Die in Berlin ansässige Band Wedge ist wahrscheinlich noch nicht weitläufig bekannt, aber zumindest beim Verfasser dieser Zeilen sammeln sich immer mehr Informationen bzw. Berichte von Musik-Fans an, die nach einem ersten Kennenlernen des Trios – sei es auf der Bühne oder durch deren Alben – voll des Lobes sind. Auch bei RockTimes ist die Combo vor fast genau drei Jahren schon einmal hinsichtlich deren zweitem Album Killing Tongue getestet und für durchaus gut befunden worden. Anschließend spielte die Band – so lange es ging – so viele Konzerte wie nur möglich (unter anderem ein starker Auftritt beim Rockpalast) und auch an neuen Songs (die übrigens komplett wieder von Frontmann Kiryk Drewinski geschrieben wurden) haben die Hauptstädter zwischendrin geschraubt. Und das hat sich gelohnt, denn mit ihrem brandneuen dritten Album "Like No Tomorrow" geht es nochmal einen ordentlichen Schritt weiter nach vorne, was sowohl die Qualität, als auch die Eigenständigkeit betrifft.
Es wäre zwar glatt gelogen wenn man schreiben würde, dass die Inspirationsquellen der drei Musiker auf dem neuen Werk nicht erkennbar wären, aber wie schon beim Vorgänger verpackt der Dreier diese so geschickt in die eigenen Tracks, dass es überhaupt nicht stört. Nach wie vor denkt man hier und da mal an einen Jon Lord-Orgelpart, aber auch Double Lead Parts auf der Gitarre im Stil von Wishbone Ash bzw. Thin Lizzy zaubern durchaus ein Lächeln auf die Lippen des Hörers und manchmal muss man eben ein bißchen an Black Sabbath denken. Ach ja, und dann ist da auch noch das Stück "At The Speed Of Life", das sich (wahrscheinlich unbewusst) für die Strophen die Gesangslinie von Hawkwinds "You Better Believe It" (aus dem Album "Hall Of The Mountain Grill", 1974) ausgeliehen hat. Zum einen sind das aber alles andere als schlechte Referenzen und zum zweiten schafft es Wedge nicht nur erneut (beim gerade genannten Song durch eine super Bridge und sogar noch besseren Refrain), sondern sogar noch nachhaltiger und überzeugender als bei "Killing Tongue", ihren eigenen Stil mit einfließen bzw. überwiegen zu lassen.
"Like No Tomorrow" … genau, denn bereits mit dem eröffnenden "Computer" legen die Berliner rund um Frontmann Drewinski los, als würde es kein Morgen geben. Auf technisch sehr hohem Niveau liefern sich hier vor allem die Orgel/Keyboards und die Gitarre immer wieder kleine Scharmützel und bauen eine extrem hohe Spannung auf, während der Bass nicht nur ein ganz unikes Eigenleben führt, sondern es mit einer geradezu wahnwitzigen Gratwanderung schafft, die ganze Chose auch noch zusammen zu halten. Wow, das ist beeindruckend. Und über die sehr intensiv gespielte Musik zaubert Kiryk Drewinski dann auch immer noch super melodiöse und eingängige Gesangslinien. "Like No Tomorrow" wächst mit jedem Durchlauf mehr, immer wieder kann man zuvor noch nicht wahrgenommene Parts und Feinheiten erkennen, sodass sich die Scheibe zu einem wahren Dauerläufer entwickelt.
Neben Holger Götz, der sowohl den Bass als auch die Tasten (zeitweise virtuos) bedient (wie machen die das dann bloß auf der Bühne?) muss unbedingt auch noch der sich als echtes Powerhouse herausstellende Schlagzeuger Holger Grosser erwähnt werden, der einen klasse Drive und auch immer das exakt richtige Feeling für den jeweiligen Song hat. Klassischer Rock aus der ersten Hälfte der siebziger Jahre, versehen mit psychedelischen Einsprengseln (ohne dabei spacig zu werden) und diese beiden Komponenten vermischt mit dem heutigen Stand der Technik ergeben im Falle von Wedge ein höllisch gutes Gebräu, dass sich kein Freund der genannten Stilistik entgehen lassen sollte. Am besten selber anchecken, wozu ich euch "Across The Water", "Queen Of The Night" sowie "At The Speed Of Life" besonders ans Herz legen möchte. Letzten Endes ist es jedoch egal, da hier jeder Track ein Volltreffer ist. Beide Daumen nach oben!
Und schließlich gibt uns die Band im Innencover noch den gut gemeinten Ratschlag: »When it feels like there might be no tomorrow, just love and live like no tomorrow.« Ist verstanden, Jungs!
Line-up Wedge:
Kiryk Drewinski (guitars, vocals)
Holger Grosser (drums)
David Götz (bass, keyboards)
Tracklist "Like No Tomorrow":
- Computer
- Playing A Role
- Blood Red Wine
- Across The Water
- Queen Of The Night
- U’N’I
- At The Speed Of Life
- Soldier
Gesamtspielzeit: 40:19, Erscheinungsjahr: 2021
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