Im November 2019 rezensierte ich das Vorgängeralbum Musings In Stereo und schrieb unter anderem »… und für mich das beste Waiting For Louise-Album unter vielen guten Vorgängern«. Weiterhin steht im Review ;za:Bleibt zu wünschen, dass dieses Vierer-Line-up zusammenbleibt, wenn es auch sicher nicht leicht sein wird, den Nachfolger über die Messlatte von "Musings In Stereo" zu heben.«
Wo fange ich an? Schon wieder habe ich das beste 'Waiting For Louise-Album’vor mir liegen und ja, das Line-up ist noch beisammen – und mit der Messlatte hat diese Truppe überhaupt kein Problem. Die Musiker sind mittlerweile so zusammengewachsen, dass sich das alles absolut rund und organisch anhört. Die ersten Töne von "Strange Times" erklingen und du weißt sofort, dass da jemand auf Louise wartet. Das musikalische Wasserzeichen ist unabwischbar. Das alles klingt so durchdacht und austariert, dass man denkt, da wird mit qualmenden Köpfen in Klausur komponiert.
Dass dem mitnichten so ist, wird auf der Bandseite erklärt, die – und das nenne ich top – nicht nur alle Texte enthält, sondern auch informiert, wie oder warum ein Stück entstanden ist. Zu "So To Say" erfährt man, dass Mastermind Michael ein paar Akkorde »klimperte« und sich fragte, ob das nun Jazz sei. Er kommt zwar augenzwinkernd auf »Yachtrock«, aber das Stück groovt ruhig und lässig in bester Barjazz-Manier dahin und so ist das auch mit Im "Hafen Von Saigon". Auch dieses Stück hat diesen lässigen, lasziven und jazzig angehauchten Duktus. Textlich zwar schwärzer, aber die Nummer zeigt, wie lässig diese Musiker in bester Perfektion agieren.
Und noch etwas unterscheidet die beiden Songs: Letzter ist in deutscher Sprache gesungen. Wieso die Band nun auch in der Muttersprache singt wird damit erklärt, dass ein übersetztes "Falsche Propheten" nicht so auf den Punkt gekommen wäre, wie das im Original gemeint ist. Wie auch immer, ich hoffe bzw. wünsche mir, dass W4L öfter auf Deutsch singen, denn das steht der Band und verleiht vielen Stücken das gewisse Etwas. Auf "Rain Meditation" ist clever entschieden wann in welcher Sprache ans Werk gegangen wird. "Greta On The Ocean" (ja, es geht um DIE Greta …) kann nur auf Englisch dargeboten werden, denn hier klingt es unüberhörbar nach Neil Young.
Michael, der im Übrigen alle Stücke geschrieben hat ("Im Hafen Von Saigon" zusammen mit Rainer Rienäcker) zeigt hier in seiner Stimmfärbung ein weiteres Pfund neben dem Komponieren. RockTimes-Leser wissen, dass der Mann neben vorliegender Band noch weitere Pferde reitet. So auch bei Songs To The Siren, einem Projekt das eher covert als eigenes Material zu spielen. Was dort aber nachgespielt wird, ist keine Ware von der Stange. Das Repertoire können nicht viele bedienen, zumindest ist mir kaum jemand bekannt.
Aber nicht nur Michael begeistert immer wieder, das Line-up von W4L ist ebenfalls vom Feinsten. So ist es ein Gedicht, Ute Rettler spielen zu hören. Ganz besonders hat es mir "Das Lied" angetan. Irgendwo eine Melange aus 40 Prozent Country Rock, 40 Prozent Grateful Dead-Country sowie 20 Prozent junger Westernhagen. Die 100 sind voll und ich habe das indische Harmonium nicht mal erwähnt …
Utes Mandolinen- und Gitarrenspiel trifft voll ins Schwarze – und das nicht nur bei diesem Track. Wie Michael, ist auch Detlef Herr über ein Sammelsurium an Instrumenten, die hier und da für den Kick sorgen, Überhaupt werden immer wieder Instrumente eingesetzt, die man nicht jeden Tag hört. So finden sich Bariton, Bouzouki oder auch eine Zungentrommel im Instrumentarium. Eingesetzt an der richtigen Stelle, sorgen sie für die berühmten Tupfer, die aus einem Bild ein Kunstwerk machen. Das tut auch Johannes Lehmann, der über die komplette Album-Distanz souverän den Tieftöner bedient. Bei "Greta" setzt er mit seine backing vocals genau diesen Tupfer, wie auch wieder Ute mit ihrem Saitenspiel.
Der Titeltrack ist gelebte Lässigkeit mit dramaturgisch perfekter Abwechslung. Michael sagt zu dem Lied, dass es im Frühjahr 2020 entstanden ist, als er genesend zu Hause und täglich mit dem Fahrrad auf dem Rheindeich unterwegs war. Das wissend, kann man dem Stück weiteres abgewinnen, indem man sich den lässig radelenden Mann vorstellt. Die Lieder auf "Rain Meditation" erzählen Geschichten, denen man sich hingeben kann und die ein jeder so goutiert wie er das möchte.
Für mich ist das eine Platte, die man abends mit einem guten Whiskey genießt. Und dann kann man immer wieder die Fantasie spielen lassen. Etwa beim bluesigen Deal "With The Devil" den guten alten Jerry heraushören oder überlegen, ob der Titeltrack auch etwas von Ihre Kinder hat. Waiting For Louise-Musik kann man außer auf der Webseite der Band nur bei deren Shows erwerben. Also hin und am besten gleich signieren lassen.
Line-up Wating For Louise:
Detlef Goch (percussion, cajon, glockenspiel, tongue drum)
Michael Mann (vocals, acoustic guitar, bouzouki, bariton, harmonium, shruti box, Wurlitzer)
Johannes Lehmann (bass, backing vocals)
Ute Rettler (guitar, mandoline)
Tracklist "Rain Meditation":
- Strange Times
- Das Lied
- Deal With The Devil
- Falsche Propheten
- Greta On The Ocean
- Im Hafen Von Saigon
- Rain Meditation
- So To Say
Gesamtspielzeit: 44:25, Erscheinungsjahr: 2023
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