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V.A. / Satan Is Busy In Knoxville, Revisiting The Knoxville Sessions – CD-Review

V.A. / Satan Is Busy In Knoxville, Revisiting The Knoxville Sessions

Ach, nun geht es weit zurück in die Zeitrechnung, in jene Zeit, über die mir zumindest meine Großeltern noch das eine oder andere haben berichten können. Allerdings nichts über jene Ereignisse, die sich 1929 und 1930 in Knoxville, Tennessee, abspielten.

Bereits im Jahr 2016 hat sich Bear Family Records mit Knoxville beschäftigt, ich verweise auf die Vier-CD-Box The Knoxville Sessions 1929 – 1930: Knox County Stomp.
»Satan Is Busy In Knoxville: Revisiting The Knoxville Sessions 1929 – 1930« konzentriert nun auf einer einzigen CD die wichtigsten Aufnahmen und die bahnbrechenden Recherchen, die auf der Box zu finden sind.

Es handelt sich hier um Aufnahmen aus zwei von Brunswick Records/Vocalion beaufsichtigten Sessions im St. James Hotel in der Innenstadt. Die Musik steht sowohl für ihren Abwechslungsreichtum als auch für den hohen Seltenheitsgrad der Platten, auf denen sie zu hören ist. So umfassen die Knoxville Sessions ein breites Spektrum von Stimmen und Klängen aus den Appalachen, von Bands, die damals an der Schwelle zur Großen Depression in den Appalachen aktiv waren.

Neben Old-Time Stringbands wie den Tennessee Ramblers, den Southern Moonlight Entertainers und den Smoky Mountain Ramblers hören wir die majestätische afro-amerikanische Blues- und Gospelsängerin Leola Manning, die großartige Tanzmusik von Maynard Baird & His Southern Serenaders, den virtuos auf Saiteninstrumenten gespielten Ragtime von Howard Armstrong And The Tennessee Chocolate Drops, kirchliche Lieder von weißen und schwarzen Vokal-Quartetten und Sänger wie Will Bennett und Haskell Wolfenbarger.

Die siebenundzwanzig Songs des Albums decken eine Reihe von verschiedenen Musikgenres ab, sowohl mit kirchlichem als auch säkularen Themen. So erlebt man, dass diese Auswahl von 78er RPM-Schellackplatten sicher einige der wichtigsten Aufnahmen amerikanischer Volksmusik aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen repräsentiert, mithin unter anderem eine Art Wiege der Countrymusik.

Diese Veröffentlichung als Einzel-CD enthält im vierundvierzig Seiten starken Booklet neue Essays von Jack Neely und James 'Sparky' Rucker, in denen diese Autoren die Knoxville-Sessions in den historischen Kontext einordnen und die anhaltenden Auswirkungen dieser Sessions bewerten. Das Album enthält außerdem detaillierte Song für Song-Anmerkungen des für den Grammy Award nominierten Autors Ted Olson, der diese Zusammenstellung produziert hat. "Satan Is Busy In Knoxville" weist die von Bear Family übliche hochwertige Soundqualität auf, denn durch moderne Tontechnik klingen diese Kompositionen, 2022 von Marcus Heumann sorgfältig remastered – warm und klar.

Ja, und gleich der erste Song mit den Tennessee Ramblers aus 1929 belegt das eindrucksvoll. Denn ich kenne so manche Lieder aus jenen Tagen oder aus den Dreißigern, die nicht annähernd so gut klingen, hier hat man sehr gute Arbeit geleistet. Sicher, man merkt diesem und den folgenden Stücken das Alter unzweifelhaft an, aber man kann genüsslich lauschen. Auf dem "Garbage Can Blues" hört man ein Banjo klappern und eine Fiddle kratzen, und erst ganz zum Schluss nimmt man dann auch das Kratzen der Schellack-Platte wahr.
Mit "Lost John" der Southern Moonlight Entertainers vernehme ich neben Country eine starke Prise Cajun-Musik. Ja, man kann sich gut vorstellen, wie zu den Klängen dieser Musik auch getanzt wurde.
Will Bennett stellt mit "Railroad Bill" einen bluesgetränkten Song vor, dieser ist einer der beiden, die er in Knoxville einspielte. Und diese Art des Mississippi Blues und ähnlich angelegter Nummern, die sich als Blues weiter entwickelten, oder auch in der Basis ähnliche Folkmusik kann man neben den Ursprüngen späterer Countrymusik durchgehend hören.

Das Senior Chapel Quartette hingegen bietet einen engagierten Gospel-Song mit "In My Saviour’s Care". Ab Track Zehn wechseln wir in das Jahr 1930, die Perry County Music Makers spielen in "I’m Sad And Blue" mit einer Zither, später hätte man wohl eher eine Autoharp verwendet. Aber so schwang noch ein Hauch "Germany" mit. Der Appalachian Vagabond ist Hays(Hayes) Shepherd und begeistert damit, wie er seinen Gesang nur mit dem flinken Banjospiel unterstützt. Die Tennessee Chocolate Drops nehmen mit "Vine Street Rag" schon etwas vorweg, was sich später als Western Swing etablierte.

Mit schunkelndem Walzerklang erfreut uns Louis Bird und an die großartige Bessie Smith, die ja auch in jenen Tagen aktiv war, erinnert der kraftvolle Gesang von Leola Manning.
Nun taucht auch noch früher Jazz auf – mit Maynard Baird & His Orchestra, ein damals populäres Tanzorchester. Ich freue mich zum Abschluss noch einmal Leola Manning zu hören, die mit ihrem Song verantwortlich ist für den Titel dieser großartigen historischen Kollektion!


Tracklist "Satan Is Busy In Knoxville, Revisiting The Knoxville Sessions":

  1. Tennessee Ramblers – Garbage Can Blues
  2. Southern Moonlight Entertainers – Lost John
  3. Wise String Orchestra – Yellow Dog Blues
  4. Will Bennett – Railroad Bill
  5. Haskell Wolfenbarger – Sailing Out On The Ocean
  6. Ballard Cross – The Wabash Cannon Ball
  7. Cal Davenport & His Gang – Double Eagle March
  8. Senior Chapel Quartette – In My Savior’s Care
  9. Cal West – Cal West’s Yodel Blues, Part 1
  10. Smoky Mountain Ramblers – Back To Old Smoky Mountain
  11. Perry County Music Makers – I’m Sad And Blue
  12. Kentucky Holiness Singers – I’m On My Way
  13. Appalachian Vagabond – Peddler And His Wife
  14. Gibbs Brothers with Claude Davis – Goodbye Dixie Dear
  15. Clayton & His Melody Mountaineers – Lookout Valley Waltz
  16. Tennessee Chocolate Drops/Tennessee Trio – Vine Street Rag
  17. Robert a. Gardner & Lester McFarland – Asleep At The Switch
  18. Ridgel’s Fountain Citians – The Nick Nack Song
  19. Louis Bird – It’s Funny What Whiskey Will Do
  20. Leola Manning – The Arcade Building Moan
  21. Bess Pennington – Jack And May
  22. Uncle Jimmy Thompson – Lynchburg
  23. Etowah Quartet – Walking With My Lord
  24. Maynard Baird & His Orchestra – Postage Stomp
  25. Alex Hood & His Railroad Boys – L & N Rag
  26. Tennessee Chocolate Drops/Tennessee Trio – Knox County Stomp
  27. Leola Manning – Satan Is Busy In Knoxville

Gesamtspielzeit: 79:27, Erscheinungsjahr: 2023

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
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Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

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