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Vanderwolf / 12 Little Killers – CD-Review

Vanderwolf - "12 Little Killers" - CD-Review

Als so etwas wie einen Geheimtipp, zumindest aber in der Szene bestens bekannten Musiker, darf der in New York City geborene, lange Zeit in London arbeitende und vor gut zwei Jahren nach Los Angeles übergesiedelte Max Vanderwolf bezeichnet werden. Irgendwie hatte er in London seit etwa zwei Dekaden immer seine Finger irgendwo im Spiel und nahm über die Jahrzehnte wohl auch viel mehr Material auf, als dann veröffentlicht wurde. Das strahlendste Rampenlicht durfte er als Leader der Band Last Man Standing genießen, die 2008 ihr erstes – von der englischen Musikpresse übrigens abgefeiertes -, allerdings auch letztes Album auf den Markt brachten. Dem guten Max war es, glaubt man den Ausführugen auf seiner Website, immer wichtiger neue Songs aufzunehmen, als irgendwelche fertigen dann auch zu veröffentlichen. Wie man dort lesen kann, scheute er (in Ermangelung eines Labels) auch vor dem finanziellen Einsatz und der notwendigen Promo-Arbeit zurück, für die er scheinbar aufgrund seines 'Butter und Brot'-Jobs (nämlich Konzerte bzw. große Festivals wie beispielsweise das 'Meltdown' zu produzieren) auch gar keine Zeit hatte.

So ist "12 Little Killers" dann auch keine zeitliche Momentaufnahme, sondern versammelt ein Dutzend Tracks, von denen der älteste bis ins Jahr 2001 zurückreicht und die jüngste Nummer 2018 entstanden ist. Kein Wunder, dass in den Credits dann auch kein Line-up der Musiker angegeben ist, da die Liste wohl wahrscheinlich zu lang geworden wäre, falls die Aufzeichnungen überhaupt noch vollständig sind. Zumindest ist bekannt, dass Vanderwolf sehr oft mit dem Gitarrist Chris Cordoba sowie dem Schlagzeuger Chris Wyles gearbeitet hat. Aber kommen wir zum Album: Erstaunlicherweise hört man der Scheibe zu keinem Zeitpunkt an, dass sich die Aufnahmen über einen Zeitraum von 17 Jahren verteilt haben, wofür eindeutig dem Produzenten ein großes Lob ausgesprochen werden muss. Musikalisch bewegt sich diese Geschichte im Psychedelic Pop/Rock- bzw. Singer/Songwriter-Bereich, die Stücke verfügen über sehr viele gute Melodien und sind meistens sehr eingängig, ohne dabei ihre 'Tiefe' zu verlieren.

Irgendwie kommen mir bei Vanderwolf sehr oft T. Rex in ihren besten Jahren in den Sinn, während auch immer wieder andere englische 'Helden' der späten sechziger und frühen siebziger Jahre um die Ecke linsen. Selbstverständlich hinkt dieser Vergleich (mit T. Rex), aber auch hier ist die Musik meist eher sparsam arrangiert und verfügt dennoch über eine Killer-Gesangslinie. Manche Tracks, wie etwa "Ain’t Gonna Hurt", können sich auch nicht von einer tiefliegenden Melancholie freisprechen, was der Güte des Songs jedoch keineswegs schadet. Und wie bei dem gerade erwähnten Stück kommt es bei den meist ruhigeren Liedern dann auch mal zu gesanglichen Ausbrüchen. Klasse! Einer meiner Favoriten der Scheibe ist "NYC", offensichtlich eine Ode an die Geburtsstadt Vanderwolfs, bei der mich die Gesangsmelodie einfach umwirft. Sehr cool!

Nebenbei wird der Hörer zur 'Fly on the wall' (zur stummen und lauschenden Wandfliege im Studio), um die folgende, etwas skurrile Konversation (vermutlich zwischen einem der Musiker und dem Produzenten) mitzuerleben: Frage des Musikers:»Willst du, dass ich das Tamburin schüttle, oder soll ich es mit der Hand anschlagen?« Antwort:»Hau dirs doch einfach in die Fresse!« Ooookay … einerseits etwas sonderbar, andererseits – wenn man weiß, dass Künstler meist einen etwas 'anderen' Humor haben – auch irgendwie witzig, weil die Antwort so knochentrocken kommt.

Letzten Endes ist "12 Little Killers" eine wahre Wundertüte, die mit jedem Hördurchlauf wächst … und wächst … und wächst … und … aber lassen wir das. Der Albumtitel ist Programm und wer (noch?) unbekannten Namen nicht unbedingt verschlossen ist bzw. gerne mal was riskiert, wird von diesem Album garantiert nicht enttäuscht werden. Wer trotzdem erstmal antesten möchte, dem lege ich dafür den Opener "I Am Not A Mountain", "The Existential Terrier" sowie die bereits erwähnten "NYC" und "Ain’t Gonna Hurt" ans Herz. Ein Highlight im Herbst 2022.


Tracklist "12 Little Killers":

  1. I Am Not A Mountain
  2. Ain’t Gonna Hurt
  3. Somethin' 4 Nuthin'
  4. Stand By Your Fool
  5. If This Is Love (Please Make It Stop)
  6. NYC
  7. The Existential Terrier
  8. Walking Away
  9. Gisten
  10. Aftermath
  11. Headway
  12. Somebody’s Love Song

Gesamtspielzeit: 45:12, Erscheinungsjahr: 2022

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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