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Was bleibt nach dem Tode / Ein Nachruf für Norbert Jäger 1945-2017

Leah Kunkel am 26. November 2024 verstorben

Wer hätte schon damals angenommen, daß dieser neunzehnjährige Little Richard-affine Klavierspieler und Sänger, ein Rhythmus-angebender Trommler sowie ein Basszupfer samt vierköpfiger Gefolgschaft, ferner noch jene musikalisch-öffentliche Rentner-Bespassung am 24.September 1964, die Grundfeste für eine sächsische Rocklegende legen würden.
Der bis heute aktive Combo-Herbergsvater Martin Schreier und der Tasten-Rock’n’Roller überdies bandeigene Techniktüftler Norbert Jäger förderten wohl auch maßgebend den späteren Ruf als 'Pink Floyd des Ostens', wie man die Meißner seinerzeit titulierte. Wobei hier anmerkend erwähnt werden sollte, daß sich die vom DDR-Publikum erhobene Adligung nebst deren westlich-orientierten Hörgewohnheiten, ehedem auf soundtechnische Bühnenspektakel jener Tage bezog.
Unvergessen dabei Jägers Pionierarbeiten und Quadrosound-Beigaben für manch konzertante Stern-Combo-Rituale, wie synthieverbastelte Rauschgeneratoren und mikroverstärkte Alubleche beim Klassiker "Kampf um den Südpol", obendrein sein sich vehement verbreiterndes Bühnen-Schlagwerk inklusive Gong, um nur einiges zu nennen.

1971 verschaffte dieser darüber hinaus der damals bis zu neunköpfig-starken Fusion-Formation ihren ersten Radiosong "Ein Tag in der Stadt" mit einer hoffnungsvollen Musikstudentin namens Veronika Fischer am Mikrofon.
Mitte der Siebziger, als endgültige Profis, verlagerten die Stern-Combo-Recken ihren stilistischen Schwerpunkt hin zu synthesizerverstärktem Kunstrock und konzeptionell arrangierten Großkompositionen, wie Kurt Demmlers vertonte Porzellan-Saga "Weißes Gold" oder "Der weite Weg", an denen auch Jägers innervierende Geistesblitze mitursächlich beteiligt waren.
Von nun an übernahm der Klassik- und Jazzrock-infizierte Thomas Kurzhals den Part von Jäger, sodann sich dieser fortan forcierter seinen dichterischen und percussionistischen Talenten, nebst gelegentlichen Singen wie bei der Verkörperung des "Alten auf der Müllkippe", widmen vermochte. Eben zu jener Zeit manifestierten sich seiner Feder entsprungene Songideen. Man höre nur Mussorgskys Adaptions-Veredelung bei "Die Nacht auf dem kahlen Berge" mit Seelentenor Reinhard Fißlers feierlichem Abgang oder die Gerechtigkeits-mahnenden Worte der "Sage".

Der dazumal im "Arbeiter und Bauernstaat" noch verpflichtende Dienst an der Waffe zwang den vielseitigen Vordenker zum kurzfristigen Ausscheiden aus der Combo, zu denen er vorläufig nicht zurückkehren sollte.
Angesichts der damaligen Perspektive sich in einer musikalisch mittlerweile mit populärem Massenkommerz kokettierenden Bandseilschaft einzupassen, suchte Jäger neue Wege, sich in seinen weltmusikalischen Gustos, den Klängen diffiziler Lautmalereien und Sitar-Klängen in multikulturellen Gruppen wie Bayon oder Yatra Medita, zu verwirklichen.
Nach Stern-Meißens Scheitern an der 'Wende' wagten selbige 1996, im Zuge aufkommender Ostrock-Nostalgie-Schauen, ein Comeback mit dem wiedergewonnenen Perkussionisten und zu Teilen veränderter Besatzung, als mehr oder minder unkreative Befriediger aufkeimender Rock-Bedürfnisse nach ostalgisch-blumigen Anspruch.

Trotz alldem eroberte sich die Dienstälteste aktive Rockband aus dem 'Land der Dichter und Denker' wieder ihren einst angestammten Status, als Sound-monumentales, gleichwohl musikalisch mit E-und U-kollaborierendes Konzertereignis, darüber Hinaus die Geburten neuer Songzöglinge samt einem kompletten Studioalbum im September 2011, ihr Publikum zurück.
Norbert Jäger hingegen musste schon im Sommer desselben Jahres vor den inneren Angriffen auf seiner körperlichen Verfassung kapitulieren und die Bühnenbretter des Rockzirkusses endgültig verlassen.
Nicht gänzlich dem unfreiwilligen Unruhestand untergeben, brach er vor knapp zwei Jahren noch mal auf, neben Stern-Meißens kreativer Frischkur und mittlerweile angekommenen Frontmann Manuel Schmid, sein lyrisches Vermögen mit einzubringen.
Mussorgskys neuinterpretierter Bilder-Zyklus als Rock-Version plus seinem steten Wollen nach künstlerischer Erneuerung, sollte seine letzte Aufgabe bleiben.

Nun ist ein universeller Musikant sowie wichtigster Mediator im Bandgefüge, der immer Mensch gebliebene Norbert Jäger seinen zuvor verstorbenen Mitstreitern Thomas Kurzhals und Reinhard Fißler gefolgt.
Für mich persönlich bleibt die Erinnerung an eine letzte Begegnung mit diesem stets humorvollen Musiker bei einem Bandgespräch 2009 für RockTimes.

»Was bleibt nach dem Tode;
große Tat, großes Menschentum.
Was bleibt nach dem Tode…«

(Auszug aus "Kampf um den Südpol")

Es bleibt die Erinnerung und die Musik!

Über den Autor

Ingolf Schmock

Als gebürtiges Mauerkind zudem frühzeitig mit westlichen Rock'n Roll-Ultrakurzwellen-
Oddyseen und Beatclub-Aufklärungen sozialisiert, galt mein musikalisches Verständnis
deren meist langmähnigen Aussenseitern. The Who, Small Faces, The Move...,später dann
Hartglötzer wie Black Sabbath, Deep Purple&Co., zu guter Letzt Schwurbel-Pioniere
ala Yes, Genesis, ELP...waren (sind) meine Helden sowie Seelenklempner.
Heute liegt mein Hauptaugenmerk (auch Hierzulande) auf sowohl handgemacht Rockistischem
mit Engagement und Seele, als auch Prog-gebrandmarkten virtuos-Verspieltem.

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