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Visitor 2035 / Same – CD-Review

Visitor 2035 / Same

Visitor 2035 – das ist ein Projekt des US-amerikanischen Keyboarders, Songwriters und Arrangeurs Craig Pruess. Die Band wurde 1973 in Sussex, England, gegründet, zunächst unter dem Namen Touch. Die letzte Besetzung formierte sich 1976, die eine Platte auf eigene Faust einspielte: "Cain! A Modern Mystery Play'" aus 1976. Es folgte dann dieses offizielle Debüt-Album auf dem deutschen Label Hansa. Leider blieb es bei dieser Platte und erfolgreich war sie auch nicht, entstand sie doch damals in England, als dort das Punk-Fieber grassierte. Da passte diese Musik nicht und war eher für die Nische bestimmt, so heißt es.

Nun haben die beiden Musiker Craig Pruess und Peter Stroud die alten Bänder technisch überarbeitet und ein neues Master gefertigt. In Zusammenarbeit mit MIG Music haben wir jetzt also die Gelegenheit, die Musik noch einmal zu genießen, oder das zu genießen, was man damals vielleicht verpasst hatte.

So, nach dem ersten Hördurchgang sind Assoziationen en masse gepurzelt. Ich fasse zusammen: Zunächst einmal ist es offensichtlich, wie sehr sich die meisten Songs am Jazz Rock der Siebziger britischer Prägung anlehnen. Isotope, Gary Boyle allen voran, dann aber führen mich meine Gedanken auch in die Vereinigten Staaten, Musik aus der Blütezeit des Jazz Rocks, ich vernehme Spuren von Chick Coreas Return To Forever, vor allem, wenn sich Keyboarder und Gitarrist gemeinsam 'unterhalten', diese typischen Zwiegespräche im Wechsel der Soli. Dann wiederum bringt Schlagzeuger Nigel Robinson mit seinem rollenden Sound ein gerütteltes Maß des Spiels eines Billy Cobham ein. Gleich zu Beginn mit dem furiosen Auftakt mit "Don Genaro’s Waltz" wird das sehr deutlich. Aber auch an den Kollegen Lenny White erinnert mich sein treibendes und hitziges Spiel. Und gerade an dessen Platte "Venusian Summer" aus 1975, besonders auffällig grundsätzlich bei "Centre Of The Winds" hinsichtlich des Arrangements.

Doch selbst vom typischen Jazz Rock schweift man gelegentlich ab. So höre ich bei "At The Gates (Of Cosmic Consciousness)", wie sich die Türen leicht hin zum Prog Rock öffnen. Und "Cassiopeia" ist ein ganz ruhiger Song, der schon fast Bestandteil eines Film-Soundtracks sein könnte und einen Tick von Unterhaltungsmusik mit sich trägt. Hier ist auch einer der Momente, wo Craig Pruess mit dem Spiel seiner Trompete entsprechende Akzente setzt. Ansonsten ist die Musik dieser Produktion grundsätzlich geprägt von kraftvollen und breitflächigen symphonischen Elementen mit entsprechenden Keyboards-Texturen, die vom Sound der Gitarre unterstützt werden.

Eigentlich ist es mir unverständlich, dass das Album seinerzeit so unterging, gab es zur gleichen Zeit doch etliche wirklich erfolgreiche Platten von Acts wie Larry Coryell, John McLaughlin, Mahavishnu Orchestra, Chick Corea, Billy Cobham, Lenny White und vielen anderen. Denn musikalisch hätte die Band damals auf jeden Fall gut mithalten können. Offensichtlich ist das Album von der Plattenfirma oder wem auch sonst, nicht genügend beworben und verbreitet worden. Jedenfalls kann es nicht am Aufblühen und der Hinwendung zum Punk gelegen haben, denn jenes Klientel wird sich nicht mit den soeben von mir aufgeführten erfolgreichen Interpreten des Genres Jazz Rock/Fusion auseinander gesetzt haben.


Line-up Visitor 2035:

Craig Pruess (ARP synthesizers, pianos, trumpet, orchestral chimes, vibes, taped effects)
Ray Deefholts (electric guitar, acoustic guitar)
Peter Stroud (Gibson bass, Fender fretless bass, double bass)
Nigel Robinson (drums, tympanis, timbales, assorted percussion)

Tracklist "Same":

  1. Don Genaro’s Waltz (4:44)
  2. At The Gates (Of Cosmic Consciousness) (4:45)
  3. Toefunk (4:13)
  4. Celestial Dream Song (6:54)
  5. Centre Of The Winds (7:17)
  6. Cassiopiea (5:42)
  7. Contemplation (7:18)

Gesamtspielzeit: 40:57, Erscheinungsjahr: 2023 (1978)

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
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Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

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