THR33 steht ja wohl für THREE.
Warum sich eine Band selbst so benennt? Na, weil die Zahl Programm ist. THR33 sind ein Power-Trio, und was für eins. Gewöhnlich begegnet uns diese Orchesterform im Blues oder Blues Rock. Okay, ein bisschen davon werden wir in den Kompositionen auch immer wieder mal zu spüren bekommen, aber im überwiegenden Anteil warten Fusion und Progressive auf uns – in dieser Mischung sogar ziemlich einzigartig. Doch halt, ganz puristisch werden die Sounds dann doch nicht, denn Nick Steed, der Mastermind der Band, spielt den Bass mit der linken Hand auf den Tasten.
Wie sollte es allerdings verwundern, dass mir beim ersten Anhören sofort eine Band in den Sinn kam, die mich einst im Rockpalast so sehr verzaubert hat: Jack Bruce & Friends. Passt ja eigentlich ganz gut in die Zeit, da wir in den letzten Tagen und Wochen zwei der Friends im Fokus hatten, nämlich in Wolfgangs Bericht zu David Sancious mit seinem neuen Album und Clem Clempson bei seinen Colosseum-Aktivitäten. Fehlt nur noch Billy Cobham und der wird im Informationsmaterial als Referenz angegeben.
Es würde sich aber auch lohnen zu lesen, mit wem die Jungs von THR33 schon alles zusammen gespielt haben, ich hebe mal Chris Farlowe, Steve Hackett, Van Morrison, Ginger Baker und die wunderbare Sonja Kristina von Curved Air hervor.
Die Lockerheit eines funkigen Groove, verbunden mit bluesigen Verdichtungen und progressiven Spielereien – aus einem solchen Spannungsfeld kann man eine Menge Betrieb machen. Vorausgesetzt, die technischen Potentiale stehen dabei zur Verfügung. Tun sie in diesem Fall, das kann ich versprechen! "Set Me Free" setzt das gleich mal um und der Gesang erinnert ein kleines bisschen an Herrn Sting. Lässig treibende Phrasierung bringt Knie und Nackenmuskeln ins Schwingen, ein cooles Solo wächst wie ein Pilz aus der lockeren Stimmung, Nick schiebt erste, leicht verdauliche Keyboard-Sounds unter. Jazziger Rock, am Ende mit einem Hauch Southern. Wow, wo kommt das denn plötzlich her?
"Behind You" ist kurz und knapp und hat eine Menge Yes-Gene, gesanglich und instrumental! Die schöne instrumentale Meditation "Freefall" elaboriert entspannt driftend und in lockeren, jazzigen Improvisationen über das spannende Thema des freien Falls. So geschmeidig stelle ich mir den allerdings nicht vor. Obwohl ich extreme Bergtouren im Himalaya gegangen bin, wäre der freie Fall für mich die schlimmste Form des Kontrollverlusts. Ich verstehe aber genau, was Freunde dieser radikalen Spielart empfinden mögen, mir ging es beim Klettern nicht anders. So gesehen verstehe ich auch den Song.
Solche Verrenkungen muss ich mir bei "Shadows" nicht antun, dieser Song dringt in mich ein wie eine nächtliche Wanderung durch eine warme Sommernacht in der City. Aber plötzlich scheint irgendwer den Lichtschalter angestellt zu haben, denn es entwickelt sich ein krachendes Interlude wilder Gitarren-Klänge. Kann einem schon mal begegnen und es ist beruhigend, dass wir zum lässigen Drive zurückfinden. Und am Ende klingen sie ganz abrupt und kurz fast wie Queen.
Oha, und dann wieder mal ein Song übers Fressen. Da hab ich inzwischen einige Erfahrungen, hab ich doch schon Platten besprochen, die sich ausschließlich mit Sandwiches oder dem Gar-Grad von Fleisch befasst haben. Hier geht es um die im Herbst allseits beliebte Kürbis-Suppe. "Pumpkin Soup" ist ein lässig jazziger Groove, klingt bei den Keys fast wie einst damals Jimmy Smith und setzt ein extrem cooles Saiten-Solo drauf. Nick und Greg befeuern ein rhythmisches Jimmy Smith-Brake, bringen sozusagen die Kerne in die Suppe, bevor wieder die Gitarre den Pürierstab ansetzt.
Übrigens, das schöne und symbolträchtige Cover mit der gesprengten Kette, deren aufgebrochene Glieder sich in Vögel verwandeln und in einen gespenstisch schönen Sonnenuntergang über dem Meer fliegen, erinnert nicht nur an die Abschluss-Sequenz aus dem ersten "Jurassic Park"-Movie. 1980 hab ich mal ein recht ähnliches Bild im Kunst-Unterricht gemalt, als man uns das Thema 'Freiheit' vorgegeben hatte und ich zunächst recht überfordert mit dem Auftrag war.
"Hanging On" ist in vielerlei Hinsicht ein Highlight – nicht nur, weil es der längste Track auf dem Album ist. Er hat übrigens das Geräusch des Meeres und der Vögel vom Cover für uns – ach ja, und die ersten Gitarrenklänge könnten fast das Intro zu "Comfortably Numb" stellen. Nette Verwandtschaft. Nach zuletzt jazzigen Attitüden kehren wir also heim zu den Wurzeln aller Rockmusik, ein traumhaft schöner bluesiger Slow-Rock entwickelt sich mit melodischen Hooklines, sanften Keyboards, die zwischendrin auch einmal ein Solo bekommen und vor allem einer Solo-Gitarre, wie sie einst ein Alvin Lee gespielt hat. "The Bluest Blues", kennt Ihr die Nummer?
Nach der Dramatik darf ein funkig entspanntes "Freedom" den Puls beruhigen, aber mit dem Fusion getränkten und im Mittelteil wild aufschäumenden "If Only Dreams Where Like This" bekommen wir einen Cocktail erster Güte serviert und geben uns trunken den lässig dahintreibenden Sounds hin. Das hat fast schon etwas Wollüstiges. Eine letzte Reminiszenz an "Shadows" beendet diese spannende Reise raus aus den Ketten hinein in die Freiheit. Denn das ist das Leitmotiv des Albums und der optimistische Groove des Albums setzt diese Idee ausgezeichnet um.
Diese Musik macht Spaß, und zwar jede Menge. Hier und da streift ein verträumtes Pink Floyd-Thema vorbei, gelegentlich darf man sich an die Herren Beck oder Di Meola erinnern. Und immer steht ein kompaktes Gesamtkonzept drüber. Hier wird nicht nachgespielt, hier wird neu erschaffen. Angesichts der Erfahrungen der Musiker wundert es mich kein bisschen, dass hier etwas Außergewöhnliches entstanden ist. Geiler Jazz-Rock, der oft gar nicht jazzt, sondern bluest und gerne auch mal Prog ist. That’s My Mule!
Line-up THR33:
Nick Steed (keyboards, lead vocals)
Peter Mason (guitar, vocals)
Greg Morgan (drums, vocals)
Tracklist "THR33":
- Set Me Free
- Behind You
- Freefall
- Shadows
- Pumpkin Soup
- Hanging On
- Freedom
- If Only Dreams Where Like This
- Shadows (Reprise)
Gesamtspielzeit: 48:41, Erscheinungsjahr: 2020
1 Kommentar
Peter
10. Januar 2021 um 12:33 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Thanks for the review
This band is great