Das hat für mich schon etwas von einem gefühlten Eintrag in das Guinness-Buch der Rekorde: Uriah Heep, die 1969 gegründete Hardrock-Band, veröffentlicht anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens die Box "50 Years In Rock". Die bei BMG Ende 2020 erschienene limitierte Sammlung enthält 23 CDs, darunter vier CDs, die von den Bandmitgliedern Mick Box, Ken Hensley, Paul Newton und Lee Kerslake kuratiert wurden. Sämtliche bis heute erschienenen Studioscheiben sowie die 1973er Live-Platte wurden dabei auf 19 CDs verteilt.
Weiterhin bietet das Set die LP "The Magician’s Birthday", die von dem renommierten Toningenieur Andy Pearce (Lou Reed und Black Sabbath) neu gemastert und von Roger Dean mit einem gestaltetem Artwork versehen wurde. Dazu gibt es zwei Kunstkarten und ein 64-seitiges Buch mit Raritäten aus dem persönlichen Archiv der Band.
RockTimes bekam die 57 Titel, die auf den vier CDs enthalten sind, im digitalen Format zur Verfügung gestellt. Folglich geht es hier nicht darum die Frage zu erörtern, ob eine Box mit 23 Tonträgern sinnvoll ist oder nicht. Das sollten Fans unter sich diskutieren. 25 Studioalben hat die Band bislang vorgelegt, davon sind allein zwischen 1970 und 1978 zwölf erschienen.
Reizvoll ist die Zusammenstellung der 57 Titel schon deshalb, weil die Auswahl von den Protagonisten selbst vorgenommen worden ist. Allen voran Mick Box, Gründungsmitglied und als Leadgitarrist bis heute aktiv. Hinzu kommt der im November verstorbene Keyboarder, Sänger und Gitarrist Ken Hensley, der bis 1980 bei Uriah Heep spielte. Schlagzeuger Lee Kerslake, von 1972 bis 1979 sowie 1982 bis 2007 langjähriges Bandmitglied und ebenfalls 2020 verstorben sowie Gründungsmitglied und Bassist Paul Newton, von 1969 bis 1971 bei Uriah Heep dabei, sind die weiteren Musiker, die ihre ganz spezielle Hitliste der britischen Formation abgegeben haben.
Authentischer kann eine solche Edition nach dem Muster "Best Of" wohl nicht sein. Insofern ist diese Zusammenstellung etwas ganz Besonderes.
Ein Phänomen sind Uriah Heep für mich in vielerlei Hinsicht: Ungeachtet der zahlreichen Musikerwechsel haben sie neben anderen Bands ein zeitloses Genre geprägt und waren vor allem im ersten Jahrzehnt kommerziell sehr erfolgreich.
Obwohl die vitale Band mit ihrem aktuellen Sänger Bernie Shaw praktisch in der Endlosschleife tourt, habe ich sie bis heute leider noch nie live gesehen. Bereits seit 1986 steht der 64-jährige kanadische Rocksänger bei Uriah Heep am Mikro.
Hinzu kommt für mich der nicht unwesentliche Aspekt, dass das Medium Radio einst für die Bekanntschaft mit der Band gesorgt hatte. Damit bin ich sicherlich nicht allein! Hard Rock und Radio? Das war wohl einmal. Letztlich sind es Lieder gewesen, die nicht in vollem Umfang für das Genre Hard Rock stehen, die aber für ihren Massengeschmack bekannt waren. Neudeutsch: Mainstream.
Da steht allen voran "Lady In Black". Das Lied mit Lagerfeuerromantik wurde erstmals 1971 auf dem Studioalbum Salisbury veröffentlicht und ist bis heute unbestritten der bekannteste Titel der Band. Damit hat man Generationen von Fans geprägt. Es gibt davon auch mehrere Veröffentlichungen mit Orchesterbegleitung, die den Wert dieses Stücks unterstreichen. Auf der vorliegenden CD ist eine Version aus 2016 (Remaster) enthalten. Kurzzeit-Bassist Paul Newton hatte es zu seinem persönlichen Favoriten erklärt. Sänger des Originals war der langmähnige Keyboarder Ken Hensley. Dessen Hammondorgel prägte lange den Klang vieler Stücke, wenngleich es Titel gab, bei denen die Gitarren deutlich den Ton angaben. Auffallend ist auch der satte Bass, der viele Lieder aus der Anfangszeit veredelte.
Das belegt die vorgelegte Auswahl der genannten Gründungsmitglieder. Beim Anhören wird schnell deutlich: Den klassischen Song bei Uriah Heep gab es nicht. Typisch war neben dem Keyboard der Satzgesang, der das Ensemble auszeichnete.
Die Auswahl zeigt außerdem, dass es vereinzelt Songs bis zu einer Länge von zehn Minuten gab, die einen besonderen Charakter besitzen, darunter das eindrucksvolle "July Morning" (10:32 Minuten) vom Album Look At Yourself.
Vergleichsweise kurze Lieder um die fünf Minuten bieten einen zum Teil beachtlichen Tempowechsel. Beim Anhören der Tracks tritt erfrischend der Charme der 1970er zutage, egal, ob das Stück noch einmal im Studio aufpoliert wurde oder nicht.
Fazit: Uriah Heep waren und sind alles andere als langweilig. Erstaunlich ist, dass es unter den 57 Titeln auf vier CDs kaum Wiederholungen bzw. Überschneidungen gibt. Für mich ein weiterer Beleg für die Vielfalt in der Musikauswahl der Briten.
Original Line-up Uriah Heep:
David Byron (vocals)
Mick Box (guitar)
Paul Newton (bass, vocals)
Alex Napier (drums)
Ken Hensley (keyboards, guitar)
Classic Line-up Uriah Heep:
David Byron (vocals)
Mick Box (guitar)
Gary Thain (bass, vocals)
Lee Kerslake (drums, vocals)
Ken Hensley (keyboards, guitar)
Present Line-up Uriah Heep:
Bernie Shaw (vocals)
Mick Box (guitar)
Davey Rimmer (bass)
Russell Gilbrock (drums, vocals)
Phil Lanzon (keyboards, vocal)
CDs 1 – 19 – "50 Years In Rock":
CD 01 – …Very 'Eavy …Very 'Umble / Salisbury
CD 02 – Look At Yourself
CD 03 – Demons And Wizards / The Magician’s Birthday
CD 04 – Sweet Freedom / Wonderworld
CD 05 – Return To Fantasy
CD 06 – High And Mighty / Firefly
CD 07 – Innocent Victim / Fallen Angel
CD 08 – Conquest
CD 09 – Abominog / Head First
CD 10 – Equator
CD 11 – Raging Silence
CD 12 – Different World
CD 13 – Sea Of Light
CD 14 – Sonic Origami
CD 15 – Wake The Sleeper
CD 16 – Live 1973
CD 17 – Into The Wild
CD 18 – Outsider
CD 19 – Living The Dream
Tracklist "50 Years In Rock (Band’s Choices)"
CD 20 – Ken Hensleys Choices:
- Paradise (2017 – Remaster)
- The Spell (2017 – Remaster)
- Weep In Silence
- Rain (2017 – Remaster)
- Circle Of Hands (2017 – Remaster)
- July Morning (2017 – Remaster)
- The Park (2016 – Remaster)
- Echoes In The Dark (2017 – Remaster)
- Misty Eyes
- Fallen Angel
- The Easy Road
- Falling In Love
- Sunrise (2017 – Remaster)
- Sweet Freedom
CD 21 – Lee Kerslakes Choices
- July Morning (2017 – Remaster)
- The Magician’s Birthday (2017 – Remaster)
- Traveller In Time (2017 – Remaster)
- Sweet Lorraine (2017 – Remaster)
- Circus
- Rainbow Demon (2017 – Remaster)
- Come Back To Me
- Shady Lady
- All My Life (2017 – Remaster)
- The Other Side Of Midnight
- Who Needs Me
- That’s The Way That It Is
- Free Me
- Stealin'
CD 22 – Mick Box' Choices
- The Park (2016 – Remaster)
- Tears In My Eyes (2017 – Remaster)
- Sweet Lorraine (2017 – Remaster)
- Circus
- Free ’n' Easy
- Woman Of The Night
- Hot Persuasion
- The Other Side Of Midnight
- Straight Through The Heart
- Cross That Line
- Love In Silence
- What Kind Of God
- Trail Of Diamonds
- The Outsider
- Falling Under Your Spell
CD 23 – Paul Newtons Choices
- Lady in Black (2016 – Remaster)
- Tales (2017 – Remaster)
- Easy Livin' (2017 – Remaster)
- Tears In My Eyes (2017 – Remaster)
- If I Had The Time
- Real Turned On (2016 – Remaster)
- Come Away Melinda (2016 – Remaster)
- What Should Be Done (2017 – Remaster)
- Why (Alternate Version)
- Sympathy
- Free ’n' Easy
- I’m Alive
- One Minute
- Grazed By Heaven
Gesamtspielzeit (4 CDs Band Choices): 280:15, Erscheinungsjahr: 2020
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