«

»

Tschaika 21/16 / Prinzessin Teddymett – CD-Review

Das Universum ist unendlich.
Gilt die Grenzenlosigkeit auch für die Musik?

Was für die Musik gilt, kann auch für Gaumengenüsse Gültigkeit haben.
Neben gut bürgerlicher Küche, Gerichten aus fernen Ländern kommt man irgendwann vielleicht zu etwas Besonderem, zu Spezialitäten, die neben nicht alltäglich sind.

Tschaika 21/16 ist eine Berliner Combo, die Spezialitäten serviert.
Dabei ist ihr Lokal eher rustikal eingerichtet. Beim Betreten wirkt die lokale Atmosphäre einladend aber strahlt auch eine gewisse Kälte aus.
An jedem zweiten Tag inklusive Wochenende ist "Prinzessin Teddymett"-Day. Da stehen auf der speziell gestalteten Speisekarte fünfzehn fantasievolle umschriebene Gerichte ohne weitere Erklärung, was man sich bestellt.

Wie wäre es zum Beispiel mit "Se Inter-Lude", "Wurscht On Ze Rocks", "Keks kaputt" oder zum Abgang einen "Cafe Flagranti".
Tschaika 21/16 lässt erste die Katze aus dem Sack, wenn die Speise auf dem Metal-Tische steht. Im Kleingedruckten der Speisekarte schließlich der Warnhinweis:
Für Unpässlichkeiten wird keine Haftung übernommen.

Den kreativen Lärm auf der vorliegenden Platte verursachen der Beat-Geber Onkel (auch Meute), Tim von Rotor an der Gitarre sowie Trompeter Sören.
Eine heftig geschredderte Gitarre begegnet hyperaktiven Beats und die Sören-Trompete besorgt die scharfe Würzung der meisten Nummern. Irgendwie hat es Tschaika 21/16 geschafft, auch noch so etwas wie Keyboard-Klänge einfließen zu lassen.
Musikalische Hektik bestimmt die Atmosphäre. Hier tanzen Genie und Wahnsinn den Handbanger auf einer Rasierklinge, der kleinsten Tanzfläche der Welt. Da ist auch ein Walzer möglich.

Die mit "Ep_ …" beginnenden Titel sind nichts anders als kurzgehaltene Wortbeiträge, die durchaus erheitern. So sind sie willkommene Pausen im atemlosen Metal.
Teilweise erinnern die Texte an die Wort-Fantasien von Foyer Des Arts.
Neben der hochoktanigen Double-Bass- und Gitarren-Heftigkeit ist es immer wieder beeindruckend, wie sich Trompeter Sören in das von Hochgeschwindigkeit geprägte Treiben einbringt. Zum Metal passt irgendwie dann auch TexMex-Gebläse.

Tschaika 21/16 kennt kaum Ruhe.
Immer vorwärts, schnell, vorwärts, wie auf der Flucht vor einem bösen Geist, der die Band einfach nie erreicht.
Erholung findet in Song-Phasen statt.
Da macht der Hörer vielleicht einen Parforceritt mit. Zwischen Balkan-Horns und Alpen-Echo ist bei diesem Trio so ziemlich alles möglich.
Den Metal bringt man zeitweise auch noch in Verbindung mit experimentellen beziehungsweise psychedelischen Teilen.

Aus dem Pressetext:
»[…] Die Frage, was bei dieser personellen Besetzung rauskommen kann, ist schnell geklärt: Alles und zwar auf einmal. Mr Bungle trifft The Hirsch Effekt trifft das klassische Festspielhaus. Und alles ist todernst gemeint. […]«

Bei "Prinzessin Teddymett" trifft geschnetzeltes Metal auf filetierten Rock und flambierte Härte.
Guten Appetit!
Großes Kino der extrovertierten Art.
Wo ist das Ende des musikalischen Universums?
Tschaika 21/16 sind nahe dran.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.


Line-up Tschaika 21/16:

Onkel (drums)
Tim (guitars)
Sören (trumpet)

Tracklist "Prinzessin Teddymett":

  1. Teddymett
  2. Ep_01: Lust am Scheitern
  3. GoTTdzillas Allzweckaffe
  4. Ep_02: Jeder macht was ich will
  5. Keks kaputt
  6. Ep_03: Erika aus Amerika
  7. Cafe Flagranti
  8. EP_04: Raus aus meiner Strandmuschi!
  9. Prinzessin Ausbau’s argwöhnlische Ornithologie
  10. Ep_05: Hilfeweizen
  11. KitaHupe vs Flipper am Limit
  12. Wurscht on ze Rocks Redux
  13. Se Inter-Lude
  14. Muttie ist vom Klettergerüst gefallen
  15. Ep_06: Making Of Konzert für Streifenhörnchen & klassische Gitarre

Gesamtspielzeit: 53:15, Erscheinungsjahr: 2021

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
Über mich
Meine Seite Im Archiv
Mail: joachim(at)rocktimes.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>