Und nun fährt die Bärenfamilie auch noch mit Automobilen! Ja, Bear Family Records widmet sich dem Thema Autofahren. Und da die Vereinigten Staaten von Amerika eigentlich das Automobil-Land Nummer Eins ist, finden wir auch dreiunddreißig Songs von US-amerikanischen Künstlern*innen.
So beschreibt man diese Kompilation auch als einen nostalgischen Rückblick auf die Zeit der großen Autos, Spritfresser mit großen Blöcken und sieben Litern oder mehr Hubraum, ein verträumtes Gegenstück zum Hier und Jetzt mit allen nötigen Einschränkungen. Die Tracks umfassen den Zeitraum von 1950 bis 1963, und bekannte Songs treffen auf verschiedene Raritäten und historische Einspielungen. Bekannte und weniger bekannte Acts geben sich von Lied zu Lied die musikalische Klinke in die Hand. "See The U.S.A. In Your Chevrolet", so startet Dinah Shore gleich mit dem ersten Song und stellt dabei noch fest: »Drive your Chevrolet through the U.S.A, America’s the greatest land of all…. « und »Life is complete in a Chevy«.
Ja, für Viele war der fahrbare Untersatz vielleicht mehr wert als die heimischen vier Wände. Und so fahren wir weiter über die Highways und Freeways, und dürfen Stars wie Gene Vincent und Jerry Lewis dabei begleiten. Aber auch der Blues war unterwegs, hier im Schein des Mondes, mit Howlin' Wolf und dem bekannten "Riding In The Moonlight". Ansonsten gibt es jede Menge nicht so bekannter Musiker*innen zu hören und kennen zu lernen, wie The Bonnevilles aus Winconsin, die einen flotten Instrumentaltitel vorlegen, vermutlich hat man sich wohl nach dem Pontiac Bonneville benannt.
Aber wir treffen auch gleich rasch auf Doo Wop mit The Premiers und The Aquatones, bevor wir auf den recht unbekannten Bobby Jackson treffen, der uns Rockabilly präsentiert, und zu seinem Gesang flüstert eine laszive Frauenstimme "Wow, Man!" Ob diese Bewunderung ihm oder seinem Auto galt? Ja, und da ist er endlich, der bekannte Hit des Genres, "Route 66", hier dargeboten von Al Brown And His Tunetoppers, eingespielt 1961, fünfzehn Jahre nach dem Original von Nat 'King' Cole. Hier auch ein toller swingender Rhythm & Blues-Song mit sattem Gebläse.
Im Zuge der Songs trifft man dann immer wieder auf Doo Wop, auf Rhythm & Blues, auf Pop, auf Rock’n’Roll/Rockabilly und natürlich, wie oben bereits beschrieben, Blues. Aber nicht nur der heulende Wolf, sondern auch der eher unbekannte Clarence 'Bonton' Garlow präsentiert seine rockende Version von Blues/R&B. Garlow galt im Übrigen als großes Vorbild von Johnny Winter, doch hier ließ er seine Gitarre wohl im Koffer, hört man leider keines seiner sonst recht feurigen Soli. Dafür entschädigt dann der hervorragende Gitarrist Cliff Gallup, der sein Können mit Gene Vincent And His Blue Caps unter Beweis stellt.
Den typischen Sound des Sun-Labels aus Memphis gibt es zu Gehör mit Hayden Thompson, das ist immer wieder erfrischend. Als musikalischer Außenseiter präsentiert sich der Comedian Buck 'Bucky' Walters als "Bucky" & Premieres, der Mann veröffentlichte zwischen 1959 und 1961 drei Singles. Mit Linda Laurie stellt sich eine weitere Dame vor mit einem flotten Pop-Song, und ein weiterer Comedian, Jerry Lewis, erweist sich als Sonntagsfahrer ("Sunday Driving"). Mit seiner typischen Albernheit und seiner quäkigen Stimme erzählt er von seiner Autofahrt, im Zuge derer er unter anderem leider einen Fußgänger nicht erwischt hat, und bald bleibt dann auch noch der Motor stehen…, aber es geht abwärts, die Bremsen versagen und zum Schluss ein Crash (»Next time I’ll take the train instead of Sunday drivin’…«)!
Der letzte Song ist einem anderen weitestgehend unbekannten Künstler der Rock’n’Roll-Geschichte gewidmet – Johnny Redd, der später zum Country-Musiker avancierte, hier forderte er uns 1959 auf, "Take A Ride With Me".
Ja, viele dieser Stücke mögen damals bereits in den Autoradios, mit denen die Fahrzeuge ausgestattet waren, erklungen sein und den Spaß am Fahren unterstützt haben.
Dieses Mal ist es Marc Mittelacher, der uns im sechsunddreißig Seiten starken Booklet mit reichlichen Information zu allen Mitwirkenden versorgt. Zudem gibt es seltene Fotos, Illustrationen und Erinnerungsstücke sowie informative Begleittexte zu jedem Lied. Was mir fehlt, sind zum Beispiel Jan & Dean und The Beach Boys, die schließlich auch oft genug das Thema Autofahren zum Thema hatten.
Tracklist "Destination Freeway, 33 Cruisin' Deuces For Your Summer Spectacular":
- Dinah Shore – See The U.S.A. In Your Chevrolet
- Burt Keyes – Stop Jivin', Start Drivin'
- The Bonnevilles – Freeway U.S.A.
- The Premiers – Jolene
- The Aquatones – The Drive-In
- Bobby Jackson – Wow, Man!
- The Spaniels – Automobiles
- Wally Hughes – Convertible Car
- Al Brown & His Tunetoppers – Route 66
- Buzz Clifford with the Wheels – Pididdle (The Car With One Light)
- Sammy Hagan And The Viscounts – Tail Light
- The Del Vikings – Flat TireBlu
- Clarence 'bonton' Garlow and His Orchestra – Route 90
- Chuck Willis – Keep-A-Driving
- Faron Warmer – Cruisin' Central
- Gene Vincent and His Blue Caps – Cruisin’Bl
- Don Elliott – Long Black Automobile
- Mike Page – Long Black Shiny Car
- Jimmy Carroll – Big Green Car
- Chuck Alaimo Quartet – Hop In My Jalop
- George Weston – Hey Little Car Hop
- Hayden Thompson – Fairlane Rock
- Hoyt Stevens & the Tennessee Ramblers – 55 Chevy
- Bucky & Premieres – Cruisin'
- Linda Laurie – Soupin' Up Your Motor
- Georgie Young and the Rockin' Bocs – Nine More Miles, The 'Faster Faster' Song
- Jerry Lewis – Sunday Driving
- Gene Vincent – Why Don’t You People Learn How To Drive (Stereo)
- The Lancers – Get Out Of The Car
- Lorrae Desmond – Get Your Daddy’s Car Tonight
- Howlin' Wolf – Riding In The Moonlight
- Sonny Sheets with Floyd Terry, The Pirates and The Frantics – Wheels
- Johnny Redd – Take A Ride With Me
Gesamtspielzeit: 76:43, Erscheinungsjahr: 2023
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