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Various Artists / Reimagining The Court Of The Crimson King – CD-Review

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Das Album "In The Court Of The Crimson King" (1969) von King Crimson gilt unbestritten als ein Meisterwerk des Progressive Rock und war wegweisend für die spätere Entwicklung vieler Bands. Hat man vielleicht beim Hören den Satz 'Das klingt sehr nach Pink Floyd' ("21st Century Schizoid Man", "Epitaph") auf den Lippen, so wird natürlich erst ein Schuh draus, wenn man die Dinge auf den Kopf stellt. Folglich darf man daraus ableiten, dass die britische Progressive-Legende Pink Floyd viele Impulse aus der Musik von King Crimson erhalten hat.

"In The Court Of The Crimson King" strotzt vor stilistischer Vielfalt. Neben Progressive Rock ragen Rock, Hard Rock, Art Rock und Jazz aus dem Klanggebilde heraus. Die Musik versprüht den Hauch der damaligen Zeit und hält dieses Lebensgefühl aufrecht. Dies mag überhaupt die Kunst vieler Bands gewesen sein, die vor 50, 60 Jahren auf dem Höhepunkt der Karriere ihren eigenen Stil pflegten, aber in der Gegenwart für uns noch immer präsent sind, ohne damals selbst an die Zukunft gedacht zu haben. Das beste Beispiel für Modernität ist der Titelsong des Albums, "The Court Of The Crimson King". Viele Passagen sind zeitlos geprägt und klingen heute noch gefällig oder sogar modern. Hinzu kommt bei diesem Stück der hohe Wiedererkennungswert.

Übrigens liegen hier keine Druckfehler vor. Während der Bandname King Crimson lautet, führt der Name des Werkes und des Titelliedes den Begriff "Crimson King". Mag das Mitwirken von James LaBrie, dem Sänger von Dream Theater, auf den ersten Blick ein wenig überraschend erscheinen, so ist ihm doch der Gesangspart wie auf den Leib geschrieben. Eine Paraderolle von bleibender Wirkung. Als Fan von Dream Theater erkennt man ihn sofort und findet Gefallen daran. Am Mikrophon standen außerdem bei den verschiedenen Aufnahmen Todd Rundgren, Arthur Brown, als Teil der aktuellen Crimson-Besetzung Jakko M. Jakszyk sowie Joe Lynn Turner (Ex Deep Purple). Auch darüber hinaus ist das Line-up prominent besetzt (Ian Paice, Nik Turner, Carmine Appice, Brian Auger und Marty Friedman). Bemerkenswert ist aus meiner Sicht das Engagement von Jürgen Engler (Die Krupps), der bei seiner angestammten Düsseldorfer Band ein anders Klangspektrum abdeckt. Doch gerade das Zusammentreffen dieser verschiedenen Künstler macht den Reiz dieser Neuaufnahmen aus, kommt auch hier die enorme Bandbreite zum Ausdruck.

Die ursprünglichen King Crimson wirkten einerseits als Talentschmiede, denn viele ehemalige Mitglieder wechselten zu großen Namen. Erwähnung finden an dieser Stelle beispielsweise Frank Zappa, Peter Gabriel, Yes, David Bowie. Andererseits waren es musikalische Differenzen in den eigenen Reihen, die größere Fluktuation zur Folge hatten. So mag es nicht verwunderlich erscheinen, dass King Crimson 57 Jahre nach ihrer Gründung durch Robert Fripp und Michael Giles immer noch aktiv sind, aber in dieser Zeit gleichzeitig vier Auflösungen und fünf Neugründungen zu Buche stehen. Schummeln darf durchaus erlaubt sein.  In dieser Fülle der Neugründungen einer Band ist diese Entwicklung aber fast schon ein Alleinstellungsmerkmal.

Während die Musik von King Crimson viele Künstler inspiriert hat, ist der Ruf dieser Band – daraus resultierend – zweifelsfrei ein sehr guter. Zurück noch einmal zu "Reimagining The Court Of The Crimson King". Das Album ist eine Art Reloaded im Sinne einer klassischen Neuaufnahme. Nicht nur die gesanglichen Leistungen überzeugen; die Instrumentalparts ("Moonchild") sind eine Klasse für sich! Ein Cover ist es trotz der erwähnten Musiker nicht, weil die Produktion sehr nah an das Original kommt. Der Wert des Albums liegt darin begründet, einen Meilenstein der Rockmusik ins Gedächtnis zu rufen. Ein Meilenstein von besonderem Wert. Das ist ein probates Mittel, denn so werden mehrere Genrationen gleichzeitig angesprochen. Es ist eine Musik, die den Protagonisten von einst Respekt abverlangt, weil diese die Saat für ganze Künstlergenerationen legten.

Fazit: An alten Klassikern können sich Musiker der Gegenwart immer wieder ausprobieren. Nicht nur nebenbei leitet sich daraus zwangsläufig der Wunsch ab, einmal zum Original zu greifen. "Reimagining The Court Of The Crimson King" ist ein Kapitel guter Unterhaltung, es ist zeitgeschichtliche Rockmusik.

Hier kann man nichts verkehrt manchen, nimmt man sich die Zeit zum genauen Hineinhören.


Line-up "Reimagining The Court Of The Crimson King" (Various Artists)

Todd Rundgren (vocals – #1)
Arthur Brown (vocals – #1,6)
Mel Collins (sax – #1, flutes – #2)
Chris Poland (lead guitar – #1,6)
Ian Paice (drums – #1, 6)
Jürgen Engler (guitars, bass, keyboards – #1,4,5,6)
Django Jakszyk (bass – #2)
Jakko M. Jakszyk (guitar, keys, vocals – #2)
Alan Davey (bass, mellotron, organ – #3)
Paul Rudolph (electric & acoustic guitars – #3)
Nik Turner (flute – #3)
Adam Hamilton (drums – #3)
Danny Faulkner (vocals – #3)
Joe Lynn Turner (vocals – #4)
Marty Friedman (guitar – #4)
Jah Wobble (bass – #4)
Chester Thompson (drums – #4)
James LaBrie (vocals – #5)
Carmine Appice (drums – #5)
Steve Hillage (guitar – #5)
Brian Auger (keys – #6)

Tracklist "Reimagining The Court Of The Crimson King":

  1. 21st Century Schizoid Man (6:59)
  2. I Talk To The Wind (6:17)
  3. Epitaph (4:57)
  4. Moonchild (12:30)
  5. The Court Of The Crimson King (5:58)
  6. 21st Century Schizoid Man (Alternative Version) (5:58)
  7. 21st Century Schizoid Man (Instrumental) (6:59)

Gesamtspielzeit: 49:38, Erscheinungsjahr: 2024

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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