dance All Night", das mit einem starken Akustik-Gitarren-Riff beginnt, das dann von dem starken Gesang überrollt und anschließend von einer höllisch geilen Slide-Gitarre als Pfeil ins Herz des Rock-Fans geschossen wird.

Them Vibes haben mit ihrem zweiten vollständigen Album "Electric Fever" ein verdammt starkes Stück Rockmusik vorgelegt, das vor guten Songs, guten Arrangements und insgesamt gesehen sehr guten Ideen nur so strotzt. Sicherlich haben sie das Rad nicht neu erfunden und man erkennt viele ihrer Einflüsse heraus, dennoch haben diese zwölf Tracks einen ganz eigenen Charakter entwickelt. Sie wirken frisch, fromm, fröhlich, frei aus dem Ärmel geschüttelt, was ganz sicher nicht unerheblich mit der Tatsache zu tun hat, dass jedes einzelne Stück live im Studio eingespielt wurde.

Starke Band, starkes Album, oder um es kurz zu machen: unbedingt antesten oder auch blind kaufen!


Line-up Them Vibes:

Larry 'Brother Love' Florman (percussion, lead vocals)
Alex Haddad (acoustic- & electric guitars, background vocals, lead vocals – #9)
Kyle Lewis (acoustic- & electric guitars, mandolin – #6, Hammond organ – #2,5,8, background vocals)
Judd Fuller (bass, background vocals)
Sarah Tomek (drums, congas, triangle, background vocals)

With:
Bobby Holland (percussion, tambourine, gourd, vibraslap, piano, mellotron, Wurlitzer, Hammond organ, washboard)
Kevin Nolan (Hammond organ – #4,7)
Mark Masefield (Wurlitzer & accordion – #6, Wurlitzer – #12)
Matt Nolan (percussion – #7, electric guitar – #8)
Andrew Mactaggart (lap steel – #9)
Jesse Lavigne (Hammond organ – #10)
Maggie Rose (background vocals – #2)
Suzie Mcneil (background vocals – #2, harmonica – #3)
Rebecca Lynn Howard (background vocals – #2)
Jimmy Zednik (hand claps – #2)

Tracklist "Electric Fever":

  1. Shoot The Messenger
  2. Electric Fever
  3. Love Will Never Fade Away
  4. Who Do You Love
  5. Comin' Down On You
  6. Sha La Loo Ya
  7. Dance All Night
  8. Hangin'
  9. Out Of The Blue
  10. Stay
  11. New Religion
  12. Waiting On The Gold

Gesamtspielzeit: 51:37, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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