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V.A. / Rockin' With The Krauts Vol. 4 – Real Rock’n’Roll Made in Germany – CD-Review

V.A. / Rockin' With The Krauts Vol. 4 – Real Rock’n’Roll Made in Germany – CD-Review

Erst im Februar dieses Jahres stellten wir den dritten Teil der "Rockin' With The Krauts"-Reihe vor und gerade einmal vier Monate später liegt der vierte Sampler auf dem Tisch. Der Fundus an Material scheint unerschöpflich und dass die Bären-Familie, wie wir das Label Bear Family Records in der Redaktion liebevoll nennen, ein Gespür für Ausgefallenes und Rari- wie auch Kuriositäten hat, ist Musikfreunden nicht unbekannt.

Unerschöpflich scheint auch das Interesse an dieser Historienreihe über das 'musikalische Deutschland' von 1956 bis 1967 zu sein, denn wie das Label stolz verkündet, schlägt diese Serie »alle Verkaufsrekorde«. Teil 1 sowie Teil 2 erschienen ja bereits 2021 und auch deren 2022er Neuauflagen an Weihnachten erlebten gerade einmal den folgenden Januar. Noch Fragen?

Das liegt mit Sicherheit nicht nur an der Musik, die für einen Teil der Hörerschaft durchaus erlebter Alltag war. Selbst mein Jahrgang durfte einige der Stücke und/oder Interpreten als junger Zeitzeuge kennen. Connie Francis mit "Schöner fremder Mann" soll da mal als Beispiel herhalten. Nein, das äußerst dicke Booklet strotzt wieder mit Informationen von Fachmann Roland Heinrich 'Rumtreiber'. Wie immer hat er natürlich jeden Track des Samplers kurz bedacht und ist darauf eingegangen. Aber er hat auch wieder ausgeholt und über die damalige Zeit, bzw. den Zeitgeist berichtet.

Die Jahre 1956 bis 1967 werden in der Vierer-Reihe behandelt. Also ganz grob gesagt, die Zeit der Nachkriegsjugend und (nicht nur musikalisch) die zunehmende Amerikanisierung. 'Rumtreiber' handelt das nicht mit ein paar Worten ab; nein, er streift Politik, Ideologien, Kirche, der Nationalismus taucht auf, die Weimarer Republik, ja sogar der Wilhelminismus, Bewegungen wie die der Wandervögel oder Pfadfinder werden genannt – nun taucht im vierten Teil u. a. auch noch Heinz Erhard auf. Der Heinz ist ja (hoffentlich) sicher immer noch ein Begriff. Und ja, wenn man sich an seine Filme erinnert, war da doch öfter was mit der Halbstarken-Musik. Und in seinen Filmen war der Umgang mit der Jugend und der Musik respektvoll. Respekt vor den Musikern war da schon seltener vorhanden

Wir erfahren auch, dass der »Rock and Roll« so gar nicht einheitlich gesehen wurde. So sah Peter Feuerbach (selbst Musiker und Vater von Bear Family Produzent Nico Feuerbach) den »Rock & Roll nur als Tanzstil«. Und weiter: »Beat war die Musik, der Rock der Tanz«. Es fallen Worte wie Twist und Slop und bei Slop stand ich auf dem Schlauch. Aber manchmal haben moderne Zeiten auch ihr Gutes: denn man tippt in die Wundermaschine etwas ein und wird schlau gemacht und 'reist' außerdem viele Jahre zurück, kann schmunzeln und zu Mettigel oder Toast Hawaii noch etwa lernen. Slop, bitteschön.

Ja, die Infos sind schon beachtlich, aber das alles solltet ihr selbst lesen, auch wie Roland Heinrich die Entwicklung bis heute sieht und was er sich für die Zukunft wünscht.
Zu den Künstlern und den jeweiligen Songs ist – wie bereits erwähnt – auch etwas geschrieben. Ja, die Musiker werden wohl nicht alle kennen. Was den Rezensenten betrifft so, sind Namen wie Ralf Bendix, Ted Herold, die Rattles (natürlich), Peter Kraus, 'Paulchen' Kuhn, die bereits genannte Conny, Casey Jones oder Tony Sheridan bekannt.

Wenn ihr liebe Leser mit der Gnade der frühen Geburt gesegnet seid, dann kann ich "Rockin' With The Krauts Vol. 1-4 – Real Rock’n’Roll Made in Germany" mit gutem Gewissen empfehlen. Euer (und mein) Rock, Metal, Jazz, Blues und was weiß ich noch alles, können es verschmerzen, denn es ist klar, dass wohl die Wenigsten (z. B.) den Hannes Wüst mit seinem "Bim Bam"  im Regal stehen haben und diese Scheibe ziehen, wenn sie Appetit auf Musik haben.
Aber – und das habe ich gestestet – , wenn man beim Grillabend (dann, wenn es am schönsten, bzw. feuchtesten ist) diese vier CDs in die Auswahl nimmt, ja dann kann einem das zur Freude gereichen.

Wenn ihr versteht, was ich meine …


Tracklist "Rockin' With The Krauts Vol. 4 – Real Rock’n’Roll Made in Germany":

  1. At The Hop – Ralf Bendix
  2. Rock Baby Rock – Conny Quick
  3. Blue Moon – Harry Glück
  4. Ich brauch' keinen Ring (Wear My Ring Around Your Neck) – Ted Herold
  5. Memphis, Tennessee – The Gisha Brothers
  6. Let’s Get Together – The Liverpool Beats
  7. Ein Girl, so wie Du (Tough Enough) – Benny Quick
  8. Shimmy, Shimmy – The Rattles
  9. Ja, so ’ne Party (Let’s Have A Party) – Billy Sanders
  10. Hipp Hipp (Runaround Sue) – Ronny Twen & die Perrys
  11. Caroline (You’re So Fine) – The Javalins
  12. Alle Mädchen wollen küssen – Peter Kraus
  13. Kiss Me – Dieter Kersten & die Rocking Stars
  14. Pages Rhythm – Peter Reese & The Pages
  15. Bim Bam – Hannes Wüst
  16. Die Farbe der Liebe (A White Sports Coat) – Paul Kuhn
  17. Lippenstift am Jacket (Lipstick On Your Collar) – Conny Froboess
  18. Susi-Twist (Where Did You Go Last Night) – Hannes Patek
  19. Ich find' kein Bett (I Feel So Bad) – Harry Glück
  20. Can I Get A Wittness – The Shouters
  21. Bumble Bee – Casey Jones & The Governors
  22. Matchbox – The Progressives
  23. Madison Kid – Tony Sheridan & The Beat Brothers
  24. Too Much Language Business (Too Much Monkey Business) – The King-Beats
  25. Schöner fremder Mann (Someone Else’s Boy) – Connie Francis
  26. Midnight – Paul Kuhn
  27. Bitte bleib bei mir (Lover Please) – John Lamers
  28. High Heel Sneakers – The Pralins
  29. Go, Go – The Taifuns
  30. Flamingo Twist – Gust Claer & The Fendermen
  31. Mein Beatle Baby (Roll Over Beethoven) – The Flamingos
  32. Constantly – Benny Quick

Gesamtspielzeit: 77:32, Erscheinungsjahr: 2023 (1958-1965)

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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Mail: ulli(at)rocktimes.de

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