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Treptow / Besser selbst als gar nicht – CD-Review

Treptow/Besser selbst als gar nicht

Mit "Besser selbst als gar nicht" ist das Debütalbum der Berliner Band Treptow überschrieben. Ein philosophisch klingender Titel, der auf den ersten Blick nach intellektuellem Anspruch anmutet. Doch weit gefehlt, denn die Textbotschaften des Trios sind klar und schnörkellos.

Kantiger Liedermacherrock unter rauer Oberfläche, so beschreiben die drei Musiker selbst ihren Antrieb und nennen die frühen Bob Dylan, Johnny Cash und andere Ikonen mit deren Minimalismus als Vorbilder. Weniger ist mehr. Reduktion statt Überfluss. »Die Schönheit im Simplen« begründen es Philipp Taubert, Simon Schulte-Werning und Lukas Lindner und legen mit "Besser als gar nicht" ein Album auf, das mit einer Spieldauer von 33:57 Minuten vergleichsweise kurz geraten ist, dennoch zehn Stücke umfasst, die geradezu einen sympathischen Anstrich haben, weil sie musikalisch abwechslungsreich sind und dabei jede Menge Gute-Laune-Stücke ("In meinen Augen bist Du schön", "Licht der Stadt", "Mit Dir find ich für immer nicht mehr schlimm", "Wolken", "Fräulein Fuchs") beinhalten, ohne dabei nur eine Spur oberflächlich zu klingen. Nur sporadisch klingt etwas Wehmut an ("Leg Dich heut Nacht mit zu mir", "Eines Tages sind wir Vögel"). Country-Rhythmen treffen auf Chanson, Singer/Songwriter-Intimität auf Blues-Rock.

Treptow bescheren uns mit ihrem Album ein in Musik gegossenes Poesiealbum. Musikalisch ist das Werk sehr ausgewogen, die Produktion lässt kaum den Schluss zu, als seien insgesamt nur drei Mann am Werk. Die Kompositionen stammen alle aus kollektiver Arbeit, die Texte steuerte Sänger Philipp Taubert bei.

In "Besser selbst als gar nicht" steckt zudem jede Menge Lokalkolorit, dem die Band noch etwas draufsetzt: Wer im Internet den Begriff des Berliner Viertels Treptow eingibt, landet sofort auf der Webseite der Band. In der Heimat der Musiker liegt außerdem ein aus der Zeit gefallenes Studioschiff,  auf dem sich die Künstler regelmäßig einschließen. Hier am Spreeufer entstand auch das Debütalbum, das eine tadellose Empfehlung für Liebhaber des anspruchsvollen Deutsch Rock ist, dies nicht nur im Hinblick auf die anstehenden Fest- und Geschenktage.

Mich erinnern die Texte immer wieder an die Potsdamer Band Keimzeit. »Es war unser Ziel, eine Platte aufzunehmen, die wir in zwei oder drei Jahren immer noch hören wollen«, erklärt Philipp Taubert. Diesen Satz kann ich nach mehrmaligem Anhören der Platte nur unterschreiben. Dabei hat die zweite Singe-Auskopplung, "Licht der Stadt", durchaus Hitpotential und könnte für meine Begriffe im Radio gut bestehen.

Treptow ist eine phantastische Neuentdeckung mit Überraschungspotenzial. Man braucht die Jungs gar nicht persönlich zu kennen, um sie sympathisch zu finden, dafür sorgt allein das Klangerlebnis. Ihre Spielfreude macht Spaß und animiert, immer wieder die CD neu zu starten.
Anspieltipp: "Oh Evelyn", "Licht der Stadt".

 

»Wir atmen Wolken in die Luft voll tollkühnem Genuss
und leeren Tagen
und pusten wilde Bilder aus unseren Köpfen,
wenn wir uns malen
ein Federstrich sind deine Lippen, die mich küssen,
mich Verrückten, doch nichts sagen
und jeden Abend liegt die Welt, wie wir sie beide kennen,
in deinen Armen…«
(aus "Wolken")


Line-up Treptow:

Philipp Taubert (Gesang, Mundharmonika, Gitarre)
Simon Schulte-Werning (Bass, Gitarre, Harmoniegesang)
Lukas Lindner (Schlagzeug, Perkussion, Harmoniegesang)

Gast:
Annemarie Brüntjen (Harmoniegesang)

Tracklist "Besser selbst als gar nicht":

  1. In meinen Augen bist du schön (2:39)
  2. Licht der Stadt (3:18)
  3. Leg dich heut Nacht mit zu mir (3:48)
  4. Mit dir find ich für immer nicht mehr schlimm (3:18)
  5. April  (3:21)
  6. Eines Tages sind wir Vögel  (5:00)
  7. Wolken (3:07)
  8. Fräulein Fuchs (2:40)
  9. Oh Evelyn (2:59)
  10. Schneemann  (3:47 )

Gesamtspielzeit: 33:57, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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