Der Untertitel dieser achtundzwanzig Songs starken Kollektion von Bear Family Records lautet: "28 risque Hillbilly Songs from the ’30s". Also soll es sich um schlüpfrige und nicht unbedingt salonfähige Stücke handeln. Nun, alle im Booklet abgebildeten Damen im Cowboy-Outfit sind in der Tat recht spärlich bekleidet. Ein Skandal? Heute sicher ganz und gar nicht mehr, vielleicht damals, in den Dreißigern, eventuell gar nicht so schlimm. Aber wahrscheinlich bezieht sich der Untertitel dann auch wohl eher auf die Texte und Songtitel. Und hier geht es mit Sicherheit um den übermäßigen Genuss von Alkohol, um Hurerei, Geschlechtsverkehr im Allgemeinen und ähnlich Lustvolles.
»If selling sex is the oldest profession, telling sex, in jokes and stories, and songs made out of them, may be humanity’s oldest topic of conversation.«, so die einleitenden Worte im umfangreichen, fünfzigseitigen Booklet. Und nicht nur, dass in diesem sämtliche Lieder mit exaktem Aufnahmeort, Aufnahmedatum und Bandbesetzung aufgeführt sind, sondern wir finden auch alle Songtexte, so dass wir Hörer/innen alle gemeinsam dem Laster nachgehen können. Ja, und hier findet sich so manche Zote und Zweideutigkeit.
Musik der dreißiger Jahre, das wird niemand von uns wirklich miterlebt haben, wir können es aber nun nachholen. Dabei wird man zwangsläufig in eine andere, eine neue Welt verfrachtet werden. Beim Durchlesen der beteiligten Künstler fiel mir dann auch nur einer auf, der mir bekannt ist, das ist Gene Autry, der Countrymusiker. Und so, der Untertitel verriet es bereits, geht es grundsätzlich auch musikalisch in diese Richtung, zum Hillbilly. Diese Musik war Bestandteil der damaligen Country & Western-Musik und speiste sich unter anderen auch aus dem Blues, man höre zum Beispiel den "Red Nightgown Blues" (#3). Aber auch Cajun-Klänge lassen sich vernehmen, hier bei "How Long?" der Cofer Brothers, und kräftig geswingt im Stile des Western Swing wird ebenfalls reichlich. Somit wird man hier keine feingeschliffene Musik hören, sondern eher das, was in einschlägigen Honky Tonks oder Bordellen an der Tagesordnung war. Texte, die entweder tatsächlich direkt auf den Punkt kommen, oder leicht umschrieben das Thema berühren, aber auch an Doppeldeutigkeiten hat es nicht gefehlt.
Ungeachtet dessen, losgelöst von der Thematik, ist dieses Musik, die echt anmacht, die eine fröhliche Stimmung verbreitet und direkt aus der Seele kommt. Hierbei kommt uns so manch ein verquerer und quengelnder Gesang in die Quere, mitunter hart an der Grenze des guten Geschmacks, dafür aber von Herzen kommend, zu Herzen gehend.
Tracklist Various Artists:
- Bang Boys – When Lulu’s Gone
- Hartman’s Heart – Breakers Feels Good
- Jimmie Davis – Red Nightgown Blues
- Southern Melody Boys – Wind The Little Ball Of Yarn
- Cofer Brothers – How Long?
- Cliff Carlisle – Ash Can Blues
- Tom Ashley – My Sweet Farm Girl
- Hartman’s Heart – Breakers No Huggin' Or Kissin'
- Nichols Brothers – She’s Killing Me
- The Pine Mountain Boys – She Wouldn’t Be Still
- Milton Brown & His Brownies – Somebody’s Been Using That Thing
- Jimmie Davis – Tom Cat And Pussy Blues
- Light Crust Doughboys – Pussy, Pussy, Pussy
- Cliff Carlisle – Mouse’s Ear Blues
- Gene Autry – Bye Bye Boyfriend
- Buster Carter & Preston Young – It Won’t Hurt No More
- Girls Of The Golden West – Bucking Broncho (My Love Is A Rider)
- Bang Boys – Doin' It The Old Fashioned Way
- Callahan Brothers – She Came Rollin' Down The Mountain
- Riley Puckett – Nobody’s Business
- Jimmie Davis – Jellyroll Blues
- Hartman’s Heart – Breakers Let Me Play With It
- Bill Cox & Cliff Hobbs – Oozlin' Daddy Blues
- Modern Mountaineers – Everybody’s Truckin'
- Gene Autry – Frankie And Johnnie
- Jimmie Davis – She’s A Hum Dum Dinger
- Buddy Jones – She’s Selling What She Used To Give Away
- The Tune Wranglers – Red’s Tight Like That
Gesamtspielzeit: 77:34, Erscheinungsjahr: 2018
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