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Van Morrison / In Concert – DVD-Review

Van Morrison - "In Concert" - DVD-Review

Wenn es zu Bob Dylan bezüglich Griesgrämigkeit auf der Bühne überhaupt auch nur ansatzweise ein Pendant geben kann, dann ist das ohne Zweifel der in Nordirland geborene und aufgewachsene Songwriter, Sänger und Multi-Instrumentalist Van Morrison. Wüsste man es nicht besser, wäre man alleine schon aufgrund der Mimik des Barden felsenfest überzeugt davon, dass dieser stinksauer, lustlos und lethargisch ist. Ersteres kann natürlich immer nur spekuliert werden, aber die beiden anderen genannten Gemütszustände kann man getrost vergessen, sobald 'Van The Man' die ersten beiden Zeilen der ersten Nummer hinter sich gebracht hat. Spätestens hier kippt die eigene Einschätzung der Lage doch ziemlich schnell ins Gegenteil und (nochmal) spätestens beim zweiten Track ist man von dem Briten und seiner Musik gefangen, verzaubert und fasziniert. Auf sage und schreibe 38 Studioalben, sechs Live-Alben, vier Video-Kollektionen und 71 Singles kann der Frontmann mittlerweile zurückschauen und da sind wahrlich so einige Perlen darunter, wenn man nur mal an die Klassiker Astral Weeks (1968), Moondance (1970), "Tupelo Honey" (1971) oder auch "Beautiful Vision" (1982) denkt.

Ganz sicher werden die meisten Fans auch ihre ganz eigenen Lieblings-Scheiben am Start haben, was Van Morrison mit einer sehr ausgewogenen Setlist bei seinen Live-Shows immer wieder hervorragend balanciert. Auf der mir nun vorliegenden DVD, die gleich zwei Konzerte enthält, geht es mit einem Auftritt aus dem September 2016 los, den Mr. Morrison für BBC Radio 2 in London einspielte. Die hervorragende Band (mit Dave Keary an der Gitarre sowie Paul Moran an den Tasten) setzt das Qualitäts-Level mit "Too Late" umgehend sehr hoch an. Der intensive Gesang des Frontmanns (herrlich unterstützt von Dana Masters), der warme, erdige Sound sowie auch die relativ kleine Bühne… hier passt alles wie eine Eins. Ganz tief in die Motten- bzw. Trickkiste griff Morrison an diesem Abend, während er mit Perlen der Marke "Here Comes The Night" sowie "Brown Eyed Girl" in die Sechziger oder auch "Jackie Wilson Said" und "Wild Night" in die siebziger Jahre eintauchte.

Aber das Programm wurde bunt gemischt, sodass neben den Klassikern auch starke neuere und mittelalte Tracks wie "Keep Me Singing", "Cleaning Windows", "Enlightenment", "Whenever God Shines His Light" oder der starke Rauswerfer "In The Garden" zum Einsatz kommen und überzeugen. Alle Daumen nach oben! Das zweite auf dieser DVD festgehaltene Konzert wurde an Van Morrisons 70. Geburtstag, am 31. August 2015 in Belfast gefilmt. Zunächst irritiert das Tageslicht etwas, was die Qualität der Musik jedoch umgehend wett macht. Bis auf den Schlagzeuger Robbie Ruggiero (der danach durch Mez Clough ersetzt wurde) ist die Band dieselbe und bei den Songs gibt es mit "Cleaning Windows/Be-Bop A Lula", "Baby Please Don’t Go" sowie "Whenever God Shines His Light" gerade mal drei Überschneidungen. Morrison greift immer wieder auch selbst zur Bluesharp sowie dem Saxofon, wenn ihm danach ist und ergänzt die vor Blues, Soul und Feeling nur so strotzenden Songs.

Natürlich kann und wird sich auch hier jeder Fan seine Favoriten herauspicken, mir haben es bei dieser zweiten Show vor allem "Days Like This", "It’s All In The Game", das immer wieder coole "Cleaning Windows" sowie das grandiose Duett mit Dana Masters, "Whenever God Shines His Light", angetan. Insgesamt über zwei Stunden bärenstarke Live-Musik von einem Mann, dessen großartige Form im hohen Alter von 70 (Plus) gar nicht genug gewürdigt werden kann. Speziell das Instrument Stimme bleibt in den allermeisten Fällen vom Alter nicht verschont. Ein Umstand, über den Van Morrison bisher nur müde lächeln kann, denn er ist nach wie vor voll da.

Und selbst, wenn es Alben des Belfasters gibt, die nicht umgehend eingängig oder zugänglich sind, sollte diese DVD auch für Anfänger ein gefundenes Fressen und einen optimalen Einstieg darstellen.


Line-up Van Morrison:

Van Morrison (harmonica, saxophone, lead vocals)
Paul Moran (piano, Hammond organ, keyboards, trumpet)
Dave Keary (acoustic & electric guitars, lap steel guitar)
Paul Moore (double bass, electric bass)
Mez Clough (drums – 1st show)
Robbie Ruggiero (drums – 2nd show)
Dana Masters (background vocals)

Tracklist "In Concert":

  1. Too Late
  2. Magic Time
  3. Wild Night
  4. Baby Please Don’t Go/Don’t Start Crying Now
  5. Here Comes The Night
  6. Every Time I See A River
  7. Cleaning Windows/Be-Bop A Lula
  8. Let It Rhyme
  9. Whenever God Shines His Light
  10. Sometimes We Cry
  11. Going Down To Bangor
  12. The Pen Is Mightier Than The Sword
  13. Keep Me Singing
  14. Enlightenment
  15. Carrying A Torch
  16. Brown Eyed Girl
  17. Jackie Wilson Said
  18. In The Garden

"Up On Cyprus Avenue":

  1. Cyprus Avenue
  2. Celtic Swing
  3. Cleaning Windows/Be-Bop A Lula
  4. Days Like This
  5. Precious Time
  6. Sometimes I Feel Like A Motherless Child
  7. Baby Please Don’t Go/Parchman Farm/Don’t Start Crying Now
  8. It’s All In The Game
  9. Burning Ground
  10. Whenever God Shines His Light
  11. And The Healing Has Begun
  12. On Hyndford Street

Gesamtspielzeit: 135:00, Erscheinungsjahr: 2018 (2015, 2016)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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