Nach einem Griff in mein Plattenregal ist mir ein Album wieder mal in die Hände gelangt, das ich schon lange kenne und eigentlich nur zwei Songs davon regelmäßig höre.
Es geht um die deutsche Band Topas und deren gleichnamigem Album. Dass hier eine interessante Geschichte dahintersteckt, habe ich jetzt erst erkannt und diese möchte ich euch auf .rt. vorstellen.
Es ist wahrlich ein Phänomen; nie richtig bekannt geworden und in Musikerkreisen ein beliebtes Sammlerobjekt. Komischerweise liefen vor allem zwei Songs dieser Platte Ende der 80er, Anfang den 90er in den hiesigen ländlichen Rockdiscos – dank der CD-Compilation "Munich City Nights", die vor allem auf den Plattenflohmärkten damals unter den Tisch verkauft wurde.
Dadurch wurde dieses Vinyl sehr rar und teuer, bevor das Album 1992 erstmal offiziell auf CD gepresst wurde. Man findet auch nicht viele Infos über dieses Album und dieses Projekt, was es im Grunde war. Organisator und Gründer war der Musiker Dieter Brandt, der aus der deutschen Schlager- und Chanson-Ecke kam und Anfang der 70er kleinere Erfolge mit Alpha & Omega hatte. Später komponierte und schrieb er Songs für andere und eben auch für sich selbst. Langsam kam die Idee auf, diese aufzunehmen und Mitmusiker für eine Band zu suchen. Dazu holte er Frithjof Landvogt, Siegfried Miensok und Rolf Oppermann ins Boot. Einzig über Oppermann hab ich was Brauchbares bei der Recherche gefunden und zwar ist er Autor von vielen Notenbüchern – hauptsächlich für Querflöte und Co.!
Durch die Arbeit in der Schlagerbranche kannte Dieter viele Studiomusiker die er zusätzlich zu den einzelnen Nummern verpflichtete. Darunter die wohl bekannteren Michael Cretu, Brad Howell (die Original Stimme von Milli Vanilli), Schlagzeuger Jürgen Zöller (BAP, Wolf Maahn, Supermax) oder Gitarrist Johan Daansen.
Nun zu der Musik, die arg in die Sparte Bombast Classic Rock passt und das wird gleich kraftvoll untermauert mit dem fetzigen "Hurricane". Ein Gitarrenthema das hervorprescht und dem Song einen fetten Stempel aufdrückt. Mit eingängigem Refrain verbunden, treibt ein orkanhafter Percussion-Rhythmus den Hurrikan voran, der in der Mitte des Tracks seinen Höhepunkt hat. Ein richtig starker Opener. Hier hört man bereits die Stärke von Dieter Brandt, der eine ganz starke Ader hat, melodiöses Songwriting zu praktizieren – egal wie schnell und rau es instrumental auch zugeht. Ruhiger, aber dafür bombastischer präsentiert sich der nächste Kracher, der kompositorisch an Mike Batt erinnert. Von einer akustischen Gitarre getragen, nimmt einem ein himmlischer, mehrstimmiger Gesang in "Coast To Coast" mit auf die Reise. Cinematisch kommen einem verschiedene Küstenbilder in dem Sinn, wenn der Refrain zum Träumen einlädt und man zu dieser schönen Melodie dahinschwebt. Hier ist man ganz weit in der Südsee unterwegs, nicht zuletzt dank dem Übergang zu "Days Of Summer" mit Meeresrauschen und Möwengekreische. Man gleitet gechillt dahin.
Jetzt erst wird begrüßt und wenn man schon dabei ist auch gleich verabschiedet. "Hello And Goodbye" – da kommt die Erfahrung im Schlager-Pop Business durch. Glasklar produziert mit einer beatleesken Struktur und Wiedererkennungsgarantie.
Auf Seite zwei des Vinyls kommen wir zu dem "Train To An Island". Kompositorisch ein Meisterwerk, wie ich finde. Gleich der Einstig mit einem griffigen Gitarren-Riff das loslegt wie eine damalige Schnelllokomotive. Es kommt einem vor, als wenn man selber Passagier ist und aus dem Fenster die Landschaft an sich vorbeiziehen sieht. Stimmig der Gesang mit einem fordernden Refrain. Immer wieder diese treibende, verzerrte Akkordfolge … bis ein Break einsetzt, der sich anfühlt wie eine Einfahrt in eine andere, verträumte Welt in die man eintaucht. Himmlische Klänge mit einer Flöte hervorgerufen und einem sich langsam steigernden, brillanten Gitarrensolo, das sich in das vorherige Thema hineinspielt, so als wenn der Zug aus dem Tunnel wieder herausfährt, um nach einiger Zeit gemütlich mit einer Saxofon-Untermalung in den Zielbahnhof auf der Insel einzufahren.Dagegen sind die folgenden Nummern eher ruhiger Aufguss im sanften, poppig rockigen Gewand, obwohl nicht von schlechter Qualität. Den Schluss macht der lustige "Lemon Boy", mit rockiger guten Laune gespielt und gesungen.
Ein rundum nahezu perfektes Album, von der ersten bis zur letzten Minute an durchgedacht.
Topas hat dieses Album via Polydor sehr professionell in den Europasound Studios aufgenommen. Auf der Vinyl-Pressung hört man einen feinen warmen, rundum kräftigen Sound, den man audiophil nennen kann. Kompositorisch, instrumentell und songwriterisch auf hohem Niveau sowie mit einem guten Schuss Ohrwurmgarantie versehen. Die Gastmusiker sind ein Who is Who der damaligen deutschen Studiomusiker Szene, die bestimmt froh waren bei einer vernünftigen Produktion dabei gewesen zu sein. Der bekannteste hier ist wohl Michael Cretu, der das Popstimmchen Sandra zu Welterfolg geführt und das Projekt Enigma gegründet hat, oder Johann Daansen – DER deutsche Studiogitarrist, der bei etlichen bekannten Aufnahmen, ob z. B. Far Corporation, Epsilon, Wolfgang Ambros oder aktuell bei Helene Fischer, dabei war.
Es gab von Topas nur das eine Album. Der Erfolg blieb vollkommen aus; in der Menge der aufkommenden Neue Deutschen Welle ging es komplett unter. Die Band bestand nicht mal ein Jahr, bis auf ein paar Liveauftritte ergab sich nichts. Der eigentlich begnadeter Songwriter und Musiker Dieter Brandt erhoffte sich anscheinend bei dieser hohen Qualität mehr Erfolg. Dies verkraftete er nicht richtig, dümpelte zwar noch in der Musikszene herum, aber mehr auch nicht. 1991 nahm er sich das Leben.
Zurück bleibt uns nur dieses wunderbare Stück Musik, das ich euch vom ganzen Herzen nahelegen möchte.
Line-up Topas:
Dieter Brandt (vocals, guitar)
Frithjof Landvogt
Siegfried Miensok
Rolf Oppermann
Gastmusiker:
Johan Daansen (guitar)
Richard Kersten (guitar)
Nick Paine (guitar)
Reinhard Besser (bass)
Hartmut Pfannmüller (drums, percussion)
Jürgen Zöller (percussion)
Brad Howell (percussion)
Christian Kolonovits (keyboards)
Dieter Kolb (keyboards)
Michael Cretu (keyboards)
Stefan Gleitsmann (oboe)
Christian Felke (flute)
Peter Drischel (saxophone)
Helmut Henne (tuba)
Manfred Schüssler (bouzouki)
Thomas Von Janonski (accordion)
Tracklist "Topas":
- Hurricane (4:15)
- From Coast To Coast (4:30)
- Days Of Summer (4:45)
- Hello And Goodbye (4:36)
- Train To An Island (6:10)
- Burning River (3:11)
- Alasca (4:14)
- Lemon Boy (3:53 )
Gesamtspielzeit: 35:35, Erscheinungsjahr: 1980
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