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Trigon / 30 Jahre Traumzeit – CD-Review

Trigon / 30 Jahre Traumzeit – CD-Review

Es ist bereits ein paar Jahre her, als die letzte Trigon-CD ins Haus flatterte. 2011 war das und das trifft sowohl auf das Jahr als auch auf den Albumnamen zu. Trigon ist aber auch keine Band, die Fließbandarbeit abliefert. Und sie sind rein instrumental. Selbst erklären sie das wie folgt:
»Andere suchen jahrelang nach der richtigen Stimme, wir haben sie in Gitarre, Bass und Schlagzeug gefunden – vor 30 Jahren.
Als das letzte Gesangsmikro eingepackt war, entdeckten wir die beseelende Kraft der Improvisation, schauten uns mit offenen Mündern an und wussten instinktiv: Dabei bleibt es.«

Das war und bleibt eine richtige Entscheidung, denn jedwedes vokale Zutun würde den Fluss der Musik wahrscheinlich über Gebühr stören; ablenken von den teils irrwitzigen Jams des Trios. Der Fokus liegt, und das soll er auch, einzig und allein auf dem Zusammenspiel der beiden Lange-Brüder Rainer (Gitarre) und Stefan (Bass) sowie dem Drummer Tihomir Lozanovski. Es ist bei Trigon allerdings keine klassische Rock-Besetzung, in der Bass und Drums Fundamente legen und der Mann am Sechssaiter Mädchen und Luftgitarristen in seinen Bann zieht. Rainers Spiel zieht selbstverständlich in den Bann, aber das unbedingt in Verbindung mit seinen kongenialen Mitstreitern.

Trigon ist sowohl personell als auch musikalisch als eine Einheit zu sehen. Zu verschmolzen sind die Einsatzgebiete der drei Instrumente. Man nennt das wohl organisch und daher kommen neben dem üblichen Star, der Gitarre (zumal ein Sänger fehlt), auch Bass und Schlagzeug zu mehr Spiel, als reine Begleitung zu liefern. Im Booklet beschreiben die drei das auch schön, denn da heißt es, dass das Album zum Teil aus »spontan gemeinsam erreichten Höhepunkten in Lieblingsjams …« besteht. Wie es der Plattenname bereits suggeriert, ist Trigon nun seit 30 Jahren auf der Reise durch einen Kosmos aus psychedelischer Kraut-Fusion. Irgendwo im Netz steht »Heavy Zen Jazz« und das trifft es ziemlich genau. Jazzige Tunes ohne allerdings für Rockohren zu sehr abgehoben zu sein, da stets diese krautigen Jam-Schwaden durchschimmern, die die Musik des Dreiers geradezu prädestiniert, um in Verlegenheitsmomenten danach zu greifen. Analog einem alten Highland-Malt, der als einziges Getränk noch passt, wenn der gute Wein oder das Frischgezapfte nicht mehr schmecken will, ist die Musik der Karlsruher genau das richtige. Die Party ist ausgelutscht, alle Kracher gespielt und die Runde am Ende. Legt man dann vorliegende Scheibe auf, wird sich langsam jeder wieder erheben, Arme und Seele baumeln lassen und in die Jams eintauchen. Kopfnicken wird sich einstellen und die Kopfreise begleiten, bis so nach und nach Leben in Füße und Luftgitarre spielende Hände kommt.

Ob man dabei eher auf treibende Fusion-Nummern steht, oder die sphärischen Momente wie zum Beispiel im genialen "Mysterious Masterplan" bevorzugt, ist eigentlich egal, denn die dreizehn Stücke auf "30 Jahre Traumzeit" wollen (zumindest für mich) als Einheit gesehen werden. Oft wirken die drei Instrumente wie Lebewesen, die miteinander agieren. Spricht da gerade noch der Bass unter dezentem Beckenstreicheln, schmeichelt sich wie aus dem Nichts die Gitarre dazu. Weitere Beispiele für gemeinsam gelebtes Musizieren auf extrem hohem Genre-Niveau ist "Rücklicht" – mit diesem faszinierenden und hypnotischen Rhythmus, den eine irre Gitarre immer wieder zwar dominant, aber stets dienlich durchbricht. Oder "Pulsar", ebenfalls mit kräftiger psychedelischer Wirkung.

Allen Tracks gemein ist eine nie überbordende Spielweise, will sagen, die Jams sind nie zu jazzig, nie zu abgehoben, nie zu einfach, nie zu kompliziert. So, als ob die Musiker genau wissen, wo sie den Hörer haben wollen. Oder besser, wie sie ihn bei der Stange halten. Im Prinzip sind die Zuhörer Teil der Jams. So schreibt Trigon auch, dass die besten musikalischen Momente vor allem auch auf der Bühne in der Interaktion mit dem Publikum entstehen.

Auf jeden Fall haben sie aus ihren vielen Live-Jams, die on stage natürlich nochmal eine ganz andere Dimension darstellen, eine schöne Zusammenstellung auf dieses Album gepackt. Klangtechnisch sorgte Eroc für adäquate Qualität und ich kann diese Musik nur wärmstens empfehlen, da sie sich wohltuend vom Üblichen abhebt, ohne je exotisch zu wirken. Man kann sie als Balsam für Kopf und Seele bezeichnen und trotzdem Luftgitarre spielen.

Wer bisschen über die Vita der Band erfahren möchte, kann unseren Artikel zum zwanzigjährigen Bandbestehen lesen.


Line-up Trigon:

Rainer Lange: Gitarre
Stefan Lange: Bass
Tihomir Lozanovski: Drums

Tracklist "30 Jahre Traumzeit":

  1. Zündfunke
  2. Das Riker-Manöver
  3. Mysterious Masterplan
  4. Moshi Moshi
  5. Rücklicht
  6. Traumzeit
  7. Karmageddon
  8. Holografischer Aderlass
  9. Der Tanga
  10. Kobaltblau
  11. Pulsar
  12. Relikte der Regenbogenschlange
  13. Skopje

Erscheinungsjahr: 2018, Gesamtspielzeit: 71:11

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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