Die leider mittlerweile verstorbene Ikone Lemmy Kilmister hatte es mehrere Male in seinen vielen Interviews betont: »Der Rock’n’Roll wird niemals sterben. Lass jede beschissene Mode und jeden beschissenen Trend kommen, denn die werden ziemlich schnell auch wieder verschwunden sein. Was immer bleiben wird, ist der Rock’n’Roll!« Und so scheint es tatsächlich in den ca. 18 letzten Monaten immer mehr Bands zu geben, die ihre Liebe zu dem Sound der späten sechziger sowie der siebziger Jahre, ausgiebigen Gitarren und fetten Keyboard-Teppichen ausleben und unters Volk bringen möchten. Nur ein Beispiel dafür ist die Aschaffenburger Band Vvlva (den Versuch, den Namen auszusprechen bitte erst nach dem Genuss einiger Erfrischungsgetränke und seitlich angewinkelt stehend in Angriff nehmen), die sich mit Hingabe auf diese Ära gestürzt hat und nun mit "Path Of Virtue" ihr Debütalbum vorlegt.
Viele verschiedene Bands kann man als Einflüsse ausmachen, die die fünf Musiker jedoch meist so geschickt nutzen und in ihre eigenen Tracks einbauen, dass dieser Erstling mehr als einmal ein zufriedenes Lächeln auf die Lippen des Rockfans zaubert. Könnte es eindeutiger sein als bei dem Opener "Black Sands"? Hier lässt die Band bzw. Christian Karl direkt zum Start eine waschechte Jon Lord/Deep Purple-Gedächtnis-Orgel erklingen, bevor der Rest der Band einsteigt und einen wahren Monster-Sound kreiert, der keine Wünsche offen lässt. Die fetten Background Vocals erinnern sehr stark an Uriah Heep, sodass wir es hier musikalisch letztendlich mit einem Longtrack-Zwitter der beiden vorgenannten Bands zu tun haben. Wobei der Gesang zugegebenermaßen dann doch deutlich anders klingt. "Motel Floor" schließt nahtlos an den Opener an, wenn die Nummer auch etwas bluesiger, etwas (im positiven Sinn) zähflüssiger durch die Boxen strömt.
Black Sabbath schielen bei "Cryptic Faith" um die Ecke, speziell was die Gitarrenarbeit von Philipp Muschal betrifft. Selbst wenn man anfangs zwangsläufig etwas an Santana denken muss, entwickelt sich der Track nach etwa siebzig Sekunden doch deutlich in Richtung der vier Engländer aus Aston (Birmingham). Aber auch hier sorgen eigene Riffs sowie der ganz eigene Gesang von Tobias Ritter wieder für den notwendigen Unterschied. Stark! Der Titelsong beginnt entspannt im Walzer-Takt, bevor er sich nach etwas mehr als dreißig Sekunden in einen coolen Psychedelic-Rocker verwandelt. Mein persönlicher Favorit ist allerdings der Rausschmeißer "Second Voice", der sich in eher ruhigen, dafür aber sehr atmosphärischen Gewässern aufhält und von der traumhaft passenden Steel Guitar des Gastes Wolfgang Haselberger unterstützt wird. Der psychedelische Anteil ist hier zwar nicht mehr ganz so stark vertreten, was dem Stück jedoch nichts von seiner Klasse nimmt.
Eine Sonderstellung auf der Scheibe hat "Dieb der Seelen" alleine schon wegen seinem deutschen Text. Vvlva legt sich also – das wird spätestens hier klar – weder musikalische noch anderweitige Ketten an. Musik muss frei sein und auch mal über Tellerränder schauen können. Während der Sound hier wieder deutlich im Purple-Lager angesiedelt ist, führt der Gesang den Hörer in Richtung NDW und ganz speziell zu Kai Havaii (Extrabreit). Dieser Titel bringt natürlich zusätzlich Abwechslung in die Partie, was einem Album niemals schaden kann. Sehr cool auch die zwischendurch mal gephasten Drums und die erneut fast unwiderstehliche Power des Quintetts. Soundeffekte eröffnen schließlich "Adam’s Owe", das noch einmal bluesig-walzend in die erste Runde startet, bevor immer wieder mal der dritte und sogar vierte Gang eingelegt werden. Diese Aschaffenburger Jungs haben auch das Spiel mit den Tempi richtig gut drauf.
Fazit: Mit "Path Of Virtue" hat Vvlva ein sehr starkes Debüt vorgelegt, das den Freunden des Siebziger-Rocks und den im Review erwähnten Bands sicher sehr viel Freude machen wird. Wenn die Combo ihren eigenen Sound noch etwas verfeinert und persönlicher nach Vvlva klingen lässt, dann darf man auf den Nachfolger bereits mehr als gespannt sein.
Line-up Vvlva:
Tobias Ritter (vocals)
Philipp Muschal (guitars)
Dr. Michael Hock (bass)
Johannes Seidel (drums)
Christian Karl (keyboards)
With:
Wolfgang Haselberger (steel guitar – #8)
Rene Hofman (background vocals – #1,8)
Tracklist "Path Of Virtue":
- Black Sands
- Motel Floor
- Cause And Effect
- Dieb der Seelen
- Cryptic Faith
- Adam’s Owe
- Path Of Virtue
- Second Voice
Gesamtspielzeit: 42:09, Erscheinungsjahr: 2018
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