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Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich das gesamte Internet komplett abschalten – Interview mit Vanja Sky

Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich das gesamte Internet komplett abschalten - Interview mit Vanja Sky

Einigen Lesern von RockTimes ist die kroatische Sängerin und Gitarristen Vanja Sky natürlich längst bekannt und ihre Beliebtheit wächst stetig von Tour zu Tour. Mit gerade einmal 25 Jahren war sie 2018 als Gast auf der Blues Caravan-Tour mit Mike Zito und Bernard Allison erstmalig hier unterwegs und kann mittlerweile drei Alben und diverse Gigs aufweisen. Alleine im Jahr 2023 hat sie knapp 100 Konzerte gespielt und das zahlt sich langsam aus.
Der schmucke Gasoline Blues Club in Geldern unweit der niederländischen Grenze platzt am 03..02.2024 aus allen Nähten. Nach einer 90minütigen energiegeladenen Show und einem ausgelassenen Publikum habe ich zur späten Stunde kurz nach Mitternacht noch die Möglichkeit, mit Vanja im Hotel ein Interview zu führen. Die Künstlerin stellt sich dort als extrem bodenständig, sympathisch und positiv ehrgeizig heraus, die 100 Prozent hinter ihrer Musik und ihrer Passion steht. Dass dies natürlich nicht nur sonnige Seiten hat, klärt sich schnell im Interview.


RockTimes: Schön, dass du noch Zeit für uns hast. Wie immer nach Konzerten warst du eben unmittelbar nach der Show am Merchandise-Stand zu finden für Fotos, Autogramme oder ein Plausch mit den Fans. Ist es dir wichtig unmittelbar Feedback von den Besuchern zu bekommen?

Vanja: Ja absolut. Das ist wirklich, und das sage ich nicht nur so, eine Herzenssache für mich. Die Leute haben Eintritt bezahlt, um uns zu sehen und das finde ich immer noch faszinierend. Daher will ich ihnen immer noch etwas zurückgeben und es ist einfach schön, neue und bekannte Gesichter nach dem Konzert zu treffen.

RockTimes: Wie wichtig sind denn auf der anderen Seite die sozialen Medien für dich? Es ist ja heute absolut normal das zu 'pflegen', aber macht dir das auch Spaß?

Udo Gröbbels (l) und Vanja Sky im Interview

Udo Gröbbels (l) und Vanja Sky im Interview

Vanja: (verdreht die Augen) Nein. Ganz ehrlich – ich mag die sozialen Medien überhaupt nicht. Oder noch anders gesagt: Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich das gesamte Internet komplett abschalten (lacht). Ich mag nicht diese aufgesetzte Art und dieses ’sich präsentieren wollen'. Das ist so künstlich und unecht. Ich bin da eher altmodisch unterwegs und mag den Kontakt mit echten Menschen. Wenn man natürlich beispielsweise Verwandtschaft in den USA hat, ist es so eine nette Art, sich über seine Familie zu informieren und 'in touch' zu bleiben, aber insgesamt überwiegen bei mir klar die Nachteile.

RockTimes: Gibt es eigentlich heute immer noch Momente, wo du selber überrascht bist über deine musikalische Reise in den letzten Jahren? Ging ja alles doch recht schnell.

Vanja: Ja absolut. Als ich anfing, habe ich mich komplett auf den Blues fokussiert. Aber im Laufe der Jahre wurde es immer rockiger. Meine Lieblingsband ist AC/DC und ohne dem Blues jetzt den Rücken zu kehren geht es aktuell mehrr mit Fokus auf die Rockmusik. Aber wer weiß was ich in ein paar Jahren mag. Ich bin da nicht so festgelegt. Es passiert einfach und ich lasse das zu.

RockTimes: War es für dich eine Art Kulturschock, als du vor einigen Jahren von Zagreb nach Hamburg gezogen bist? Zagreb ist ja auch eine große Stadt aber Hamburg doch dann noch eine ganz andere Hausnummer.

Vanja: Ja definitiv, wobei ich auch nicht in Zagreb aufgewachsen bin. Meine Kindheit habe ich in einem Dorf mit 3.500 Bewohnern genießen dürfen und das war toll. Erst als ich Konditorin gelernt habe, bin ich nach Zagreb gezogen. Aber Hamburg ist großartig. Eine wirklich tolle Stadt mit sehr internationalem Flair. Das gefällt mir sehr gut. Aktuell wohne ich aber nicht mehr in Hamburg, sondern mittlerweile in Neuruppin. Aber da ich eh immer on the road bin, ist das aktuell auch nicht so wichtig (lacht).

RockTimes: Wie kam der Kontakt mit der berühmten Hamburg Blues Band zustande, wo du ja auch ab und an immer wieder als Gast mit am Start bist?

Vanja: Das kam über mein Management zustande. Ich war einmal als Gast dabei und dann hat sich das aber als sehr gute Zusammenarbeit rausgestellt. Es macht großen Spaß, mit dieser tollen Band auf der Bühne zu stehen

RockTimes: Das ist dann für dich bestimmt auch einmal eine willkommene Abwechslung, nicht im Fokus zu stehen, sondern dort einfach nur als Gast mitzuspielen, oder?

Vanja: Ja da hast du vollkommen recht. Unter dem Banner 'Vanja Sky Band' schauen natürlich alle auf mich, aber so kann ich ganz locker als eine unter vielen mitmachen. Das ist sehr entspannend und ich genieße es auch einmal, nicht im Mittelpunkt zu stehen.

RockTimes: Dein aktuelles Album Reborn ist Mitte letzten Jahres erschienen und ich mag die Produktion wirklich sehr. Auf der einen Seite modern und druckvoll, aber auch nicht, wie viele Alben in diesen Zeiten, überproduziert. Ihr habt einen guten Old-School-Kompromiss gefunden. Siehst du das auch so?

Udo hört interessiert zu

Udo hört interessiert zu

Vanja: Freut mich wirklich sehr, dass du das so sagst. Genau das war die Intention dabei und ich bin mit dem Album und dem Sound wirklich sehr zufrieden. Ich will meine Musik auch jüngeren Leuten näherbringen aber ohne jetzt ein Pop-Album abzuliefern.

RockTimes: Mein Lieblingssong auf dem Album ist "Runaway". Er ist etwas untypisch mit einem atmosphärischen ersten Teil und im zweiten Teil diese Country-Anleihen. Erzähle doch bitte mal die Geschichte zu dem Song.

Vanja: Gerne. Der Song ist tatsächlich während der Pandemie im Lockdown entstanden. Im ersten Teil des Songs bin ich ja alleine mit Gitarre zu hören und so war das damals auch. Ich war in Hamburg isoliert, alleine und konnte mich mit niemandem treffen. Ich wollte daher am liebsten davonlaufen. Daher der Titel. Der zweite Teil des Songs ist dann eher wieder heiterer und beschwingt.

RockTimes: Ist es eigentlich aktuell noch profitabel ein Album zu produzieren…

Vanja: (fällt mir ins Wort) Nein! (Alle lachen). Sorry. Bitte rede weiter. Kam gerade so aus mir raus

RockTimes: Kein Problem. Der Hintergrund ist natürlich die zurückgehende Nachfrage nach klassischen Tonträgern und dazu im Gegensatz die Produktionskosten dazu. Andererseits muss man natürlich immer ein neues Produkt haben, um auf Tour zu gehen und den Leuten diese neuen Songs zu präsentieren.

Vanja: Ja. Das das ist wirklich nicht einfach. Wobei ich jetzt nicht klagen kann, denn meine Fans kaufen wirklich noch klassische Tonträger. Vermehrt Vinyl aber auch noch CDs. Das freut mich natürlich, denn "Reborn" haben wir in Hamburg in einem sehr guten Studio aufgenommen und es war wirklich nicht billig. Aber mir war es wichtig und mit einem Investor, der uns im Studio finanziell unterstützt hat, hat es geklappt. Natürlich kann man ein Album auch zuhause aufnehmen, aber das klingt einfach nicht gut.

RockTimes: Spotify beispielsweise ist das für Künstlerinnen wie dich dementsprechend irrelevant, oder?

Vanja: Ja. Spotify ist für uns absolut uninteressant. Maximal noch als Promo-Plattform, um neue Küster und Künstlerinnen zu entdecken, aber finanziell loht es ich sich nur für Leute von der Größe wie Taylor Swift oder Ed Sheeran.

RockTimes: Du bist wirklich sehr fleißig im Bereich Konzerte und auch 2024 hast du wieder einen sehr beeindruckenden Tourplan vor dir. Bist du es nicht manchmal auch etwas leid, den Großteil deines Lebens auf der Autobahn zu verbringen? Ich glaube Rock’n’Roll-Romantik ist das nicht direkt?

Vanja: Ich liebe es wirklich Konzerte zu spielen, und der Rest ist leider ein notwendiges Übel. Dessen muss man sich schon bewusst sein. Man kann seinen Traum auf der Bühne zu stehen und zu spielen nur so umsetzten. Du hast absolut recht, denn der größte Teil des Tages ist sitzen und warten. Heute war es super, denn von Dortmund nach Geldern waren wir nur knapp eine Stunde unterwegs. Das war wunderbarer und absoluter Luxus bzw. absolute Ausnahme. Am schlimmsten war einmal die Fahrt zu einem Konzert nach Frankreich, wo wir 1.700 km fahren mussten. Da war extrem aber 600 bis 800 km sind auch schon mal dabei. Frei nach AC/DC: »It’s a long way to the top« (lacht).

Beide im angeregten Gespräch

Beide im angeregten Gespräch

RockTimes: Ihr wechselt während der Tour natürlich immer mal das Setlist und auch die Coversongs variieren. Suchst du die aus oder kommen auch schon mal Vorschläge deiner Band?

Vanja: Heute Abend haben wir beispielweise "Louie Louie" von den Kingsmen gespielt. Den Song hat mir mein Freund vorgeschlagen der großer Fan von Eric Burdon ist. Unsere Version ist an diese Version angelehnt. Aber eigentlich suche ich die Coversongs allein aus.

RockTimes: Zum Abschluss die obligatorische Frage nach den Plänen für die Zukunft. Bei dir speziell würde ich gerne wissen in welchen Ländern du einmal gerne spielen willst. Aktuell sind geschätzt 80 Prozent der Konzerte in Deutschland mit Abstechern nach Frankreich, Österreich, Schweiz oder den Niederlanden. Hast du noch Wünsche bezüglich neuer Länder?

Vanja: Wir haben aktuell noch Tourpläne für Polen. Da freue ich mich sehr drauf. Die Polen sollen ein sehr enthusiastisches Publikum haben. Das wird spannend. Letztes Jahr haben wir das erste Mal in meiner Heimat Kroatien gespielt. Es war auf einem Festival und schon ein besonderer Moment für mich. Leider gibt es in Kroatien nicht so eine Musikszene wie in Deutschland mit sehr vielen kleinen Clubs. Das ist schon gut organisiert bei euch.

RockTimes: Vielen Dank für das Interview. Alles Gute für die Tour.

Vanja: Danke dir und schönen Gruß an die RockTimes-Leser.

Wir danken der KBN-Veranstaltungsagentur für die unkomplizierte Akkreditierung und Vanja Sky für das Interview.

Bildnachweis für die Fotos während des Interviews: © 2024 | Uwe Tegeler | RockTimes
Bildnachweis für die Fotos während des Konzertes: © 2024 | Udo Gröbbels | RockTimes


Eindrücke vom Konzert

 

Über den Autor

Udo Gröbbels

Beiträge im RockTimes-Archiv

Genres: Ska, Pop, Rockabilly, Rock N Roll

1 Kommentar

  1. Reiner Kostbade

    Sie ist eine sehr nette Künstlerin.Ich habe sie mit ihrer Band auf zwei Konzerten
    kennen gelernt.Es ist ein sehr Tolles Album.Ich werde auch wieder Konzerte von ihr besuchen.

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