Ehre, wem Ehre gebührt.
Da gibt es in dieser Rubrik einige Bands oder Musiker.
Jack Bruce gehört definitiv dazu.
"Sunshine Of Your Love – A Concert For Jack Bruce": Gut über einhundert Minuten markieren die Gesamtspielzeit der beiden CDs. Die DVD kommt auf über zwei Stunden, die nicht nur das Konzert im Roundhouse, London dokumentieren.
Vielleicht an dieser Stelle etwas aus dem Informationsblatt zu Eric Clapton: Er »[…] konnte leider nicht am Londoner Roundhouse Event teilnehmen. Aber er ehrt seinen Freund Jack Bruce, der ihm sein ganzes Leben lang eine "enorme Inspiration" war, mit der maßgeschneiderten Hommage "For Jack", die während Jacks Beerdigung gespielt wurde und hier erstmals als Bonustrack auf Tonträger veröffentlicht wird. […]«
An diesem Konzert-Projekt waren – neben unzähligen anderen Personen – Kyla Simone Bruce, Margit Bruce Seyffer sowie Nitin Sawhney maßgeblich beteiligt. Zum Unterschied zwischen den CDs und der DVD lässt sich feststellen, dass auf der ersten CD die "Introduction" von Margit Bruce Seyffer, der Witwe von Jack Bruce, fehlt. Auf der DVD sieht man danach Jack Bruce via Video in einer beseelten Harp-Version von "Train Time". In schwarz-weiß flimmert das Stück über die Leinwand über der Bühne und vielleicht gibt es ja Leserinnen/Leser dieser Rezension, die dieses Stück in einer etwas anderen Version aus dem Jack Bruce-Boxset Live At Rockpalast 1980, 1983 And 1990 kennen. Nach "Never Tell Your Mother She’s Out Of Tune" (DVD) stellt man in einer "Theme From An Imaginary Western"-Einspielung Jack Bruce als Solo-Pianisten prominent in den Vordergrund. Auch dieses Lied fehlt auf den CDs.
Nicht alle an dieser tollen Live-Verneigung vor Jack Bruce beteiligten Musiker hatte während seiner langen Karriere etwas mit dem schottischen Künstler zu tun, aber wenn man sich einfach nur das Line-up des 2014 veröffentlichten Albums Silver Rails anschaut, dann findet man dort allein schon Phil Manzanera (Roxy Music), Bernie Marsden, Uli Lee Roth, Tony Remy, Natascha Eleonoré Bruce aka Aruba Red oder Kyla Simone Bruce, beieinander. Letztgenannte sind Töchter des Bassisten. Dieser Personenkreis stellt allerdings nur einen Bruchteil der Leute dar, die sich in den einundzwanzig Songs in ganz unterschiedlichen Line-ups präsentieren.
Die Auswahl der Songs verdeutlicht, welch ein begnadeter Komponist Jack Bruce war, auch wenn bei den Credits oft genug der Name Pete Brown auftaucht.
Durch die unterschiedlichen Line-ups erhalten die einundzwanzig Songs ganz unterschiedliche Gesichtszüge.
Grundsätzlich macht es verdammt viel Spaß, sich die beiden CDs anzuhören oder die DVD mit ihrem klasse optischen Zusatz zu genießen.
Bei dem hohen musikalischen Niveau fällt es natürlich schwer, Songs oder besondere Musiker hervorzuheben.
Paddy Milner als Sänger und Pianist, Querflötist Ian Anderson und Miles Brett (Violin) machen "Milonga" gemeinsam mit Nico Bruce (Double bass) sowie Corin Bruce (Congas) zu einer tiefgründig empfundenen Ballade. Highlight!
Den einzigen Solo-Auftritt des Konzerts hatte die Cellistin Ayanna Witter-Johnson, die "Rope Ladder To The Moon" zu einer individuell-hinreißenden Performance macht. Sie hat dieses Lied verinnerlicht, es durch ihre Seele geschickt und offenbart dem Publikum diese Komposition in einer brillanten Weise. Höhepunkt!
Die zweite Scheibe birgt weitere besondere Lieder. So zum Beispiel "Ships In The Night", bei dem die beiden bemerkenswerten Backing-Sängerinnen Chloe Fiducia und Julie Iwheta prominent im Vordergrund stehen. Sie singen ein Duett der Hingabe.
Man spürt nicht nur hier, wie sehr die Beteiligten die Musik von Jack Bruce im Herzen tragen.
Nach einer emotionalen Ansage von Aruba Red wird "Folk Song" von der ersten Sekunde an zu einem der gefühlvollsten Songs des Albums. Ein weiteres Highlight.
Dann ist da noch "Never Tell Your Mother She’s Out Of Tune". Mit einem riesigen Beifall wird Joss Stone begrüßt und mit der dreiköpfigen Horn-Section kreiert man ein treibend-groovend-rockendes Szenario.
Die Brass-Abteilung, verstärkt durch Ian Anderson, ist auch in "We’re Going Wrong" mit von der Partie. Abermals erzeugt Aruba Red durch ihre exzeptionellen gesanglichen Fähigkeiten, hier mehr dem Jazz zugewandt, eine Gänsehaut.
Über das Finale muss man nicht viele Worte verlieren.
Fünf Gitarristen, Mark King sowie Liam Bailey als Sänger und nochmals die drei Bläser machen "Sunshine Of Your Love" zu einem achtminütigen Festival der Freude.
Vielleicht noch interssant zu erwähnen: Im Abspann der DVD melden sich Charlie Watts, John McLaughlin, Ringo Starr und weitere Musiker in Video-Botschaften zu Wort.
Ein Jahr nach seinem Tod fand das Konzert statt und fünf Jahre danach kam "Sunshine Of Your Love – A Concert For Jack Bruce" auf den Markt.
Zwei CDs und eine DVD dokumentieren das großartige musikalische Vermächtnis von Jack Bruce auf einem erstklassigen Niveau. In diesem Sinn …
Line-up Various Artists – A Concert For Jack Bruce:
Mark King (vocals – CD1 – #1,2,8,10, CD2 – #10, bass – CD1 – #1,2,8,10, CD2 – #5,10)
Stealth (vocals – CD1 – #1,2)
Nandi (vocals – CD1 – #4)
Hugh Corwell (vocals – CD1 – #7, guitar – CD2 – #10)
Liam Bailey (vocals – CD1 – #9, CD2 – #5,7,10)
Rob Cass (vocals – CD2 – #1)
Aruba Red (vocals – CD2 – #4,9)
Joss Stone (vocals – CD2 – #8)
Clem Clempson (guitar – CD1 – #1,6,8, CD2 – #3,10)
Tony Remy (guitar – CD1 – #1,2,4,8-10, CD2 – #8 acoustic guitar – CD2 – #4)
Uli Lee Roth (guitar – CD1 – #2, CD2 – #5)
Bernie Marsden (vocals – CD1 – #6, guitar – CD1 – #4,6, CD2 – #2,6,7, backing vocals – CD2 – #6,7)
Vernon Reid (guitar – CD1 – #9,10, CD2 – #10)
Phil Manzanera (guitar – CD2 – #1,7,9,10)
Eric Clapton (acoustic guitar – CD2 – #11)
Paddy Milner (vocals – CD1 – #3, keyboards – CD1 – #1,2,7-9, CD2 – #1,2,8, piano – CD1 – #3, Hammond organ – CD1 – #4, CD2 – #4)
Nitin Sawhney (keyboards – CD1 – #4, CD2 – #3-6,9, guitar – CD2 – #10)
Kyla Simone Bruce (vocals – CD1 – #5, piano – CD1 – #5)
Ian Anderson (vocals – CD2 – #2, flute – CD1 – #3, CD2 – #2,9,10)
Miles Brett (violin – CD1 – #3, viola – CD1 – #5)
Gemma Sharples (violin – CD1 – #5)
Sarah Iman Telman (violin – CD1 – #5)
Ayana Witter-Johnson (vocals – CD1 – #11, cello – CD1 – #5,11, CD2 – #3)
Liam Kerham (trombone – CD1 – #6, CD2 – #7-9,10)
Adam Lindsley (trumpet – CD1 – #6, CD2 – #7-9,10)
Adrian Revel (tenor saxophone – CD1 – #6, CD2 – #7-9,10)
Nico Bruce (double bass – CD1 – #3,5,7)
Nick Cohen (bass – CD1 – #4, CD2 – #1,2, CD2 – #3,4,8)
Neal Murray (bass – CD1 – #6,9, CD2 – #7,9)
Renell Shaw (bass – CD2 – #6)
Corin Bruce (congas – CD1 – #3, drums – CD1 – #6,7, CD2 – #8, djembe – CD2 – #1)
Frank Tontoh (drums – CD1 – #1,2,4,8-10, CD2 – #1-7)
Ginger Baker (drums – CD2 – #9,10)
Cloe Fiducia (vocals – CD2 – #3, backing vocals – CD1 – #1,2,4,6-10, CD2 – #1,2,4-10)
Julie Iwheta (vocals – CD2 – #3,6, backing vocals – CD1 – #1,2,4,6-10, CD2 – #1,2,4,5,7-10)
Tracklist "Sunshine Of Your Love – A Concert For Jack Bruce":
CD1:
- Hit & Run (4:11)
- I Feel Free (3:54)
- Milonga (5:10)
- Don’t Look Now (6:13)
- Weird Of Hermiston (3:03)
- White Room (6:48)
- Hear Me Calling Your Name (4:00)
- Keep It Down (3:45)
- Politicians (5:45)
- No Surrender (5:04)
- Rope Ladder To The Moon (4:11)
CD2:
- Candlelight (5:08)
- Tickets To Waterfalls (3:40)
- Ships In The Night (5:37)
- Folk Song (4:45)
- Badge (3:10)
- How’s Tricks (5:04)
- I’m So Glad (5:13)
- Never Tell Your Mother She’s Out Of Tune (4:34)
- We’re Going Wrong (7:09)
- Sunshine Of Your Love (8:03)
- For Jack [Bonustrack] (2:34)
DVD:
- Hit & Run
- I Feel Free
- Milonga
- Don’t Look Now
- Weird Of Hermiston
- White Room
- Hear Me Calling Your Name
- Keep It Down
- Politicians
- No Surrender
- Rope Ladder To The Moon
- Candlelight
- Tickets To Waterfalls
- Ships In The Night
- Folk Song
- Badge
- How’s Tricks
- I’m So Glad
- Never Tell Your Mother She’s Out Of Tune
- We’re Going Wrong
- Sunshine Of Your Love
- For Jack (with Slideshow)
2 Kommentare
Manni
3. November 2019 um 21:37 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Oh, hier geht es um einen meiner Helden.
Ich denke, die ganze Veranstaltung war eine sehr schöne Geste seiner Kinder und auch der Interpreten, die mit musiziert haben, gar keine Frage!
Aber nicht ein einzelner Song kommt an die Interpretation seiner eigenen oder die seiner Bands heran und er hat zu vielen seiner akustischen Kreationen ja auch oft unterschiedliche Arrangements verwendet. Die sind alle ganz großes Kino. Man höre nur mal die BBC Sessions. Oder seine Free-Jazz Platte mit John McLaughin, Dick Heckstall-Smith und Jon Hiseman. Von Cream ganz zu schweigen.
Wenn ich an "Rope Ladder To The Moon" als Cover denke, ist eigentlich nur die Version auf der Colosseum Live ernst zu nehmen. Eine dort individuell-hinreißende Performance liefert eben dieser Dick Heckstall-Smith ab, der zeitweise zwei Saxophone gleichzeitig bläst! Dass Jack Bruce mit Unterstützung seines Kumpels Pete Brown ein begnadeter Komponist war, da sind wir uns einig. Dass er einer der besten Basser aller Zeiten war, sagt die ganze Welt. Auch da sind wir uns einig.
Was gar nicht angesprochen wurde: Jack Bruce hat sein ganzes Erwachsenenleben lang die Kinder-Hospize der britischen Grafschaften Norfolk und Suffolk (also East Anglia) unterstützt! Seine eigenen Kinder haben diese Konzertveranstaltung nicht nur auf der Bühne zum Gedenken an den Vater genutzt. Sie haben auch die beträchtlichen Einnahmen des Events an die Adressaten seines sozialen Engagements gespendet. Das ist anerkennenswert!
Die Musik dieser CDs hier ist für mich aber – jenseits des unbestreitbaren Könnens der Interpreten – eine eher seichte Angelegenheit, die niemand wehtun soll. Und widerspricht damit dem Erbe des Jack Bruce. Denn der hat gewusst, wie man mit Musik wehtun kann und es dann auch konsequent umgesetzt. Darin ist er Gustav Mahler gar nicht so unähnlich. Zwei Titanen eben!
Joachim 'Joe' Brookes
4. November 2019 um 12:07 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Hallo Manni,
Vielen Dank für deinen Kommentar und deine persönliche Sichtweise auf das Album.
Joe