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V.A. /The Wanda Jackson Connection – CD-Review

V.A. /The Wanda Jackson Connection

Untertitel einer weiteren Kollektion aus dem Hause Bear Family Records: ’30 Roots And Covers Of Wanda Jackson'. Ja, also nicht Wanda Jackson steht hier im Mittelpunkt der dreißig präsentierten Songs, sondern Musiker und Musikerinnen, die sich mit ihrer Musik beschäftigten. Doch zunächst einmal zu Wanda selbst, um zu verstehen, worum es eigentlich wirklich geht. Denn Wanda Jackson muss ja schon etwas Besonderes sein, zumindest für Rosie Flores, die das Vorwort im Booklet verfasste und ihren Beitrag wie folgt abschloss: »She is the Queen of Rock 'N' Roll and always will be!«

Die 1937 in Oklahoma geborene Wanda Jackson war bereits als Kind musikalisch unterwegs und lernte früh Gitarre und Piano. In den Fünfzigern widmete sie sich sowohl der Country-Musik, ermutigt durch den Country-Sänger Hank Thompson, als auch dem Rockabilly, seinerzeit auf Zuraten von Elvis Presley, aber auch im Rock’n’Roll war sie zu Hause. Inmitten der männlichen Domäne der drei Genres war sie eine starke Frau, die sich mit ihrem rauen Stil, inklusive ihrer Stimme, gut behaupten konnte. Wahrscheinlich wird die Protagonistin auch spontan mit ihrem Hit "Let’s Have A Party" in Verbindung gebracht werden.

Als wohl letzte bekannte noch lebende Vertreterin des wilden Sounds der Fünfziger/Anfang Sechziger hat Bear Family Records ihr nun diese prächtige Kollektion gewidmet, in ihrer Reihe "Connections". Hier gibt es Coversongs von Wandas Hits, aber ebenso Songs, die die Rockpionierin ihrerseits nachspielte oder die sie beeinflusst haben. Die Interpreten stammen vornehmlich aus den USA, aber auch aus Australien, den Niederlanden, Italien, Deutschland und Großbritannien.

Die Auswahl der Songs beschränkt sich dabei nicht auf die Fünfziger und Sechziger, sondern umfasst letztlich die Jahre 1953 bis 2007, das erste Jahr vertreten durch Betty Hutton und das letzte durch The Ladybirds. Durch die Vielzahl der verschiedenen Interpreten*innen ergibt sich auch eine ausgeprägte stilistische Vielfalt. Einige Titel sind mehrfach vertreten, nimmt man zum Beispiel "Let’s Have A Party", so finden wir den Song mit folgenden Tracks: #9 von The Collins Kids, hier genannt "Party", mit einem vergleichsweise weniger feurigen Ausdruck als die Version von Wanda. Track #10 von Rikki Henderson, der recht geglättet wirkt im Vergleich, #27 von Bix Bryant & The Raiders – eine Version, die es mit Wandas durchaus aufnehmen kann und echt gut abgeht. Schließlich versuchten sich The Ladybirds (#30) unter dem Songtitel "Man, We Had A Party" noch einmal 2007 an dem Song, doch der Swing der frühen Jahre wird hier mehr durch den rockenden Rhythmus bestimmt. Die erste Aufnahme des Liedes von Jessie Mae Robinson hat Elvis Presley 1957 eingesungen, doch letztlich bleibt für mich die Interpretation von Wanda Jackson die prickelnste und packendste!

Ansonsten finden wir neben Cover-Versionen von Wanda-Jackson-Titeln auch Originalversionen von Songs berühmter Sängerinnen und Sänger wie etwa Brenda Lee, Chuck Berry, Roy Orbison und Bobby Bare, die die Protagonistin in den 1950er Jahren gecovert hatte. Zu Raritäten, darunter einige erstmals auf CD, zählen Aufnahmen von Bix Bryant, Betty McQuade oder Shirley Jean Wiley.

Und wer kennt Shane Fenton? Wahrscheinlich wird er eher als Alvin Stardust in Erinnerung geblieben sein. Doch hier bringt er mit The Fentones eine starke Version von "Sparkling Brown Eyes", aus 1961. Unter den neueren Songs finden wir, damals anlässlich des Rockabilly-Revivals in Großbritannien entstanden, "Honey Bop" von Ray Campi And His Rockabilly Rebels, Terry White mit "Cool Love" aus 1996 – Terry White aus den Niederlanden, auch vertreten mit "Mean Mean Man", versteht es, den alten rauen Sound der Stimme von Wanda perfekt zu imitieren – die Bremer Band Velvetone mit "Funnel Of Love" aus 2001 (und das ist die Überraschung – als Gast haben sie leibhaftig Wanda Jackson dabei), Lou Ann Barton mit dem gleichen Song, hier aus 1989.  Außerdem noch die oben erwähnte Rosie Flores mit einer bisher unveröffentlichten Live-Aufnahme aus dem Schlachthof Bremen vom 12. Mai 1990, hier im Übrigen hören wir am Schlagzeug jenen Mann, der für dieses Album u.a. als Re-issue Producer tätig wurde, Marc Mittelacher, und zum Schluss dann die bereits erwähnte Band The Ladybirds.

Alle diese neueren Einspielungen klingen zwar grundsätzlich ihrer Zeit verhaftet, stehen letztlich den alten Songs aus den Fünfzigern und Sechzigern in nichts nach. Von jenen älteren Einspielungen sind Einige etwas anders arrangiert, wie zum Beispiel jene von Betty Hutton (#3) und Sunny Gale (#5), sind diese doch mit einem swingenden Jazz-Feeling ausgestattet, durch die Beteiligung der Orchester von Nelson Riddle und Ralph Burns. Shirley Jean Wiley (#12) fällt auf durch ihre leicht quäkende und kindlich wirkende Stimme. Brenda Lee, selbst für ihre raue Stimme bekannt, legt eine gute Bearbeitung von "Kansas City" vor. Country-Lady Skeeter Davis stellt die Country-Seite Wandas vor mit "Right Or Wrong (I’ll Be With You") und auch Connie Francis und Roy Orbison erleben wir (#21, 25). Die Rock’n’Roll-Abteilung wird mit Chuck Berry vertreten und Bobby Bare bringt noch einen weiteren Country-Song.

Ergänzend, wie man es gewohnt ist, gibt es ein sechsunddreißig Seiten starkes Booklet, mit Hintergrundinformationen zu jedem einzelnen Track, wiederum vorbildlich zusammengestellt von Bill Dahl.


Tracklist "The Wanda Jackson Connection":

  1. Joyce Hahn – I Gotta Know
  2. Ray Campi & His Rockabilly Rebels – Honey Bop
  3. Betty Hutton – Hot Dog! That Made Him Mad
  4. Sunny Gale – Hot Dog! That Made Him Mad
  5. Terry White – Cool Love
  6. Annisteen Allen – Fujiyama Mama
  7. Eileen Barton – Fujiyama Mama
  8. Lydia & Her Melody Strings – Just A Queen For A Day
  9. The Collins Kids – Party
  10. Rikki Henderson – Let’s Have A Party
  11. Thelma Blackmon – I Wanta Waltz
  12. Shirley Jean Wiley – Long Tall Sally
  13. Terry White – Mean Mean Man
  14. Brenda Lee – Kansas City
  15. Shane Fenton & the Fentones – Sparkling Brown Eyes
  16. Vicky Young – Riot In Cell Block No. 9
  17. Skeeter Davis – Right Or Wrong
  18. Velvetone – Funnel Of Love
  19. Betty McQuade – Tongue Tied
  20. Fabian – Tongue Tied
  21. Connie Francis – Fallin'
  22. Jenny Luna – Stupid Cupid
  23. Chuck Berry – Brown Eyed Handsome Man
  24. Bobby Bare – So Soon
  25. Roy Orbison – Candy Man
  26. Ria Valk – Santo Domingo
  27. Bix Bryant & the Raiders – Let’s Have A Party
  28. Lou Ann Barton – Mean Mean Man
  29. Rosie Flores with Rumble On the Beach – I Gotta Know
  30. The Ladybirds – Man We Had A Party

Gesamtspielzeit: 71:07, Erscheinungsjahr: 2022

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
Meine Seite im Archiv

Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

2 Kommentare

  1. Ulli Heiser

    Hi Marc,

    wir haben die Velvetones eingetragen. Vielen Dank für deinen Hinweis.

    Gruß

    Ulli

  2. Marc Tinroofkat

    Hallo Wolfgang,
    in der Trackliste steht unter Track 18 das J Ann C Trio anstatt Velvetone feat. Wanda Jackson. Kleiner Fehler 😉
    Gruß
    Marc

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