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Viel Kraft in den zwei Worten / Im Gespräch mit Biff Byford

Biff Byford, März 2018, Dresden. © Mario Keim

Biff Byford, März 2018, Dresden. © Mario Keim

Am 4. Februar 2022 erscheint mit "Carpe Diem" das 23. Studioalbum der britischen Heavy Metal-Legende Saxon. Wir sprachen mit Sänger und Gründungsmitglied Biff Byford über die Neuerscheinung und hatten weitere Fragen rund um seine Person und die Band.

RockTimes: "Carpe Diem" heißt Euer neues Album. "Carpe Diem" ist ein großer Titel. Wer kam auf die Idee, dieses Werk so zu nennen und was war der Grund dafür?

Biff: Ja, es steckt viel Kraft in den zwei Worten. Ich finde, es passt, speziell auch zur jetzigen Zeit – man sollte nutzen, was man kann, nichts verschieben. Das war eine gemeinsame Entscheidung. Irgendwann kamen wir darauf und fanden es gut

RockTimes: Steckt hinter dem lateinischen Begriff "Carpe Diem", also übersetzt "Nutze den Tag" , vielleicht auch etwas Persönliches, wenn man weiß, dass es bei Dir Ende 2019 einen Einschnitt infolge von Krankheit gab?

Biff: Soweit möchte ich nicht gehen, es ist ja ein Saxon-Album und kein Biff-Solo-Album. Die Geschichte hinter dem geflügelten Wort, irgendwie passte es und wie man weiß, bin ich auch historisch interessiert und es hat sich dann als passend herausgestellt.

RockTimes: Darf man an dieser Stelle fragen, wie es Dir geht, wie Du Dich fühlst? Schließlich bist Du in jüngster Zeit sehr aktiv gewesen, was die Neuveröffentlichung von Studioproduktionen betrifft.

Biff: Ja, ich fühle mich gut. Ich mache nach wie vor lange Spaziergänge und versuche, ein bisschen mehr Sport zu treiben, aber es hat sich alles sehr gut entwickelt, danke der Nachfrage. Der Lockdown hat uns alle zum zu Hause bleiben gezwungen und viel machen konnte man nicht. Als Musiker jedoch hast du immer Ideen und bist kreativ.

RockTimes: Noch einmal zum neuen Album "Carpe Diem": Was darf man in musikalischer Hinsicht erwarten? Gibt es vielleicht einen Lieblingssong, den bereits Du vor der Veröffentlichung herausstellen möchtest?

Biff: Das ist immer eine Frage, die ich nicht gern beantworte. Es gibt keinen Lieblingssong, da Du immer versuchst, ein fantastisches Album zu machen und Dir alle Songs, die wir ausgewählt haben, am Herzen liegen. Ich liebe die schnelleren Songs, mag aber auch "The Pilgrimage". Ich denke, es ist ein Saxon-Album mit vielen Facetten, guten Riffs und moderner. Auf jeden Fall wird die erste Radiosingle "Carpe Diem" sein.

RockTimes: Der Band Motörhead sagt man nach, dass Deutschland fast eine zweite Heimat für sie gewesen sei, weil die Musiker hier so oft zu Gast waren. Ihr hattet zu ihnen ein sehr enges freundschaftliches Verhältnis. In Deutschland zählen sehr viele Fans seit mehreren Jahrzehnten ebenso auf die Legende Saxon. Hast Du eine spezielle Botschaft an sie?

Biff: Wir wissen, was wir an den deutschen Fans haben. Sie sind loyal, unterstützen uns immer und machen unsere Konzerte zu etwas ganz Besonderem. Unsere deutschen Fans sind einfach klasse! Danke für euren langjährigen Support!

RockTimes: In Anbetracht des aktuellen Geschehens sollte man auch kurz über Corona sprechen. So wie sich die Situation darstellt, war die Zeit der Pandemie nicht unproduktiv für Dich. Kannst Du diesen Eindruck bestätigen?"

Biff: Das hatte ich oben schon erwähnt. Man konnte kaum etwas machen, sich nicht treffen; aber Ideen hatten wir. Schreiben und Aufnehmen war das Nächstliegenste….

Biff Byford, März 2018, Dresden. © Mario Keim

Biff Byford, März 2018, Dresden. © Mario Keim

RockTimes: Das sehr respektable Album "Red Brick City", das Du mit Deinem Sohn Sebastian unter dem Namen "Heavy Water" aufgenommen hast, wurde bewusst als Lockdown-Projekt umgesetzt. Hat das einen besonderen Grund?

Biff: Wir hatten schon länger vor, etwas Gemeinsames zu machen. Der Lockdown bot sich an, Seb war mehr zu Hause und eigentlich war Seb die treibende Kraft und für mich war es interessant, die zweite Geige zu spielen und mich auf etwas einzulassen. "Heavy Water" spiegelt mehr die musikalische Seite und die Einflüsse meines Sohnes wider.

RockTimes: Das Cover-Album Inspirations zeigt Saxon in der Öffentlichkeit von einer völlig neuen Seite. War es ebenfalls als ausgesprochenes Lockdown-Album geplant?

Biff: Nicht wirklich. Aber wir hatten solch einen Spaß zusammen zu spielen und den Fans mal etwas anderes zu bieten und hinzu kam, dass unser Label nach einer neuen Platte gefragt hat. Die Idee war irgendwie schon da und wir fanden es großartig und machten uns an die Arbeit.

RockTimes: Wie fühlt es sich an, wenn eine so tourfreudige Band wie Ihr in der Pandemiezeit nicht ein einziges Mal auf der Bühne stehen darf?

Biff: Uns geht es wie allen anderen Bands, wir lieben es, live zu spielen, wir lieben es, auf der Bühne zu stehen für unsere Fans zu spielen und zu touren. Nichts ging. Es war sehr trostlos. Man darf auch den finanziellen Aspekt nicht vergessen. Einfach war und ist das für keinen Künstler. Zum Glück konnten wir im August Bloodstock spielen und werden jetzt im November beim Metal Hammer-Paradise in Deutschland dabei sein. Es geht also wieder ein bisschen voran und wenn alles so bleibt, gehen wir nächstes Jahr auf große Tour

RockTimes: Gab es in der Geschichte von Saxon schon einmal eine vergleichbare Situation? Musstet Ihr schon einmal aus einem anderen Grund eine solche Zwangspause einlegen?

Saxon, März 2018, Dresden. © Mario Keim

Saxon, März 2018, Dresden. © Mario Keim

Biff: Nein, nicht in der Dimension

RockTimes: Gibt es einen Masterplan, wie die betroffenen Musiker und Bands dem hoffentlich baldigen Ende der Pandemie begegnen können? Seid Ihr als Saxon für den Neustart gut gewappnet?

Biff: Es gibt keinen Masterplan, wie auch, wir sind komplett abhängig von dem Geschehen und wie sich die Pandemie entwickelt und was man machen darf. Aber eines ist sicher: Wir sind bereit

RockTimes: Zum Abschluss zwei persönliche Fragen: Zu welchem Eurer Alben hast du die engste Beziehung? Welches liegt Dir ganz besonders am Herzen?

Biff: Die Frage kann ich nicht beantworten. Wie gesagt, alle Alben, die wir machen, sollten immer gut sein. Es gibt Fan-Favoriten, es gibt Alben, die sich besonders gut verkauft haben und Alben bzw. die Musik, die uns zum großen Durchbruch verholfen hat und das sind auch die Songs, die uns immer noch tragen

RockTimes: Welches Lied oder welches Album eines anderen Künstlers berührt Dich emotional am meisten?

Biff: Auch diese Frage kann ich nicht beantworten. Ich wurde das auch gefragt, als wir 'Inspirations' das Cover Album herausbrachten. Irgendwie berühren uns die Songs alle, jeder Song hat seine Geschichte, es geht immer um Songs, die uns inspiriert haben oder beeinflusst haben . Es wäre nicht gerechtfertigt, den Einen zu nennen.

RockTimes: Danke und hoffentlich sehen wir uns im nächsten Jahr auf Tour.

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
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2 Kommentare

  1. Mario Keim

    Erst einmal ein großes Dankeschön an meinen Namensvetter für das Feedback. Ich habe Dich an dieser Stelle schon viel früher entdeckt und Deine Zeilen stets verfolgt. Tatsächlich war dies ein Interview mit Fragen per E-Mail. Nach meinen guten und sehr guten Fremdsprachenkenntnissen in der Schule (Russisch Note 1 Abitur, Englisch Note 2)sind diese mit der Zeit (Armee, Studium) völlig versiegt. Mit den Jahren tat sich keine ernsthafte Möglichkeit auf, einen längeren Auslandsaufenthalt zum Erlernen einer anderen Sprache zu belegen. So musste ich kneifen, als man mir zu Beginn der 1990er Jahre (1991 oder 1992) nach einem Konzert in Erfurt ein Interview mit Biff anbot. Aber das ist ein anderes Thema und sicherlich das traurigste Kapitel in meinem doch erfüllten Leben.
    So kann ich sagen, dass ich zwar nicht persönlich mit dem Sänger gesprochen habe, aber im Nachgang derart überwältigt war, dass ich mit den Tränen kämpfen musste. Biff antworte allumfassend und zügig (weniger als 48 Stunden inklusive Wochenende). Beim Lesen des Textes, Fragen und Antworten inbegriffen, spüre ich immer wieder die persönliche Ebene. Ich habe viele persönliche Favoriten (Iron Maiden, Dream Theater, Judas Priest), aber Saxon erscheinen mir als die emotionalste Band. Sehr treffend hast Du deren Leistungsvermögen anno 2021 beim jüngsten Auftritt beschrieben – trotz Corona. Für mich ist neben den bemerkenswerten Neuerscheinungen wesentlich, dass ihre Ohrwürmer fast alle um die 40 Jahre alt sind. Sie klingen aber derart zeitgemäß, als wären sie erst gestern entstanden. Für einen Nummer 1-Hit der Band kann man sich in der Tat nicht entscheiden. Wie Du nachlesen kannst, tut sich Biff schwer damit, Vergleiche zu ziehen oder Favoriten zu benennen.
    Abschließend noch eine persönliche Anmerkung: Ich schreibe seit 2010 für Rocktimes. Zu Beginn als Autor, seit 2019 in der Redaktion. Im Journalismus bin ich seit 1990 tätig, vom 1990 bis 2016 hauptberuflich und seitdem weiter im Nebenerwerb. Mein Anspruch ist es natürlich, ab und zu Interviews zu verfassen, um damit authentische Unterhaltung anzubieten. Sie wollen gut vorbereitet sein. Die Reaktionen im Freundeskreis nach Veröffentlichung dieses Textes waren pure Freude. Der Text lebt neben den Fragestellungen in einem starken Maße von einem Sänger, der bereit war, im Handumdrehen auf einen umfangreichen Fragenkatalog einzugehen und zu antworten. Ich glaube, er hat die Seelenverwandtschaft mit einem 13 Jahre jüngeren Fan geteilt. Danke Dir, Biff.

  2. Mario

    Hallo Mario,
    ich beneide Dich – meinen Namensvetter – darum, dass Du Dich offenbar persönlich mit Biff unterhalten konntest, das war mir leider bisher nicht vergönnt. Ein interessantes Interview, das ich um ein paar Anmerkungen zum Auftritt von Saxon am vergangenen Freitag beim Metal Hammer Paradise in Weißenhäuser Strand ergänzen möchte. Wie gewohnt erstklassig organisiert – nochmals Dank an das Team von skp skorpio und metal hammer – war die Bühne um 23.30 Uhr bereit und lautes Motorrad-Geknatter aus den Boxen verkündete es: Saxon gingen sofort in die Vollen mit „Motorcycle man“, kraftvoll und mit glasklarem Sound. Biff war stimmlich voll da ohne die geringsten Anzeichen für irgendwelche gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die Instrumentalisten präzise wie immer. Bereits als dritter Titel kam „Wheels of steel“ und ich fragte mich, was wollen die noch bringen, wenn derartige Granaten schon zu Beginn gezündet werden. Biff teilte mit, es sei der zweite Auftritt seit Beginn der Pandemie, kaum zu glauben, woher nehmen sie dann ohne Tour-Routine diese Perfektion? Doug Scarratt und Paul Quinn an den Gitarren spielten erstklassig und punktgenau, insbesondere Paul habe ich bislang bei anderen Konzerten noch nie so gut gehört. Bassist Nibbs Carter tobte über die Bühne wie aufgedreht und Nigel Glockler legte das erstklassige Fundament für die Herren vor ihm. Es war wirklich ein Genuß und es machte offensichtlich allen auf und vor der Bühne riesigen Spaß. Kein Dauerbrenner wurde ausgelassen – And the bands played on, Crusader, Solid ball of rock – und zum Schluß spielten sie „747 Strangers in the night“ und „Never surrender“ mit derselben Energie wie am Anfang. Grandiose 90 Minuten, die ich auch nach über 50 Jahren Konzerterfahrung aufgesogen habe wie ein Schwamm. Neben vielen anderen habe ich Deep Purple, AC/DC, Motorhead, Iron Maiden, Accept, Helloween, Judas Priest und die Scorpions live erleben dürfen, aber für mich sind und bleiben Saxon auf ihrem Gebiet die Größten.

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