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V.A. / Rockin' With The Krauts Vol. 2 – Real Rock’n’Roll Made in Germany – CD-Review

V.A. / Rockin' With The Krauts Vol. 2 – Real Rock’n’Roll Made in Germany – CD-Review

Paul Würges & seine Rocking All Stars eröffnen den zweiten Teil der Reihe "Rockin' With The Krauts – Real Rock’n’Roll Made in Germany" von der Bear Family und bereits hier bei dem »südlichen König des deutschen Rock & Roll« ist zu bemerken, dass sich dem Rock’n’Roll auch eine Spur Swing beigemischt hat.
Im weiteren Verlauf der Kompilation wird uns das noch öfter auffallen, ebenso wie die Boogie- und dezente Jazz-Würze.

Das kommt nicht von ungefähr, denn wenn die Nachkriegsjugend auch durch die zunehmende Amerikanisierung der Gesellschaft vor allem dem wilden Rock’n’Roll frönte, so sind einige der hier vertretenen Interpreten doch zu weit mehr fähig gewesen, als die drei notwendigen Akkorde des Rock’n’Roll zu beherrschen. So etwa der »GI aus Ohio«, Bill Ramsey. Ramsey, ein Jazzliebhaber dürfte wohl vielen ob seiner prägnanten Stimme im Ohr sein. Und wenn man die "Zuckerpuppe" sowie die "Mausefalle" mal außer Acht lässt, wird man sein Organ sicher schon bei Blues-Interpretationen genossen haben. Mit "Caldonia"  und "Big Fat Mama" gibt es zwei swingende R&R-Boogies des Künstlers zu genießen.

Rock’n' Roll wie er sein soll präsentierten Lutz Dietmar und Maureen René mit der Haley-Nummer "Rock-A-Beatin' Boogie" sowie "Rock Baby Rock" aus Lutz' Feder. Auf "Rock-A-Beatin' Boogie" hören wie übrigens Max Greger am Saxofon. Max übernahm nach Dieters Tod 1959 auch dessen Orchester.

Auch ohne aktiver Zeitzeuge jener Tage zwischen 1956 und 1967 gewesen zu sein, sind neben absolut unbekannten Namen auch bekannte Künstler vertreten. So darf auf der Zeitreise dieses Genres Ted Herold, der »nördliche König des deutschen Rock & Roll« natürlich nicht fehlen. Dass ein Rex Gildo, der zu der Zeit, als ich die Seeburgs mit Münzen gefüttert habe in ebendiesen vertreten war, auch auf dem Sampler vertreten ist, wundert mich etwas, denn den hatte ich komplett unter Schlager verbucht. Auf "Rockin' With The Krauts" hören wir eine deutsche Elvis-Version von "Devil in Disguise".

Auch Billy Mo ist meinem Jahrgang bekannt. Natürlich: der "Tiroler Hut". Dass er auch Jazz-Trompeter war, erfahren wir (ich) wieder in den vorbildlichen Liner Notes von  Roland Heinrich Rumtreiber. Neben Informationen über Hintergründe, in denen auch Eva Windmöller vom "Star-Review"-Magazin oder die Bill Haley-Berichterstattung der "BILD" vorkommen, wird zudem auf jeden Song bzw. dessen Interpreten eingegangen.

So sind Künstler wie etwa Ralf Bendix, den man mit seinem "Babysitter-Boogie" zu meiner Zeit im Radio leise drehte, 'plötzlich' auch Jazz-Musiker. Man erfährt, dass er bei einem Talentwettbewerb den Juroren Paul Kuhn »wegblies« oder auch, dass er Heino entdeckte. Ähnliches gilt für Marika Rökk, deren Filme man als Kind im Schwarzweiß-Nordmende sah. Dass die Schauspielerin eine weniger rühmliche Rolle im Dritten Reich spielte erfährt man im Booklet. Sie ist auf vorliegender CD sowieso eher als Kuriosität zu sehen und wie zu lesen ist, auch damals wohl kaum von den Halbstarken gehört worden.

Gehört wurden in meinem jungen Umfeld allerdings die drei Nachbarorte weiter beheimateten Cry’n Strings mit ihrem Monster-Hit "Monja". Die B-Seite der Single, deren A-Seite auf den ersten Kellerparties nützlich war, um das andere Geschlecht zu entdecken, findet sich auf "Rockin' With The Krauts" und hat nun 55 Jahre später ihr Ohrendebüt bei mir. Wie sehr sich die damalige Zeit von der heutigen unterscheidet, sieht man am besten an der Nummer "Mister Tschang aus Chinatown (Ling-Ting-Tong)". Das eingedeutschte "Ling-Ting-Tong" geizt nicht mit banalem, auf Reim bedachten Text, der nach aktuellem Zeitgeist wohl das Prädikat 'politisch nicht korrekt' aufgestempelt bekommen würde. Nun ja …

Auf jeden Fall ist der zweite Teil von "Rockin' With The Krauts" wieder eine Fundgrube für all diejenigen, die Tellerrand-unabhängig an den musikalischen Landschaften Deutschlands interessiert sind. Viele Titel sind im Original nur äußerst schwer zu bekommen, andere sind vergessen oder gar unbekannt. Und mal ehrlich, man kann ganz toll Fragezeichen in Gesichter zaubern, wenn man erzählt, Rex Gildo oder gar Marika Rökk im CD-Regal stehen zu haben.


Tracklist "Rockin' With The Krauts Vol. 2 / Real Rock’n’Roll Made in Germany":

  1. Black Boy Jackie – Paul Würges & seine Rocking All Stars
  2. Caldonia – Bill Ramsey
  3. Rock-A-Beatin' Boogie – Lutz Dietmar
  4. Kissin' King – Emanuel & Leon Ardy’s Hit-Cockers
  5. Steiler Zahn (Nag) – Oliver Twist & The Happy Twisters
  6. Sie ist das schönste Girl – The Gisha Brothers
  7. Memphis, Tennessee – Ted Hiller
  8. Mädchenschreck (Runaway) – John Dattelbaum
  9. Hallo, My Baby – Bob Gerry
  10. Crazy Boy – Ted Herold
  11. Versprich mir nichts – Little Gerhard
  12. Eine Party bei mir – Marika Rökk
  13. For You My Love – Wolfgang Sauer
  14. Rock Baby Rock – Lutz Dietmar
  15. Woo-Hoo – Werner Müller & Die Woo-Hoos
  16. Betty Jean – The Rattles
  17. So ein komisches Gefühl (Got A Funny Feeling) – Harry Glück
  18. Schade um die Rosen – Jack Finey
  19. Liebe kälter als Eis (Devil in Disguise) –  Rex Gildo
  20. Jumpin' Run – The Pralins
  21. Die Liebesmedizin (Love Potion No. 9) – Mama Betty’s Band
  22. Du hast soviel Sex-Appeal – Billy Sanders
  23. Shake, Baby, Shake (Whole Lotta Shakin' Goin' On) – Little Gerhard & His Swedish G-Men
  24. Fräulein Gerda – Billy Mo
  25. Mr. Tschang aus Chinatown – Die Javalins
  26. Sugaree – Jörg Maria Berg
  27. Moon Dance – The Moon Riders
  28. Bu Bu Bi Du – The Cry’n Strings
  29. Hey Little Girl (Wheew) – Ted Herold
  30. Big Fat Mama – Bill Ramsey
  31. Bist du noch mein Baby (Is You Is Or Is You Ain’t My Baby) – Frank Olsen
  32. Heute geh' ich nicht nach Hause (Hound Dog) – Ralf Bendix

Gesamstspielzeit: 78:43, Erscheinungsjahr: 2021 (1956-1967)

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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Mail: ulli(at)rocktimes.de

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