Während die Zeit zwischen den Feiertagen dazu angetan ist, einmal Instrumenten, Gitarrenverstärkern oder Boxen eine Schonzeit zu verpassen, nutzte Veranstalter Markus Grau aus dem ostthüringischen Schleiz diese Schonzeit, um auf einem vergleichsweise kleinen Saal in jener Zeit ein Festival im Metal-Bereich zu organisieren, das den Fans an einem Abend drei Bands bescheren sollte. Für das Festival "UP TO 11", das im Namen dem Film "This Is Spinal Tap" entlehnt ist, standen Insanity Inc. aus dem bayerischen Kempten, Norrowon aus Stuttgart und die Metal-Legende Grave Digger auf der Bühne. Nichts überließ Markus Grau, der bereits in heimischen Gefilden mit Open Air-Veranstaltungen Erfahrungen gesammelt hatte, dem Zufall. Eineinhalb Jahre Vorbereitungszeit steckten in dem Abend, der sich im Verlauf als glücklicher Husarenstreich herausstellen sollte. Es war eine fröhliche, ausgelassene und vor allem friedliche Party, die vor Augen führte, wie gut Metal-Fans feiern können.
In Dirk Pasold, Betreiber des Wotufa-Saales in Neustadt/Orla, fand Markus Grau in unmittelbarer Nähe seines Wohn- und Arbeitsortes einen geeigneten Partner für das Festival. Dirk Pasold steht als Garant für ansprechende Veranstaltungen mit Schwerpunkt Blues und Folk. Er versteht sich ebenfalls auf das Ausrichten von Open Airs, ihm liegt aber auch das Experimentieren. Der Abend am 28. Dezember 2023 bescherte ihm jedoch keine Auszeit, denn in der gastronomischen Betreuung der Gäste war er ebenfalls stark gefragt. Ein Rest Unsicherheit beschlich den Hauptverantwortlichen trotz aller Vorarbeit. Ein freundlicher Klaps von Grave Digger-Mastermind Chris Boltendahl vor dem Soundcheck mit den Worten »Das wird schon« musste wohl das Eis geschmolzen haben. Markus Grau war zuversichtlich, alle Dämme waren gebrochen und es war bei ihm und allen Gästen nur noch kollektive Freude zu spüren. Das schließt mit ein, dass Metal-Konzerte immer in eine Art Gemeinschaftserlebnis münden, zu sehr verbündet das gemeinsame Interesse die Besucher untereinander.
Grave Digger waren für ein solches Anliegen natürlich eine sichere Bank. Das schien sonnenklar. Doch bereits das Vorprogramm sorgte dafür, dass der Begriff Festival nicht bloß als Alibi herhalten musste, sondern seinem Charakter entsprach. Den Auftakt machten Insanity Inc. Optisch nicht als klassische Metal-Band im Stile von Judas Priest, Saxon, Grave Digger & Co. auszumachen, überraschte die 2017 gegründete Melodic Metal-Band mit einer Musik, die stark an die Stilrichtung New Wave of British Heavy Metal herankam. Geschickt kombinierten sie diese Einflüsse mit anderen Genres und sorgten somit für einen äußerst vielseitigen Einstand.
Für die düsteren Klänge waren in Neustadt Norrowon zuständig. Dazu passte das zu Beginn sehr dunkle Licht. Nach und nach wichen allerdings die dunklen Klänge und das dunkle Bühnenlicht einem anderen Erscheinungsbild. Die melodischen Riffs, scheppernde Blastbeats, Gitarrensoli oder Breakdowns vereinen sich bei Norrowon zum Modern Metal. Dazu gehören gleichzeitig tiefgründige Texte. 2021 erschien das Debütalbum "Metaphysical Paradox" des Quintetts. Schubladen sind bei beiden Nachwuchsformationen ohnehin nicht gefragt. Sie hatten bei ihren Auftritten jeweils ihren eigenen Stil, der durchaus als Aufbruch für neue Spielweisen im Metal angesehen werden kann. Ohne Zweifel tat dies dem Festival gut.
Für Gitarrist Eric aus Stuttgart stand mit der 1980 gegründeten Band Grave Digger eines der musikalischen Vorbilder auf der Bühne. 500 Kilometer hatten die Schwaben von Norrowon auf dem Weg nach Neustadt auf sich genommen. Ihre Fahrt brauchten sie nicht zu bereuen. »Heavy Metal ist nicht tot. Es gibt eine große Nachfrage nach dieser Musik. Das zeigen alleine schon die vielen großen Festivals in Deutschland«, so der junge Gitarrist.
Auch die Fanseite war begeistert: »Ein wunderbare Sache. Ich bin schwer beeindruckt«, freute sich Metal-Fan Lucas Wendt aus dem nahen Wernburg über die gelungene musikalische Abwechslung in seiner Heimatregion, dem Saale-Orla-Kreis. Im Reigen der meisten Veranstalter spielten Metal-Fans trotz ihres stets friedlichen Auftretens in den vergangenen Jahren nicht die erste Geige.
Zu den erfreulichen Dingen gehörten die recht kurzen Umbaupausen. Niemandem unter den rund 600 Besuchern wurde es an irgendeiner Stelle langweilig. Grave Digger zelebrierten das, was die Band seit ihrer Gründung vor 43 Jahren auszeichnet: ungefilterten Heavy Metal. Es erklangen Titel aus allen Dekaden und kein Besucher musste sich Gedanken darüber machen, ob das gerade gespielte Lied nun aus 2023 oder doch schon aus 1984 stammte.
Spielfreude pur und erstklassiges Handwerk zeichneten die Mannen um Chris Boltendahl aus. Damit sind sie zurecht vielerorts ein Besuchermagnet mit hohen Sympathiewerten. Chris Boltendahl überzeugte mit einer Stimme, die noch immer sehr jung klingt. Der musikalische Reigen begann mit "Lawbreaker", der zweite Zugabenblock endete traditionell mit "Heavy Metal Breakdown", dem Titelsong des 1984 erschienenen Debütalbums.
Noch nichts klang bisher offiziell in Richtung Wiederholung durch. Zu frisch sind die Eindrücke. Als nebenberuflicher Veranstalter wie bei Markus Grau muss man sicherlich erst einmal alle Dinge sacken lassen. Über allem standen jedoch nach Festivalende eine große Portion Freude, Dankbarkeit und Glücksgefühle. Wer auf Metal steht, erlebte am 28. Dezember 2023 im Neustädter Wotufa-Saal so etwas wie eine Neugeburt und sah sich darin bestätigt, dass es nur ein Lebenselixier geben kann: True Metal. Diese Feststellung trifft gerade auf die Besucher zu, die lange nicht mehr ein solches Ereignis genießen konnten.
RockTimes bedankt sich bei Markus Grau und der Band Grave Digger für die Foto-Akkreditierung und bei Dirk Pasold für die wie immer gute Unterstützung.
Line-up Grave Digger:
Chris Boltendahl (vocals)
Tobias Kersting (guitar)
Jens Becker (bass)
Marcus Kniep (drums)
Insanity Inc.
Grave Digger
Bildnachweis: © 2023 | Mario Keim | RockTimes
2 Kommentare
Domi InsanityInc
17. Januar 2024 um 15:49 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Mega geil wars \m/
Danke für den coolen Bericht, schön zu lesen, dass der Abend gut beim Publikum ankam.
Grüße
Domi @ Insanity Inc.
Mario Keim
17. Januar 2024 um 19:08 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Hallo Domi @ Insanity Inc., vielen Dank an Euch für das nette Feedback. Wie ich schon schrieb, haben alle drei Bands ihren Anteil am Gelingen des Abends. Ein klasse Metal-Festival, das seinen Namen verdient. Im Nachhinein war auch der Zeitpunkt der Show gut gewählt. Ein großes Kompliment hat sich Markus Grau verdient. Musik und die gute Stimmung werden sicherlich noch lange nachwirken.
LG Mario