"UP TO 11" mit Rage – Festivalbericht, 28.12.2024, Wotufa, Neustadt/Orla

"Days Of December" heißt das gleichnamige Lied aus dem 1998er Album "XIII" von Rage. Die Tage im Dezember 2024 behielten zum Abschluss der Tour 40 Years in Rage noch einen Festivalauftritt im Wotufa-Saal im ostthüringischen Neustadt an der Orla bereit. Das Gastspiel während der zweiten Auflage des Festivals UP TO 11 war garniert mit drei gut aufgelegten Vorbands. Zusammen bescherte das Bandquartett den Festivalbesuchern einen Abend nach Maß.
Der Konzertreigen 'zwischen den Feiertagen', noch dazu an einem Samstag, ließ keine Wünsche offen.

Crystallion waren ein würdiger Festival-Opener

Vier Formationen in fünf Stunden mit einer minimalen Umbauzeit sind eine Empfehlung an die Szene. Veranstalter Markus Grau, der vor einem Jahr mit Grave Digger das Festival aus der Taufe hob, hatte bei der Neuauflage ein gutes Gespür bewiesen. Hand in Hand mit Wotufa-Pächter Dirk Pasold, zeigten beide, was im Metalbereich auch außerhalb von einwohnerstarken Zentren möglich ist.
Gerade eine halbe Stunde nach Einlassbeginn war vergangen, als Crystallion aus Bayern pünktlich auf die Minute die Bühne enterten. Mit vollem Einsatz legte das 2003 gegründete Quintett um Sänger Tony Sunclear los. Power Metal lieferte hier die passende Einstimmung auf den mehrstündigen Abend, da das Genre mit dem Hauptact später noch einmal abgerufen werden sollte. In puncto Spielfreude waren die fünf Musiker gleichauf mit Rage. Inhaltlich haben es Crystallion historische Schlachten angetan, so Tony Sunclear.

Dem 45-minütigen Auftritt schloss sich mit Tri State Corner eine faustdicke Überraschung an. Durfte man den Einsatz einer Bouzouki, baugleich einer Mandoline, zu Beginn noch als Einlage für ein einziges Lied vermuten, so setzte sich der Einsatz des Instrumentes über das komplette Set fort. Gespielt wurde es von Ioannis Maniatopoulos, dem Bruder des Sängers Vassilios 'Lucky' Maniatopoulos. Dieser ist seit 2015 im Hauptberuf Schlagzeuger bei Rage, was eine weitere Überraschung ausmachen sollte. Die vier Musiker kamen aus drei Ländern (Griechenland, Deutschland und Polen) und brachten mit ihrem als 'Bouzouki-Rock' bezeichneten Alternative Rock eine gehörige Portion Abwechslung und Internationalität mit.

Crystal Viper traten als dritte Band im Bunde auf. Sie sind eine polnische Heavy Metal-Band, gegründet 2003 von Sängerin und Bassistin Marta Gabriel. Deren Musik lehnte sich stark an den Metal der Legende Black Sabbath an. Moderationen ließ die Frontfrau bis auf eine Ausnahme aus. Es wurde stattdessen gespielt, was das Musikerherz hergab.
Es war eine Stunde vor Mitternacht, als Rage die Bühne betraten. Die meisten Fans waren wegen der 1984 in Herne gegründeten Formation nach Neustadt gekommen. Doch herrschte Einigkeit darüber, dass die drei Bands zuvor mehr als nur leichte Empfehlungen abgaben.

Rage präsentierten sich wie gewohnt: Solide wie ein Uhrwerk, melodiöser Power Metal und trotzdem gefühlt als das schnellste Trio der Welt unterwegs. Peter 'Peavy' Wagner legte jede Spur von Zurückhaltung ab, die ihn gewöhnlich auszeichnet. Er zeigte sich in überragender Form und bester Laune, sparte nicht mit Moderationen (»Danke, Danke an Euch Fans. Ohne Euch würden wir nicht hier stehen«). Gleichzeitig war es eine Freude, der Band zuzuhören und zuzusehen. Es erklangen Lieder aller vier Dekaden. Neben dem eingangs erwähnten "Days Of December" war auch "Higher Than The Sky" aus dem Album "End Of All Days" (1996) aus dem gleichen Holz geschnitzt. Lieder um die 30 Jahre alt, beim Publikum eingängig und populär wie am ersten Tag, die man kennt und die den Erfolgsweg der Band ausmachen. Insofern bleibt als Wermutstropfen einzig die Frage, warum Rage über viele Jahre nicht aus dem Schatten anderer Bands heraustreten sollten.

Es war eine Augenweide, wie 'Peavy' mit seinem Instrument umging und dabei gleichzeitig auf das Publikum fokussiert war. Der 60-jährige Rage-Sänger, der am 22. Dezember 2024 seinen runden Geburtstag hatte, als ein Meister seines Faches. Auch ihn darf man inzwischen als Legende einstufen: Hochproduktiv und kreativ mit 25 Studioalben im Gepäck und stets auf Höhe mit seinen Fans.

Bildnachweis für alle Bilder des Events: © 2024 | Mario Keim | RockTimes

Line-up Rage:

Peter 'Peavy' Wagner (bass, vocals)
Jean Bormann (guitar)
Vassilios 'Lucky' Maniatopoulos (drums)