Various Artists / Pillows & Prayers (Cherry Red 1982-1983) – LP-Review

1982 brachte das Label Cherry Red Records seinen ersten Sampler mit dem Titel "Pillows & Prayers (Cherry Red 1982-1983)" auf den Markt.
Ende der Siebzigerjahre gegründet, gab die Plattenfirma Künstlern/Bands die Chance, aus ihrem Schattendasein ins Rampenlicht zu rücken.

Wie man aus der Cherry Red Records-Biografie erfährt, starteten Iain McNay und Richard Jones als Cherry Red Promotions.
Sie unterstützten Bands wie The Damned, The Stranglers, The Jam oder Generation X, in der Billy Idol Mitglied war.
Den Start von Cherry Red Records beschreibt Iain McNay so: »[…] On 2nd June 1978 The Tights first single was released. The following week it was record of the week in the now defunct Record Mirror, the week after that John Peel played it, and before we knew where we were we had sold our initial pressing of 2,000 records. […]«
Iain McNay stand vor der Wahl, seinen Job zu behalten oder ins Plattengeschäft einzusteigen: »[…] While I made up my mind The Tights went back into the studio with Malvern based produced John Acock to record their second single, 'Howard Hughes'. After I heard it, I decided, 'that was it', I would leave my job and try my best to turn Cherry Red into a self sufficient independent record label. […]«
Der Labelname stammt übrigens von einem The Groundhogs-Song des Albums "Split" aus dem Jahr 1971.

Der Tonarm senkt sich … knister, knister und schon sind wir mittendrin im Geschehen.
Tracey Thorn ist gleich dreimal auf der Zusammenstellung vertreten. Unter eigenem Namen serviert sie uns ein luftiges "Plain Sailing". Tolle Instrumentierung, tolle Stimme, toller Singer/Songwriter-Track.
Weiterhin spielte sie bei den Marine Girls mit. "Lazy Ways" ist ein wunderschönes, nachdenkliches Stück Indie-Music. Herrlich, dieser fragile Gesang von Alice Fox. Tracey Thorn hören wir auf der Gitarre.
Gemeinsam mit Ben Watt, der uns durch ein ruhig groovendes, fast schon jazziges "Some Things Don’t Matter" begeistert, bildet Tracey Thorn das Duo Everything But The Girl. "On My Mind" darf man als so etwas wie die Schnittstelle zwischen der Künstlerin sowie Ben Watt ansehen. In der Vergangenheit hat das Duo klasse Alben auf den Markt gebracht. Zum Zeitpunkt dieser Rezension heißt es auf der Website: »[…] Ben and Tracey currently have no plans to record or tour as Everything But The Girl. […]« Schade!

Die Elektronic-Rocker von The Passage sind mit einer Nummer von Degenerates am Start.
Zu "XoYo" heißt es in der Besprechung: »[…] Mit seinen Synthesizer-Sounds ist "XoYo" allerdings eine Art Blender, denn wohl kein anderes Lied auf der LP ist so geschmeidig eingängig wie der Opener. […]«
"I Unseen" ist ein Track der Formation The Misunderstood. Bereits zur Zeit der "Pillows & Prayers"-Veröffentlichung deutete sich das zweite Standbein von Cherry Red Records an, denn auf der Cover-Rückseite steht: »[…] we have included a track by Sixties Psychedelists, The Misunderstood, as an introduction to our Archive release programme of clssic material from around that period. […]« Echt Retro, diese Nummer!
Eyeless In Gaza ist speziell. Deren "No Noise" findet man zwischen den Stühlen, die mit Indie Rock beziehungsweise Alternative Music beschriftet sind.

Felt steht mit "My Face Is On Fire" für quirligen Independent Pop.
Felts Sänger Lawrence mit der besonderen Stimme macht Laune und die Gitarren-Action auch.
Aus dem Rahmen fällt wohl Attila The Stockbroker, der uns sein "A Bang And A Wimpy"-Gedicht in sprachlicher Hochgeschwindigkeit vorträgt. Das Publikum hat seinen Spaß.
Quentin Crisp wird unter anderem als Entertainer beschrieben. Okay, den Rezensenten kann er in seiner exakt eine Minute andauernden Ansprache nicht unterhalten.

Da punkten Bands wie The Monochrome Set und "Eine Symphonie des Grauens" im New Wave-Outfit schon erheblich mehr. Man glaubt es kaum, was uns Kevin Coyne mit seinem "Love In Your Heart" serviert. Pop ist angesagt.
Noch einen Ausreißer bietet Piero Milesis "Modi 2 (Extract)" als Ausflug in die Klassik. Hörenswert, weil eben anders als alle anderen Künstler/Bands.
Bei "Don’t Blink" hauen The Nightingales mit Garage-Gitarren-Sound einen Post Punk-Kracher raus.

Alle Bandbesetzungen wurden der Innenhülle der vorliegenden Platte entnommen.

Auf dem Cover steht: »[…] Pay no more than 99p […]«.
Es war damals in England so zirka der Preis einer Single.
Ein erfolgreicher Marketing-Trick, denn "Pillows & Prayers" erweiterte die Bekanntheit von Cherry Red Records und deren Künstler/Bands.
Anders als die Indie-Label 4AD oder Factory war Cherry Red Records sozusagen von Beginn an musikalisch breiter aufgestellt.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.

Tracklist "Pillows & Prayers":

Gesamtspielzeit: 23:48 (Side One), 23:48 (Side Two), Erscheinungsjahr: 1982