
»Also, ich habe nicht EIN WORT verstanden!«, hörte ich mich am Ende der bereits Ende letzten Jahres erschienen CD/DVD "Live Hellfest 2017" zu meiner Lebenspartnerin sagen. Aber kein Wunder, denn schließlich singt die französische Band Trust nach wie vor in ihrer Heimatsprache, während meine Kenntnisse diesbezüglich in den vergangenen dreißig Jahren doch ziemlich böse eingerostet sind. Aber halb so wild, denn schließlich gibt es zu den Texten ja auch noch eine ordentliche Portion Musik mit dazu. Die Band Trust wurde bereits 1977 als Quartett gegründet und eine erste Single ("Prends Pas Ton Flingue" b/w "Paris By Night") erschien noch im gleichen Jahr. 1979 stand das Debütalbum in den Plattenläden, bevor 1980 dann mit der zweiten Scheibe "Repression" (noch im gleichen Jahr erschien auch eine Ausgabe mit englischen Lyrics) der große Erfolg kam. Und ja, ich kann mich erinnern, dass ich bereits damals den Song "Antisocial" kannte und ihn richtig klasse fand (ohne zu diesem Zeitpunkt die finanziellen Mittel zu haben, mir Alben kaufen zu können).
Nach der 1984 erschienenen Platte "Rock’n’Roll" gingen die Musiker im Streit auseinander, fanden sich jedoch seit 1988 immer wieder für kürzere Perioden zu Reunions zusammen. Die Chefs bzw. Köpfe der Band sind zweifellos der Sänger und Texter Bernie Bonvoisin sowie der Gitarrist und Komponist 'Nono' Krief, die sich bei den diversen Comebacks immer wieder von anderen Mitmusikern unterstützen ließen. Interessant zu erfahren ist noch, dass zu Zeiten der Einspielung der dritten Scheibe ("Marche Ou Creve", 1982) ein gewisser Nicko McBrain (u. a. Ex-Streetwalkers, Ex-Pat Travers) hinter der Schießbude saß und anschließend ein Angebot von Iron Maiden annahm. Unterdessen kam sein Vorgänger Clive Burr zu Trust, allerdings lediglich für die Studio-Aufnahmen zum nächsten Album "Trust IV" (1983). Und nun also die aktuelle Veröffentlichung "Live Hellfest 2017", auf der sich das einstige Quartett (wie schon einige Male zuvor) mit einem zweiten Gitarristen präsentiert.
Die Band hatte irgendwie immer schon einen gewissen Kult-Status, sei es, weil Frankreich nach wie vor ein Exot im Rock-Business ist, weil die Band anfangs eine richtig coole Mischung aus Hard Rock mit deutlichen Punk-Einflüssen am Start hatte oder auch, weil die ersten (mindestens drei) Alben sehr stark waren. Und auch diese 2017 entstandenen Live-Aufnahmen kommen sehr gut rüber. Selbstverständlich spielt jede Band bei großen Open Air-Konzerten ihre größten Hits bzw. ein 'Best of'-Programm und so haben sich auch Trust nicht lumpen lassen. Neben Klassikern wie "March Ou Creve", "L’Elite", "Au Nom De La Race" sowie dem unverwüstlichen "Antisocial" zockten die fünf Musiker aber mit "L’Archange" und "Democrassie" auch zwei brandneue Stücke, die sich qualitativ wie eine Eins in das restliche Programm einreihten. Diese beiden Nummern sollen dann übrigens auf einem für das laufende Jahr 2018 anstehenden brandneuen Studioalbum enthalten sein.
Bei diesem Auftritt im Jahr 2017 hatte Trust auf jeden Fall nach wie vor jede Menge Dampf im Allerwertesten. Die Stücke kommen kraftvoll, nach wie vor inspiriert und alles andere als lustlos runtergespielt. Lediglich der Erkennungs-Track "Antisocial" wird für die ersten zwei Minuten durch Ansagen und Mitsing-Spielchen ein bisschen in die Länge gezogen, was bei Livealben aber ja nicht ungewöhnlich ist. Außerdem erstreckt sich das Stück dadurch auf knappe zehn Minuten. Klasse ist natürlich auch, dass durch die beigefügte DVD mal ein visueller Eindruck von (unweigerlich) zwar ein bisschen in die Jahre gekommenen, aber nach wie vor topfitten Protagonisten gewährt wird. Als kleines Extra befindet sich auf der DVD als Bonus Track eine weitere Version von"Antisocial" gemeinsam mit der Band Anthrax, die dieser Nummer durch ihre Coverversion zum Ende der achtziger Jahre neues Leben einhauchte.
Fazit: Cooles Konzert einer nach wie vor sehr coolen Band, die nichts von ihrem Feuer verloren zu haben scheint. Die Kult-Band Trust wird ihrem sehr guten Namen auch heute noch mehr als gerecht.
Line-up Trust:
Bernie Bonvoisin (lead vocals)
Norbert 'Nono' Krief (guitars)
Ismaila 'Izo' Diop (guitars)
David Jacob (bass)
Christian Dupuy (drums)
Tracklist "Live Hellfest 2017":
- L’Archange
- Marche Ou Creve
- Fais Ou On Te Dit De Faire
- Au Nom De La Race
- Le Temps Efface Tout
- Democrassie
- Surveille Ton Look
- L’Elite
- Antisocial
- Antisocial (with Anthrax) [DVD only]
Gesamtspielzeit: 57:27 (CD), 60:00 (DVD), Erscheinungsjahr: 2017
2 Kommentare
Matthias
19. Januar 2018 um 7:58 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Also mal ganz ehrlich – so kann ich dieses Review nicht stehen lassen. Der Autor muss ein komplett anderes Konzert gesehen haben als ich…
Ich bin seit mittlerweile seit 37 Jahren absoluter Trust Fan und habe die Band auch zu ihrer Hochzeit (in den 80er Jahren) live gesehen – auf der legendären Tour 1982 im Vorprogramm von Iron Maiden. Ich bin auch im Besitz aller Trust-Alben und kann deshalb sagen dass selbst die CDs und DVDs bis zum Jahr 1988 richtig gut waren.
Danach verloren die Studioarbeiten wie die Band auch immer öfter Live zunehmend an Qualität und der musikalische Abstand zu den alten Hardrock Tagen wurde immer größer.
Der katastrophale Höhepunkt war dann die Veröffentlichungen von "13 à table"(2008) und der Live-Mitschnitt der 2009 Tour "À l’Olympia" wo sie dann sogar einen DJ dabei hatten und gar nicht mehr wie eine echte Hardrock Combo klangen.
Nun, ganz so schlecht wie da klingen sie auf der aktuellen Hellfest-Veröffentlichung nicht, allerdings auch hier sind sie live nur noch ein Schatten ihrer selbst.
Wer’s nicht glaubt soll sich mal den Rockpalast-Mitschnitt von 1982 ansehen oder den Live Mitschnitt "Paris by Night" von 1988 anhören. Dann werden die Unterschiede sehr schnell klar.
Also ich war von der CD/DVD auf alle Fälle sehr enttäuscht, denn ich hatte schon gedacht dass Trust beim Hellfest wieder zu ihrer alten Stärke und Hardrock-Power zurückfinden – war aber leider nichts damit…
Der Sound ist eher dünn (verglichen mit früher). Bonvoisin(Gesang) und Krief(Gitarre) haben erkennbar immer noch Dampf auf dem Kessel, aber der Rest der Band wirkt wie 0815-Musiker und (tut mir leid) klingt auch so. Hört und seht euch nur mal den Drummer an; mit Hardrock oder Metal hat der nichts am Hut und gegen einen alten Haudegen wie den Whitesnake Drummer Tommy Aldridge (Alter 67) sieht der keine Sonne…
Markus
19. Januar 2018 um 18:02 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Hi Matthias,
vielen Dank für deine Meinung.
Leider liegen mir nicht alle von dir aufgezählten Vergleichsmöglichkeiten vor und ganz sicher waren es auf dem Hellfest in allererster Linie Bonvoisin sowie Krief, die das Zepter in der Hand hatten bzw. die Power ausmachten. Aber kann man ein Konzert von 2017 wirklich mit einem von 1982 oder 1988 vergleichen und genau dieselbe Power erwarten? Ich glaube, bei so einem Vergleich sieht keine Band wirklich gut aus.
Aber vom Bauch, aus der Fan-Sicht gesehen, verstehe ich deine Ausführungen absolut und kann sie durchaus nachvollziehen. Für mich, als 'Nicht-Trust-Experte', ist das dennoch eine sehr gelungene Veröffentlichung.
In diesem Sinne,
Markus