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Virna Lindt / Shiver – LP-Review

Was sollte man über Virna Lindt wissen?
Stockholm, blond, blaue Augen … Virna Lindt.
Einerseits wurde die Schwedische Künstlerin durch eine durchaus avantgardistische Sichtweise auf die Musik als auch durch ihren Sprechgesang bekannt.
Zur Geschichte der damals Übersetzung studierenden Virna Lindt gehört, dass »[…] on a train bound for London, she met songwriter Tot Taylor and told him of her plan to make a record like "a Hitchcock theme with a rock ’n' roll beat". […]«
Alleine diese Kombination ist kurios.
Zurück in Stockholm wurde "Attention Stockholm" aus dem Jahr 1981 »[…] in one 'live' three-hour-session with a small ad-hoc orchestra […]« eingespielt.

Die Single sollte »[…] the first record on Taylor’s influential The Compact Organization art-house label […]« werden.
Für Virna Lindt folgte die 7″-Single "Young & Hip" und schließlich kam 1984 "Shiver" auf den Markt. Die Platte enthält Kompositionen der Protagonistin, die sie zum Teil gemeinsam mit Tot Taylor geschrieben hat.
1985 legte Virna Lindt das Album "Play/Record" nach und 1989 folgte die Compilation "The Dossier On Virna Lindt".
Der vorliegenden LP liegt (immer noch) einiges an Werbematerial für die Plattenfirma bei. Unter anderem werden weitere Künstler/Bands wie Fontana Mix, Dee Walker beziehungsweise Mari Wilson gelistet.

Der Tonarm senkt sich … knister, knister und schon sind wir mittendrin im Geschehen.
Beginnen wir mit der bereits erwähnten ersten Single, "Attention Stockholm".
Nach einem langgezogenen Glockenschlag und einem eher besinnlichen Intro nimmt das Stück ziemlich nervös Fahrt auf. Der Wechsel zu einer etwas ruhigeren – von Virna Lindt gesungenen Phase – hin zu dem flirrenden – mit Sprechgesang versehenen Part – ist geschickt. Das Wechselspiel, hier und da an Intensität zunehmend, ist das Salz in der Suppe dieser Nummer zwischen flottem Pop und eigenwilligen Parts. Sehr gelungen!

Dann haben wir es mit einem extremen Kontrast zu tun.
Der Hörer muss sich, wenn es um den "Underwater Boy" geht, umstellen. Sanft umgarnt man die Trommelfelle. Feine Piano-Läufe gehen einher mit verträumten Synthesizer-Klängen. Virna Lindt singt, zumindest bis eine Trompete die Szenerie beherrscht. Dann ist wieder mehr Sprechen als Singen angesagt. Toll, diese stimmungsvolle Ballade.

Das Album beginnt mit dem Titelsong "Shiver".
Wer bei diesem Opener nicht bei der Sache ist, für den werden die folgenden Songs ins Leere laufen.
Virna Lindts Musik geht von Avantgarde, auch in Pop-Auslage über die Anlehnung an Chansons bis hin zum Synthesizer Pop. In einem Track darf durchaus auch gemischt werden.

Über ein von Streichern inszeniertes "Pillow Talk" kommt es bei "Swedish Modern" zu etwas besonders Ungewöhnlichem, auch wenn fast alles hier außergewöhnlich ist.
In aller Kürze wird dieses Lied gesteuert von mehr oder weniger psychedelischen Untertönen, die von der Protagonistin abermals sprechend überlagert werden.
Wenn auch ganz anders arrangiert darf man "The Dossier On Virna Lindt" als eine Vorwegnahme von "Underwater Boy" ansehen. Sehr gelungen!
Auf der anderen Seite geht es zum Schluss um "Intelligence". War "Swedish Modern" furios, ist das Album-Ende gehobener Pop.

Virna Lindts "Shiver" ist ziemlich unkalkulierbar, wie eine Art Achterbahnfahrt, bei der es auch rauf und runter geht.
Auf Spannung folgt Entspannung.
"Shiver" beinhaltet viel Überraschungen.
Virna Lindt ist immer noch aktiv. "Avant-Garde (Pt 1)" und "Avant-Garde (Pt 2)" sind zwei Songs, die Anfang Dezember 2019 auf ihrer Bandcamp-Seite veröffentlicht wurden.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.


Line-up Virna Lindt:

Virna Lindt (voice-over, keyboard machines, piano)
Danne Mörck (guitars)
Kristina Sandberg (guitars)
Keith Airey (guitars)
Lotta G. (bass)
Dennis Smith (bass)
Colin Ryan (bass)
Martin Gold (bass)
Boyd Rattle (synthesizers)
Ann Malmsten (percussion)
Liv Lindt (percussion)
Pernilla Holgersson (trumpet, drums)
Paul Bultitude (drums)
Johnny Fontaine (drums)
Helena Arrakoski (backing vocals)
Cody (backing vocals)
The Stockholm Radio Symfoniorkester

Tracklist "Shiver":

Side 1:

  1. Shiver
  2. I Experienced Love
  3. Pillow Talk
  4. Swedish Modern
  5. I Beat The System
  6. The Dossier On Virna Lindt

Side 2:

  1. Attention Stockholm
  2. Underwater Boy
  3. Groom
  4. Letter To Sergei
  5. Intelligence

Gesamtspielzeit: 17:36 (Seite 1), 20:01 (Seite 2), Erscheinungsjahr: 1984

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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